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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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herabziehen ließ. Freudig vernahm man den Antrag
Dahlmann's
, welchen derselbe am 5. September auf Verwerfung des unehrenhaften Waffenstillstandes von Malmö stellte. »Dürfen wir,« rief er aus, »unsere neue deutsche Laufbahn mit dem Bruche der heiligsten Zusagen beginnen, den Zusagen gegen unsere schleswig-holsteinischen Brüder? Unterwerfen wir uns bei der ersten Prüfung, die uns naht, den Mächten des Auslandes gegenüber, dann werden wir unser ehemals stolzes Haupt
nie
wieder erheben! Denken Sie an diese meine Worte.
Nie
! Wenn Sie in dieser Sache versäumen, was gut und recht ist, so wird damit auch der
deutschen
Sache das Haupt abgeschlagen!«
    Sein Wort war das eines Propheten, denn eine neue Generation mußte erst wieder heranwachsen ehe die »deutsche Sache« zu ihrem Rechte kam.
    Nach einer heftigen Debatte wurde mit geringer Majorität die Sistirung des Waffenstillstandes angenommen; die große preußisch gesinnte Parthei befand sich zwischen zwei Feuern, sie empfanden tief die ihnen gebotene Schmach und fürchteten doch zugleich, es mit Preußen zu verderben. Als ob das preußische Volk und Heer sich nicht auf die nationale Seite gestellt hätten, wenn es zu einem ernstlichen Kriege gekommen wäre! Aehnlich wie Dahlmann kennzeichnete
Heinrich Simon von Breslau
die Sachlage: »Keine Macht des Auslandes wird es jetzt wagen, in unsere gerechte Sache hineinzureden, deßhalb weil das Ausland klug ist, weil sie wissen, daß ein ungerechter Angriff auf Deutschland eine Nationalerhebung zur Folge hätte, welche manchen Thron und manches Andere vor sich aufrollen könnte. Es handelt sich bei der Ratification in keiner Weise um die
preußische Ehre
, es handelt sich nur um die Ehre eines
preußischen Ministeriums
und wenn von der
Ehre Deutschlands
die Rede ist, kommt weder diese noch die Ehre des hiesigen deutschen Ministeriums in Betracht. Wir haben viel versäumt, viel gezaudert, als die Verhältnisse noch flüssiger waren, aber noch ist es nicht zu spät, wenn wir durchdrungen sind von der Heiligkeit des Bodens, auf dem wir stehen,
wenn wir an uns selbst glauben
, damit das deutsche Volk im Stande ist
an uns zu glauben
, und dann ist nothwendig, daß wir in diesem Glauben als tapfere Männer auch der Geschichte eine neue Bahn brechen!
Die Stunde ist da, mögen die Männer nicht fehlen
!« Zündend schlugen solche und ähnliche Worte in die Nation ein, von allen Seiten strömten der Versammlung Zustimmungsadressen zu, – glänzend wie in den ersten Tagen stand das Parlament in diesem Augenblick wieder da. Aber der Kleinmuth, die Lüge und Intrigue waren bereits zu mächtig in seinem Innern geworden. Den innersten Herzenserguß patriotischer Männer nahm man als Phrasen, man sah nur die Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, und überhörte die Stimme eines Volkes, das damals ebenso bereit war, Alles zu opfern und zu wagen, wie um 1870 auch. –
    In Folge des Beschlusses vom 5. September legte das »verantwortliche« Reichsministerium sein Amt nieder und Dahlmann wurde beauftragt, ein neues zu bilden. Er brachte es nicht zu Stande; seine eigentlichen Genossen und Freunde, unzufrieden mit seinem Vorgehen, wollten in kein Ministerium mit ihm eintreten, voll steter Furcht ihren Lieblingsplan, den König von Preußen zum deutschen Kaiser zu machen, zu zerstören. Sich ein Ministerium aus den Reihen der Linken zu wählen, wie es das Folgerichtige gewesen wäre, dazu konnte
er
sich nicht entschließen und diese Halbheit sollte ihre bittern Früchte tragen. Schon bereitete sich innerhalb des Parlaments wieder eine Umkehr von mannhafter Begeisterung zu feigem Nachgeben vor; Vielen, die für die Sistirung gestimmt, war es hinterher wieder leid, denn gar kläglich wußten die Preußenfreunde Preußens Lage darzustellen, wie sein Handel darniederliege, wie seine Küsten durch die Dänen bedrängt würden und wie es ohne Schiffe nicht im Stande sei, sich zur Wehre zu setzen.
    Als nun am 14. September die Berathung neu aufgenommen wurde, welche endgültig über Annahme oder Verwerfung des Waffenstillstandes entscheiden sollte, zeigte die Versammlung schon eine sehr veränderte Physiognomie und fruchtlos wogte die Debatte zwei Tage lang hin und her unter steigender Aufregung auf den Gallerien, die wahrhaft bedrängt und belagert wurden. Wie tief die Kluft war, die damals noch im preußischen Bewußtsein dieses Land von dem übrigen Deutschland trennte, ging so recht aus den Aeußerungen der Vollblut-Preußen hervor,

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