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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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im Gegensatz zur Kirche die
Grundsätze der Aufklärung
, im Gegensatz zum Staate die
Grundsätze der Freiheit
. – Diese Carbonaria rekrutirte sich hauptsächlich aus den mittleren Ständen und sie wuchs zu einer Macht heran, als sie in dem bekannten General
Pepe
, einem Manne, den man in unsrer Zeit vielfach mit Garibaldi verglichen hat, einen Führer fand. Es war also auch hier, wie in Spanien, ein Militär, der die großartige Bewegung leitete, an deren Spitze er sich gestellt, dabei mit vollem Bewußtsein die Idee eines in sich geeinigten Italiens verfolgend. – General Pepe hatte die Aufgabe erhalten, das furchtbare Räuberwesen in Calabrien zu bekämpfen, und es gelang ihm dies in wirksamer Weise durch Bildung von Milizen, aus den Reihen der bedrängten Einwohner selbst. Er kam auf die Idee, diese Milizen sämmtlich dem Carbonari-Bunde beitreten zu machen, und wie um
Riego
, so gruppirten sich nun bald um ihn die Hauptereignisse der neapolitanischen Revolution, deren nächster Zielpunct dahin ging, die
spanische Verfassung
einzuführen und den König zur Annahme derselben zu zwingen. – Es war ein überaus thörichtes Beginnen; hätte man die Einführung der sicilischen Verfassung verlangt, so war damit schon die Hälfte des Landes gewonnen, statt dessen mußte später die Insel erst durch einen blutigen Kampf dazu gezwungen werden, das ihr Liebgewordne aufzugeben und wieder ein Neues, ihr Fremdes anzunehmen. –
    Ein Soldatenaufstand in
Nola
und eine gleichzeitige Bewegung Neapels nöthigten den König nun in der That, zur Nachgiebigkeit gegen die oben ausgesprochnen Wünsche. Die angesehensten Männer des Königreichs gehörten in jenem Zeitpunct zu den Carbonari. Fünf von ihnen warteten in der Nacht des 6. Juli 1820 vor des Königs Kammer mit der Uhr in der Hand, auf seine Entschließung, nachdem man ihm eine kurze Frist gestellt hatte. Er mußte wohl oder übel nachgeben, und mit
Pepe
unterhandeln, der bereits die Truppen heranführte. Am 9.
Juli
zog der Triumphator in Neapel ein, während auf dem Balcon des Schlosses der ganze Hof mit dem Carbonari-Zeichen geschmückt, versammelt war, ihn zu empfangen. Der König selbst lag, vom Fieber geschüttelt, zu Bette, dennoch empfing er Pepe, und beschwor dann feierlich auf das Evangelium die Annahme der verlangten Verfassung; aus freien Stücken fügte er der Eidesformel noch hinzu: »Allmächtiger Gott, der Du in meiner Seele liefest, wenn ich lüge oder den Eid brechen sollte, so richte in diesem Augenblick die blitze Deiner Rache auf mich!«
    Diese Blitze sollten denn auch wirklich, wenn auch in viel späterer Zeit, das neapolitanische Königshaus treffen und rettungslos zerschmettern.
    Unter dem Volke herrschte jetzt großer Jubel und Freude – eine Empfindung, die von den Mächten der heiligen Allianz durchaus nicht getheilt wurde. Kaiser Alexander, mißtrauisch gemacht durch freiheitliche Bewegungen, die sich gleichzeitig in Rußland und Polen zeigten, wo sich auch die Freimaurerei neu belebt hatte, und vertreten wurde durch die gebildetsten und trefflichsten Männer, sah diese Symptome mit tiefem Schrecken. Der schwankende Monarch trieb unter diesem Einfluß wieder mehr und mehr dem Absolutismus zu, und befand sich jetzt gerade in der richtigen Stimmung, die ein Metternich vortrefflich auszunutzen verstand. – Das Drohen des politischen Himmels veranlaßte neue Fürstencongresse. Gleich auf dem Ersten, zu
Troppau
in Schlesien, wurde gegen alles Völkerrecht der Grundsatz der
bewaffneten Intervention
aufgestellt, d.h. es sollte nicht gegen die wortbrüchigen Fürsten intervenirt werden, sondern gegen die
Nationen
, die mit heißer Sehnsucht den Kampf für ihre Freiheit und politischen Rechte aufgenommen hatten. Unter dem neuen Namen: »
Centrum der Union der europäischen Staaten
« erschien der Kern der heiligen Allianz auf's Neue auf dem Schauplatz und sie erließen eine Erklärung, daß sie sich
neu verbündet
hätten gegen die thrannische Macht
der Rebellion und des Lasters
. Als nächste Aufgabe wurde dann vorangestellt, den König von Neapel von dem Drucke zu befreien, mit dem sein Volk ihn belaste; man beschloß darum, ihn auf einen
Congreß nach Laibach
in Mähren zu berufen, wo die Mächte zwischen ihm und seinem mißleiteten Volke vermitteln und entscheiden würden. England widersetzte sich entschieden diesem vorgeschlagenen Verfahren, ja, das englische Volk empfand es als eine Art von Beschimpfung, daß man es überhaupt gewagt, England zu

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