Deutsche Geschichte Von 1815-1870
mußte sich ja dieselbe unter den begeisternden Einflüssen der Märztage, wo man Alles hoffte und nichts mehr fürchtete, noch in erhöhtem Maaße offenbaren. An allen Orten bildeten sich Freischaaren, die den Schleswig-Holsteinern zu Hülfe ziehen wollten, Geldbeiträge flossen von überall her zusammen – man war durchdrungen von dem Gefühle, daß es sich dort um eine durchaus nationale Sache handle. Am eifrigsten regte man sich in Baiern, wo König Ludwig nicht allein reichliche Mittel spendete, sondern auch seine besten Officiere als Anführer der Freischaaren nach den Herzogthümern schickte, ja, sogar den wackeren Major v. d. Tann autorisirte ein glänzendes Freicorps zu bilden, welches die Elite der freiwilligen Kämpfer ausmachte, und dessen ritterlich tapferen Führer die Romantik noch mit allem Zauber ausstattete, der einst Lützow und seine Genossen verherrlichte.
Auch der Bund und der Fünfzigerausschuß waren nicht säumig. Ersterer bot Bundestruppen auf und der Letztere betrieb die Aufnahme Schleswigs in den Bund, so daß wirklich noch vor Ende des Monats April der Professor
Madai
aus Kiel, als Vertreter beider Herzogthümer seinen Sitz in der Bundesversammlung einnehmen konnte. Nicht minder eifrig zeigte sich Preußen; der König erkannte durch einen Brief an den Herzog von Augustenburg dessen Rechte auf die Erbfolge der beiden
festverbundenen
Herzogthümer förmlich an, und bereitete sich vor, dieselben durch Waffengewalt zu unterstützen, was zugleich seinen, durch die Ereignisse der Berliner Märzrevolution furchtbar deprimirten Truppen Gelegenheit gab, ihre Scharten wieder auszuwetzen.
Unterdessen waren bereits 12,000 Dänen von Jütland her in Schleswig eingerückt, und trafen am 9. April bei
Bau
in der Nähe von Flensburg mit dem holsteinischen Häuflein, nur aus 6000 Mann, zum Theil aus Freischaaren bestehend, zusammen. Die Letzteren wurden beinahe vollständig aufgerieben, da die Uebermacht der Dänen noch durch das Feuer von sieben Kriegsschiffen unterstützt wurde und ein Müller ihnen die Stellung der Holsteiner, vermittelst seiner Windmühle telegraphirte. Entsetzlich litt die Kieler Studentenschaar, die sich hier heldenmüthig schlug; mit Turnern und einem Jägercorps vereint hielten sie sich vier Stunden lang gegen den übermächtigen Feind, und als der Kampf zu Ende ging, lag der beste Theil der Jugend Schleswig-Holsteins, zum Theil den vornehmsten Ständen angehörend, todt oder verwundet auf dem Felde.
In der Nähe standen die Preußen, aber thatlos; sie durften erst angreifen, als der Befehl dazu von Berlin kam, und so entbrannte denn am 22. April ein zweites Gefecht gegen die Dänen, die inzwischen ihren Sieg schändlich ausgebeutet, und Hunderte von bekannten Vaterlandsfreunden gefangen fortgeführt hatten. General Wrangel, der die Preußen befehligte, griff sie jetzt bei dem
Dannewirk
an, nahm dieses im Sturm, und sodann die Stadt
Schleswig
mit dem Schloß
Gottorp
, während die Dänen in der Dunkelheit nach ihren Schiffen entflohen. Am 24. April schlug Wrangel sie noch einmal bei
Flensburg
, und konnte nun ganz
Schleswig
wie auch Jütland besetzen. Mit Recht hoffte man in Deutschland auf eine schnelle Entscheidung der ganzen Frage, auf einen vortheilhaften Frieden, welcher
Schleswig
mit Deutschland verband, den
Sundzoll
aufhob, und durch eine Theilung der dänischen Flotte Dänemarks Uebermuth bändigte, sowie Deutschland rasch in den Besitz von Schiffen brachte, deren Mangel man gerade jetzt doppelt lebhaft empfand.
Mit ungeheurem Enthusiasmus hatte man in ganz Deutschland den Krieg in den Herzogthümern verfolgt, auf Preußen strahlte ein gutes Theil der Volksfreude zurück, und mit besonderem Jubel empfing man bei Eröffnung des Parlaments die schleswig-holsteinischen Abgeordneten, unter denen berühmte Namen glänzten, wie: Esmarch, Beseler, Engel, Waitz und Andere; auch
Dahlmann
gehörte ja seiner Geburt nach dorthin.
Aber was nutzte alle Begeisterung der Nation, wo jetzt wieder eine feindselige Diplomatie die Karten mischte, und die Reaction in dem preußischen Ministerium, das nur kurze Zeit eine ehrliche Politik verfolgte, derselben die Hand zum Bunde reichte. Leider lag die Zeit in noch gar zu ferner Zukunft, wo Preußen einsah, wie man als Sieger einen Frieden abschließt, zu Deutschlands und zu seiner eignen Ehre. – Dänemark hatte sich in seiner Bedrängniß an Rußland gewendet und fand dort ein sehr geneigtes Ohr, denn Rußland wollte nicht, daß
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