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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Stände, sein Volk und seine Truppen den Anschluß an Preußen verlangten. Oestreich wußte die tyrannische Natur dieses Mannes schlau zu benutzen; es veranlaßte den Fürsten, seinen Märzminister Eberhard zu entlassen, und an dessen Stelle von Berlin aus den bekannten und verhaßten Hassenpflug zu berufen, der denn auch gerne die Mission übernahm, die Reaction von Kurhessen zu vollziehen und das Land in das östreichische Lager überzuführen. Mit seltner Einmüthigkeit standen jedoch in Kurhessen Kammern, Bürger und Truppen in diesem Conflicte mit der Willkürherrschaft des neuen Ministers zu einander; im September 1850 steigerte sich derselbe bis zur Verweigerung der Steuern, welche Hassenpflug unverfassungsmäßiger Weise ausgeschrieben hatte. – Alle Maßregeln die das mißliebige Ministerium nun ergriff, das Volk seinem Willen zu beugen, blieben erfolglos, weil kein Beamter dessen Befehlen Folge leistete und fast das ganze Offiziercorps seinen Abschied einreichte. Durch diesen passiven Widerstand auf's äußerste aufgebracht, verließen der Kurfürst und sein Werkzeug jetzt heimlich Kassel und flüchteten sie sich nach Frankfurt, wo sie den Schutz und die Intervention des Bundestages gegen das Land anriefen, eine Intervention, die gerade auch der König von Dänemark, auf den Friedensschluß mit Preußen gestützt, gegen Holstein verlangte.
    Der
ständische Ausschuß
, der sich in Kassel gebildet, wendete sich dagegen seinerseits an Preußen, um das Recht und den Schutz des Landes von dem Haupte der
noch bestehenden Union
, von der der Kurfürst sich noch nicht öffentlich losgesagt, zu fordern. Was konnte nun Oestreich und den mit ihm verbündeten Staaten willkommener sein, als diese beiden Anlässe, um sich als Herrn und Meister der Situation zu bewähren? Wollte Preußen nicht mit ihnen gehen, nun wohl, so hofften sie schon ohne dasselbe die Kurhessen und Holsteiner Raison zu lehren, und der Welt zu beweisen, wer in Deutschland die Ordnung wiederherstellte.
    Auch des Beistandes der Mittelstaaten wußte es sich jetzt hinlänglich zu versichern. Preußen zum Hohne hielten am 12. October 1850 der Kaiser von Oestreich, der König von Bayern und der von Würtemberg eine Zusammenkunft in Bregenz am Bodensee, die mit großem militärischem Gepränge in Scene gesetzt war, und mit noch größerer Herzlichkeit von Seiten der Fürsten vor sich ging.
    Bei dem Festmahle toastete der König von Würtemberg auf die östreichische Armee, und seine Rede gipfelte in den Worten: »ein alter Soldat macht nicht viel Worte, aber er folgt dem Rufe
seines Kaisers
, wohin es auch sei!« worauf ihm Kaiser Franz Joseph im Namen der Armee dankte, die stolz sein werde mit so tapferen Kameraden vor den Feind zu gehen! –
    Unter diesem Feinde konnte Niemand als Preußen verstanden sein, und so herausgefordert, schien es nun auch endlich eine kriegerische Haltung annehmen zu wollen.
Radowitz
, zum Minister des Auswärtigen ernannt, erklärte sich entschieden für einen Krieg mit Oestreich, auch die noch unionstreuen Fürsten hofften jetzt auf eine thatsächliche Durchführung ihrer Vereinbarung, und es konnte aus dieser Schneeflocke immer noch die Lawine werden, welche Preußen auf neue Bahnen fortriß – umsonst, der König war voll Angst und Furcht, sich ohne auswärtige Alliirte zu sehen, und gleichzeitig beeinflußt von einer Parthei, an deren Spitze der Minister Manteuffel stand, die um jeden Preis die alten Zustände wieder herbeizuführen suchte. Man kam endlich in Berlin auf den schlimmsten aller Auswege, den, Rußland als Schiedsrichter in dieser Angelegenheit anzurufen, Rußland, welches sich von Anbeginn, in der feindseligsten Weise gegen die deutsche Revolution und das Bestreben nach Einigung bezeigt hatte. Wie Kaiser Nicolaus über diese Fragen und auch über seinen königlichen Schwager dachte, dies sprach er offen genug aus. Er nannte den König von Preußen unverhohlen einen Phantasten und rühmte dagegen den Kaiser von Oestreich, der trotz seiner Jugend und Unerfahrenheit, Talent zum Regieren gezeigt, wenn es ihm auch schwer fallen werde, seine verschiedenartigen Länder zu germanisiren, dies sei eben so wenig ausführbar, als die Lieblingsidee des Königs von Preußen,
die deutsche Einheit
zu begründen, dies Alles führe nur zu unangenehmen Verwicklungen zwischen Preußen und Oestreich, und darum mache ihn der Zustand Deutschlands sehr besorgt, und zwinge ihn, stets gerüstet dazustehen, um demjenigen der seinen

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