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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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der Centralregierung von vornherein sehr schlimm gestaltete, dies war der Umstand, daß ihr keine Geldmittel zur Verfügung standen, und man dachte viel zu zartfühlend, die Staatskassen mit einer Reichsmatrikel zu belasten. Das besondere Ausschreiben einer
Reichssteuer
hätte die Steuerlast im Allgemeinen vermehrt, in einem Augenblicke, wo alle Welt deren Herabsetzung erwartete und verlangte. In Folge dieser Finanznoth spielten die Reichsgesandten im Auslande eine klägliche Rolle. Wurden sie auch von den auswärtigen Mächten anerkannt, so behandelte man sie doch wie reine Nullen, und was den Erzherzog
Johann
selber betraf, so war er schlechter gestellt, als jemals ein deutscher Kaiser vor ihm, und diesen ging es doch mitunter noch recht knapp. – Jetzt fingen auch allgemach die Einzelregierungen an wieder sichtbare Lebenszeichen von sich zu geben, natürlich im reactionären Sinne.
Hannover
sprach seine Bedenken aus, sich der neuen Gewalt zu fügen, so daß man den König im Parlament als
Rebellen
bezeichnete und abzusetzen begehrte;
Bayern
zeigte sich gleichfalls in hohem Grade abgeneigt, dem Erzherzog zu huldigen;
Oestreich
verhielt sich ganz passiv, und
Preußen
ließ sehr deutlich merken, daß es gar nicht daran denke, sich der Frankfurter Behörde unterzuordnen. Nun begann diese ihre Ohnmacht ernstlich zu empfinden, und als nun der Reichsminister von Schmerling an die Versammlung das Verlangen stellte, den Stand des
Militärs
um zwei Prozent der Bevölkerung zu erhöhen, und somit dessen Zahl auf 900,000 Mann zu bringen, antwortete Wilhelm Schulz aus Zürich durch den Gegenantrag auf Bildung einer Volkswehr von 480,000 Mann, die als Parlamentsheer den directen Befehlen des Reichsverwesers unterstellt werden sollte. Damit war aber der Rechten nicht gedient, die erhöhte Militärmacht sollte gerade dazu dienen, die jetzt bestehende Volksbewaffnung nach und nach wieder aufzuheben, und um die Nothwendigkeit einer größeren Truppenzahl zu rechtfertigen, spiegelte man eine Menge von Gefahren vor, die aus Rußland und aus Frankreich drohen sollten. In unbegreiflicher Verblendung zeigte sich die ganze Parthei Gagern dem letzteren Vorschlag geneigt. Man glaubte, sobald das Militär auf die Reichsverfassung vereidigt sei, und nachdem es jetzt sogleich dem Reichsverweser den Eid der Treue geschworen habe, besitze man in dieser vermehrten Bundesarmee auch zugleich die beste
Parlamentsarmee
. So wurde unter dem Frohlocken der reactionären Parthei das Geforderte bewilligt, während schon der
sechste August
es auswies, wie man sich mit der
Huldigung
der Truppen für den Reichsverweser abfand. Es geschah dies zwar in den kleineren Staaten, wo man noch ängstlich war, hie und da auch erzwungen durch die Bevölkerung. In den größeren begnügte man sich damit, das Militär ausrücken und dem Erzherzog einige Hurrah's darbringen zu lassen; nur die Bürgerwehr, deren Huldigung so gut wie nichts bedeutete, ließ man gewähren. In Preußen rief man laut, man denke gar nicht daran, sich durch einen solchen Act unter den Befehl Oestreichs zu stellen, und nur in einzelnen Provinzen geschah das Verlangte Seitens der Bürgerwehren. So erlaubte die Regierung auch in Berlin die Feierlichkeiten erst nach einigen Tumulten, den Bürgerwehren, den Arbeitern und Studenten. Trotz alledem glaubte man jetzt
Reichstruppen
, sowie in dem Kriegsminister von Peucker einen reichstreuen Reichsgeneral zu haben; diese konnten jetzt im Namen des Parlaments jede demokratische Schilderhebung niederwerfen, jede Anarchie unterdrücken. Wie bald darnach sie auch den Konstitutionalismus der Centrumsparthei wegfegen würden, daran dachte diese Letztere nicht. Es war zwar eine schmerzliche Täuschung, als sie sehen mußten, wie es mit dem Huldigungstage ging; aber man tröstete sich mit der Erwägung, daß diese nur eine bloße Form sei, und setzte neue Zuversicht auf eine Zusammenkunft des Königs von Preußen mit dem Reichsverweser und einem Theil der Parlamentsmitglieder, bei Gelegenheit des Kölner Dombaufestes, das im August stattfand. Man hoffte sicher, der König werde etwas thun, was der Nichthuldigung in Preußen gegenüber, doch irgendwie die Idee der
deutschen Einheit
vertrete. In diesem Sinne redete auch Heinrich von Gagern Friedrich Wilhelm IV. an, als er ihn an der Spitze von etwa 100 Abgeordneten begrüßte. Er sagte am Schlusse seiner Rede: »Die Reichsversammlung vertraut fest auf die Unterstützung Eurer Majestät bei dem Baue der Einheit,

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