Deutsche Geschichte Von 1815-1870
vertriebenen König wieder nach seiner Hauptstadt zurück, wo nun in furchtbarer Weise, die Gräuel der französischen Revolution noch überbietend, die Königlichen sich an den Republikanern rächten, und namentlich die Königin Caroline, seit der Hinrichtung ihrer Schwester Marie Antoinette in eine Furie verwandelt, ihrer Wuth kaum Genüge thun konnte. – Zum Zweitenmale wurde dann Ferdinand durch den siegreichen Napoleon nach Sicilien verjagt, der seinen Schwager
Murat
zum König von Neapel erhob. Es entwickelte sich jetzt auf jener Insel, namentlich durch den Einfluß Englands und des Lord
Bentinck
ein neues Leben; diese berühmte, im Alterthum so blühende Kulturstätte, auf der sich noch Reste jener Musterverfassung vorfanden, die ihr der Hohenstaufe Friedrich II. einst gegeben, raffte sich auf aus ihren Verfall, und erhielt 1812 eine treffliche neue Verfassung nach dem Zuschnitte der Englischen. Wie aber Bentirk die Freiheiten und Rechte der Bevölkerung schützte, so hielt er auch den Hof in Schranken, der, umbekümmert um die eben erwähnten Vorgänge, so weit es irgend anging, die alte bourbonische Wirthschaft weiter führte. –
Sie wissen nun, wie 1814 Murat anfänglich von den verbündeten Mächten geschont wurde, wie er König von Neapel bleiben sollte, und auch geblieben wäre, hätte er nicht auf's Neue die Waffen für Napoleon ergriffen. Sein unglückliches Ende erledigte den Thron auf's Neue für die in Sicilien der Ereignisse harrenden Königsfamilie. England, das jetzt seine Hand von Sicilien zurückzog, duldete dort den Umsturz der Verfassung, duldete, daß die Insel, trotz ihres Widerstrebens, in einen staatlichen Gesammt- mit dem Königreich Neapel gezwungen wurde. –
Die Königin Caroline war 1814 gestorben und König Ferdinand IV., der nun nach der Vereinigung beider Sicilien sich Ferdinand I. nannte, alt und bequem geworden; so war der Zustand des Königreiches anfänglich erträglich, nur beging man die Unklugheit, das Heer, welches fast ganz aus Anhängern
Murat's
bestand, zu vernachlässigen und die höheren Officiere zurückzusetzen, so daß sich dort, ganz ähnlich wie in Spanien, im Kreise der
Intelligenteren
, ein Herd der Unzufriedenheit bildete. Die Aehnlichkeit der Zustände in den beiden romanischen Ländern, die nahen Beziehungen in denen sie zu einander standen, trugen die spanischen Zuckungen schnell auf den neapolitanischen Boden über, wozu sich noch der Einfluß der
Geheimbünde
gesellte. Bei der spanischen Revolution war die Gesellschaft der
Freimaurer
in hohem Grade betheiligt gewesen; bei den italienischen Umwälzungen spielten die
Carbonari
eine Hauptrolle, und hier wie dort sehen wir die Unzufriednen im Heere sich mit diesen Elementen verbinden, welche sich gleichfalls aus der Klasse der Gebildeten rekrutirten. Was die geringeren Klassen und namentlich den Pöbel betrifft, so befand er sich in der Hand des Klerus, der ihn
hier wie dort
für den König fanatisirte und ausnutzte. – Die italienische
Carbonaria
war eine Verbindung, die lange Zeit viel von sich reden gemacht; gleichzeitig gefürchtet, vergöttert und verhaßt, war sie ein Kind jener geheimen gesellschaftlichen Verbindungen mit mysteriösen Gebräuchen und Formeln, an denen das 18. Jahrhundert so reich gewesen, und die sich immer da bilden, wo das öffentliche Leben unterdrückt und mißachtet wird. Die bekannteste und am längsten bestehende dieser Gesellschaften ist die der Freimaurer, die namentlich in den katholischen Ländern, bald mehr bald weniger eine verhältnißmäßig große Rolle spielte und noch spielt. Dem Gebildeten erschuf sie vielfach eine besondere Religion der Aufklärung und Toleranz, sie mußte folglich eine geborne Feindin der Hierarchie sein und ist ihr darum beständig, so gestern wie heute, nicht mit Unrecht ein Dorn im Auge; und wie man ihr in Rom auch die Ereignisse der letzten Jahre und den Widerstand gegen den Vatican mit auf die Rechnung schrieb, dies kann Ihnen nicht unbekannt sein. –
So kam es, daß die damalige Restauration in Neapel gleichfalls die Freimaurerlogen als Herde der Aufklärung unterdrückt hatte, wogegen diese, nur ein anderes Gewand umnehmend, ihre Auferstehung als
Carbonari
, d.h. Köhler, feierten. Wie die Freimaurer ihren Begründern, den Steinmetzen und Maurern, so entnahmen die Carbonari von den Köhlern ihre Symbole, und knüpften sie ihre Entstehung an allerlei Mythen und Geschichten, namentlich an den sächsischen Prinzenraub, an. Sie betonten
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