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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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einem solchen Congresse einzuladen, und seine damalige Regierung mußte es schwer entgelten; aber auch Frankreich widersprach. – Nicht weniger empört zeigten sich die deutschen Mittelstaaten, weil man einen König, der schon zweimal seinen Eid gebrochen, förmlich zwingen wollte, vor den Augen Europas einen dritten Meineid zu begehen. –
    So interessant diese Vorgänge nun auch sind, übersteigt es doch die Gränzen meiner Aufgabe, hier des Näheren mitzutheilen, welche Wirkung die genannten Nachrichten in Neapel selbst hervorriefen, so wie auch, welche Komödie von nun an der König, sein Sohn und ihre Getreuen gegenüber dem neapolitanischen Parlamente und den freisinnigen Generalen spielten.
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wollte, und dies war das allein Richtige, den König und seine Familie nicht zu dem Congresse gehen lassen, sondern sie als Pfand festhalten, und dagegen Abgeordnete der Nation nach
Laibach
schicken. Aber nein, man war unklug genug, den König, der sich noch bis an die Gränze mit dem Carbonari-Zeichen schmückte, ziehen zu lassen. In Laibach wußte ihn dann Fürst Metternich ausführlich darüber zu belehren, daß ein Eid, den man Völkern bricht, kein
Meineid
sei, und da die bewaffnete Intervention schon vorher beschlossene Sache gewesen, rückten nach kurzer Frist 80,000 Oestreicher in Neapel ein und schlugen die ganze Bewegung nieder. –
    Die junge Blüthe der piemontesischen Freiheit wurde gleichzeitig damit geknickt; während des Congresses in Laibach hatte sich auch jener Theil Italiens erhoben und eine Verfassung erlangt, sich aber nur dreißig Tage lang daran erfreut, denn auch diese Erhebung wurde alsbald mit Waffengewalt unterdrückt. Oestreich und Rußland gingen jetzt schonungslos voran; die
absolute Königsmacht
wurde überall neu hergestellt und das Ende des Jahres 1821 sah in Italien nur Jammer und Wehklagen, ein trauriges Vorspiel dessen, was sich bald auch in Spanien ereignen sollte, nachdem wie schon erwähnt, die
französischen
Waffen dort auch restaurirt und die sogenannte Ordnung wieder hergestellt hatten. –
    Furchtbar lastete die Wucht der Wiedervergeltung auf dem unglücklichen Italien; der Terrorismus von Oben suchte mit grausamer Rücksichtslosigkeit Alles auszutilgen, was seinem System entgegenstand. Ganze Bände ließen sich ausfüllen mit den Strafen und Verfolgungen, die über die unglücklichen Carbonari, über die Verfassungsfreunde, verhängt wurden. Kein Rang, kein Ansehen, kein Verdienst, weder unreife Jugend, noch ehrwürdiges Alter gewährten Schutz dagegen, und gerade die Gemäßigten, die in der Krisis den Regierungen berathend und helfend zur Seite gestanden, wurden am Schlimmsten verfolgt. In Neapel wüthete der greise Ferdinand mit seinem berüchtigten Polizeiminister
Canosa
, und es entwickelte sich dort ein Denuncianten-Wesen, wie einst in Rom zu den Zeiten des Sulla. Hundertweise erfolgten die Todesurtheile mit dem Zusatz »
wegen Freiheitssachen
«, Tausende flohen in die Verbannung, über allen Häuptern fast schwebte das Schwert des Damokles. Schlimmer als zuvor trieb das Landvolk nun wieder sein Räuberwesen, und der Bürger beugte sich scheu und ängstlich unter das schreckliche Polizeisystem. –
    Zwei Jahre später, nachdem 1823 die spanische Revolution zu Boden geworfen war, begann dann das gleiche Verfahren in der Lombardei, und mit Gift und Dolch wappneten sich dagegen die, trotz aller Verbote fortbestehenden, Geheimbünde. In den östreichischen Staaten wurden die meisten zum Tode Verurtheilten zu noch Schlimmerem begnadigt, zur Gefangenschaft auf dem
Spielberg
, oder unter den
Bleidächern Venedigs
. In Mailand ließ man über 30 solcher Gefangne, den ersten Familien angehörend, vor ihrer Abführung öffentlich an den Pranger stellen, ein Verfahren, welches der lombardische Adel Oestreichs Regierung nie vergaß. Jene furchtbaren Gefängnisse lichtete dann der Tod, Wahnsinn oder Verzweiflung. Aber dem Dichter war es vorbehalten, durch seinen Mund den allmächtigen Kaiserstaat zur Rechenschaft zu ziehen. Als im Jahre 1832 das seiner Zeit so berühmte Buch von
Silvio Pellico
erschien: Geschichte meiner Gefangenschaft unter den Bleidächern Venedigs, da ging der Schrei der Entrüstung durch die ganze gebildete Welt, und dies Buch fügte Oestreich mehr Schaden zu, als es hundert Verschwörungen hätten thun können. An diesen fehlte es nicht, doch die Fäden derselben konnte die östreichische Polizei bei aller Mühe nicht erhaschen; es war der Stolz der

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