Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Deutschland eine Flotte besitze, und sich auf der See durch den Besitz Schleswigs kräftige. Eine russische Note reichte hin, in Berlin so sehr zu schrecken, daß man die Früchte des Sieges freiwillig wieder aufgab. Ganz plötzlich, am 24. Mai, erhielt General Wrangel den Befehl, Jütland wieder zu räumen, und bald darnach mußte er auch Schleswig verlassen, wo nun die Dänen ihrer Rache wieder vollen Lauf ließen, so daß Hunderte von Familien, mit Zurücklassung aller ihrer Habe, ihr Heil in der Flucht suchen mußten. Die Häuser solcher Beamten, die den Dänen besonders verhaßt waren, nahmen sie in Beschlag und zerstörten Alles, was sich darin befand, wie dies z.B. dem Staatsrath Engel geschah, der gerade in Frankfurt im Parlamente anwesend, kein Stück seines Hausrathes je wieder sah.
Unter englisch-schwedischer Vermittlung, auch diese Staaten hatten Parthei für Dänemark ergriffen, unterhandelte man unterdessen in dem schwedischen Städtchen
Malmö
wegen eines Waffenstillstandes. In Frankfurt, sowie im übrigen Deutschland, wollte man natürlich davon nichts wissen, man machte alle Anstrengungen sobald als möglich in den Besitz einer Flotte zu gelangen, die sich aber innerhalb weniger Monate nicht beschaffen ließ. Preußen hatte die Miene angenommen, als könne es den Krieg allein nicht fortsetzen, auf die Gefahr hin, von allen Großmächten bedroht zu werden. Sein Vertrauen auf die deutsche Nation zu setzen, daran dachte man nicht in Berlin und zog es vor, auf ein Uebereinkommen einzugehen, dem zu Folge für die Herzogthümer eine neue Regierung gebildet werden sollte. Diese würde aus zwei Mitgliedern für Schleswig, die Dänemark, zwei Mitgliedern für Holstein, die Preußen zu ernennen hatte, zu bestehen haben, und sie sollten sich selbst noch ein fünftes Mitglied als Vorsitzenden wählen; auch sollte die vereinte Armee der Herzogthümer in ein schleswigsches und in ein holsteinsches Contingent getrennt werden.
Mit diesen Bedingungen war die Scheidung zwischen beiden factisch ausgesprochen und, konnten die Herzogthümer unmöglich darauf eingehen, so stand für Deutschland noch weit mehr auf dem Spiele. Sein ganzes Ansehen, seine Würde, die Zukunft der neuen Errungenschaften war damit in Frage gestellt. – Während kein Krieg oder Friede ohne den Willen der
Centralgewalt
und des Parlamentes durfte beschlossen werden, wurden sie bei diesen Waffenstillstands-Verhandlungen in
Malmö
vollständig ignorirt. Aber die Centralgewalt begab sich ihres Rechtes, indem der Reichsminister
Heckscher
, auf Preußens Andrängen hin, und vergessend, daß er ein verantwortlicher Minister sei, Preußen, wie wir schon gehört, Vollmacht ertheilte, den unwürdigen Waffenstillstand abzuschließen. Wohl knüpfte er die Bedingungen daran, daß die Rechte der Herzogthümer dabei möglichst gewahrt, und deren Truppen unter deutschen Oberbefehl gestellt werden sollten, auch sandte er den Staatssecretär Max von Gagern nach
Malmö
, um die Unterhandlungen zu überwachen. Dieser sah sich aber schon in Berlin so schlecht aufgenommen, daß er gar nicht dahin ging, wo man weder von einem deutschen Reiche, noch von einem deutschen Reichscommissär etwas wissen wollte.
Ebenso wegwerfend wurden die Bedingungen behandelt, welche man von Frankfurt aus gestellt hatte, ja die Dänen setzten noch den Hohn entgegen, daß sie einen Mann, der sich in den Herzogthümern besonders verhaßt gemacht,
den Grafen Moltke
zum Präsidenten der provisorischen Regierung ernannten, und Preußen schloß nun einseitig den Waffenstillstand, so wie die Dänen ihn wollten, am 26. August ab. Dänische Blätter sogar äußerten sich folgendermaßen darüber: »
Gegen Erwarten
hat die preußische Regierung den Bedingungen, die das in Malmö unterzeichnete Protokoll enthielt, Beifall geschenkt!« – Sieben Monate lang sollte diese Waffenruhe, die nicht einmal Grundlagen eines für Deutschland ehrenvollen Friedens gewährleistete, dauern, und innerhalb dieser Zeit sah sich Schleswig-Holstein allen Unbilden seines Feindes Preis gegeben.
Deutschland aber erging es nicht besser, und unsäglich war der Schmerz, die Enttäuschung, als man dieses Ende des so schön begonnenen Kampfes erfuhr. Alles blickte jetzt auf das Parlament, dem ja die letzte Entscheidung zustand, ob es diese Unehre besiegeln, oder ob es mit unerschrocknem Mannesmuth die Nation aufrufen werde, auf ihr gutes Recht zu pochen und die äußersten Anstrengungen zu machen, ehe sie sich so tief
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