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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Italiener, daß jeder Einzelne schwieg wie das Grab, sie sagten: »man habe den Kohlensack zwar geschüttelt, aber nicht geöffnet!« und so glimmte denn auch dort der Funke unter der Asche fort und bereitete jene Ereignisse vor, welche die neueste Geschichte zur Reife brachte. – Ueberall aber, wo ein freier Fleck Erde ihnen blieb, in der Schweiz, in England, in Amerika sammelten sich die italienischen, die spanischen, die französischen Flüchtlinge an; nur zu bald sollten sich zu ihnen die deutschen und polnischen Verbannten gesellen. Sie bildeten vereint eine revolutionäre Propaganda, die rastlos an dem Sturze des Absolutismus fortarbeitete, und für einen Augenblick in neuer Hoffnung aufloderte, bei dem heldenmüthigen Auftreten des
griechischen Volkes
. Dort war es nicht allein ein Kampf für Freiheit, die Griechen kämpften zu gleicher Zeit für ihren christlichen Glauben für ihre Unabhängigkeit von dem verhaßten Joche des Türken. Hier bot sich überdies der heiligen Allianz ein herrliches Feld, ihren religiösen Eifer zu bethätigen, und ihr heuchlerisches Ziel, Europa dauernde Sicherheit und Ruhe zu geben, im Interesse
eines Volkes
auszuführen. Wie Kaiser Alexander schon länger von der Idee erfaßt war, die Griechen aus der Hand der Türken zu erlösen, wie er sogar in den Jahren 1814 und 15 Näherliegendes darüber verabsäumte und Preis gab, haben wir bereits gehört. Nun war es ein Augenblick von hoher Wichtigkeit für die verbundenen Großmächte, der ihnen viele entfremdete Sympathieen wieder gewinnen konnte, wenn sie den Aufstand der Griechen, der um 1820 ausbrach, unterstützt, und zu Gunsten des unterdrückten Volkes entschieden eingegriffen hätten. Aber nein – Fürst Metternich schätzte selbst des Sultans Legitimität weit höher, als das Recht eines Volkes, das ein verhaßtes Joch durch eigne Kraft abzuschütteln versuchte, und mit schlauer List wußte er Kaiser Alexander davon zu überzeugen, daß es auch dort am jonischen Meere vorzugsweise die revolutionäre Leidenschaft sei, die zum Kampfe antreibe, und daß man diese Leidenschaft auch dort wie überall bekämpfen müsse. So gaben sich denn die allerchristlichsten Majestäten lieber zum Schutze des Islam her, und verließ der charakterschwache Alexander, auf welchen die Griechen alle ihre Hoffnung gesetzt hatten, lieber die eignen Glaubensgenossen, während doch gerade Rußland von lange her deren Unwillen gegen die Türken geschürt hatte.
    So verlockend es nun auch für mich wäre, Ihnen hier Näheres über diesen denkwürdigen Griechenkampf mitzutheilen, muß ich mich auch hier darauf beschränken, nur die Ursachen desselben anzudeuten und darzuthun, wie auch dieses Feuer, das auf dem alten klassischen Boden nun emporloderte, seinen Widerschein in die deutschen Herzen warf, und in ihnen die Freiheitsgluth, trotz aller Dämpfer, die man ihr aufsetzte, neu entfachte. – Seit die Türken mit ihren Kriegszügen das westliche Europa, namentlich Deutschland nicht mehr beunruhigten, seit das wilde Reitervolk zum Stillesitzen gezwungen war, begann der innere Zerfall des großen osmanischen Reiches und zu der grenzenlosen Ausbeutung der eroberten Provinzen, wo man jede Kultur und geistige Entwicklung niedertrat, gesellte sich der wilde, religiöse Fanatismus der Halbmondbekenner. Flehend wendeten sich im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert die Blicke der Griechen zu den russischen Glaubensgenossen, die ja schon seit dem elften Jahrhundert hauptsächlich von ihnen, durch die Reste ihrer eignen alt-klassischen Bildung, alle geistigen Kräfte und Anregungen empfangen hatten.
    Schon Peter der Große hatte aus diesen Gründen sein Augenmerk auf eine Verbindung Griechenlands mit seinem russischen Reiche gerichtet. Als er noch in Amsterdam Schiffe zimmerte, war dort bereits ein Bild von ihm gestochen worden mit der Aufschrift: Peter I.,
russisch-griechischer Monarch
. Für die russische Schifffahrt und die Ausbreitung des Handels mußte naturgemäß die Erwerbung des südlichen Insellandes vom unberechenbarsten Nutzen sein, und so wurde der Gedanke daran immer wieder neu aufgenommen, bis endlich gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Türkei so tiefe Spuren ihres Verfalles zeigte, daß selbst Kaiser Joseph auf den Gedanken der großen Katharina, ihrem Enkelsohn Constantin einen Kaiserthron in Byzanz aufzurichten, lebhaft einging. Er begehrte dafür natürlich als Gegengeschenk einen Theil der Türkei für sich, gab aber zugleich seinem

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