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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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das Mindeste für das Land, sondern war nur darauf bedacht »sich Geld zu machen«, wie Kaiser Franz von ihm sagte. Dieses Geld legte der Erzherzog sorgfältig im Auslande an, weil er selbst von dem früheren oder späteren Abfall des Landes fest überzeugt war. In der That wuchs schon gleich in den ersten Jahren der Argwohn zwischen Regierung und Volk so riesig an, wurde die Antipathie so gewaltig, daß nur Späherei und Polizeidruck, denen sich von Seiten der Bevölkerung Geheimbünde und Verschwörungen entgegensetzten, die deutsche Herrschaft erhalten konnten. Wir haben das Metternich'sche System bereits kennen gelernt; es lastete am Schlimmsten auf der Lombardei und Venedig, und erzeugte den bittersten Haß gegen den Tedesco, den Deutschen, denn zwischen ihm und dem Oestreicher wußte der Italiener keinen Unterschied zu machen. Aehnliche Gefühle wurden gegen die Priester und die Kirche hervorgerufen, durch die Pflege der krassesten Bigotterie; von den religiösen Zwangsübungen, die man über sie verhängt, sagten die Italiener mit Recht, daß dieselben mehr Skeptiker unter ihnen hervorgerufen hätten, als früher die Voltaire'sche Schule in Frankreich, und nicht minder athmeten die Vorschriften der geheimen Polizei, welche etwa um 1826 ihre letzte Organisation erhielt, den ausgeprägtesten Jesuitismus. Da war kein Spion, der nicht wieder seinen Spion gehabt hätte; die hochstehendsten Beamten wurden überwacht, jedes Briefgeheimniß verletzt. Die Polizei hatte die schöne Aufgabe, der
väterlichen
Regierung alle
Privatverhältnisse
zu verrathen, und man erlangte deren Kenntniß durch Mittel, welche selbst die natürlichsten Bande, die zwischen Eltern und Kindern zerrissen. Alles, was sonst dem Staate auf offnem und ehrlichem Wege, durch die öffentliche Meinung, die freie Presse, das freie Wort, zugeführt wird, dies sollte die Polizei ihm ersetzen. Erst seit wenigen Jahren sind diese Dinge in ihrem ganzen Umfang bekannt geworden und man begreift vollkommen, wie sie ein Volk entsittlichen, wie sie ihm Gift und Galle in die Adern gießen mußten. Nicht viel besser erging es dem übrigen Italien. Pius VII. nach Rom zurückgekehrt, restaurirte den Kirchenstaat, rief die Jesuiten zurück, stellte alle Mönchs- und Nonnenklöster wieder her, und schloß Concordate mit den deutschen Staaten ab, welche dieselben möglichst tief unter das römische Joch beugten. In der Verwaltung des Kirchenstaates wirthschafteten er und seine Nachfolger so vortrefflich, daß, in den vierziger Jahren etwa, die Verdorbenheit der päpstlichen Unterthanen, ihr Räuberwesen, ihre Unwissenheit, fast sprichwörtlich geworden waren. In ganz gleicher Weise verfuhren die Könige von Sardinien und Neapel. Beide hatten die Zeit ihres Exils auf den ihnen zugehörigen Inseln zugebracht, der Eine auf
Sardinien
, der Andere auf
Sicilien
. Aber jener damalige
Victor Emanuel
, der das Königreich Sardinien und Piemont beherrschte, war dem heutigen wenig verwandt, trotz der persönlichen Milde und Güte, die ihn beseelte. In Turin wie ein Gott bei seiner Rückkehr empfangen, ließ er in noch wahnwitzigerer Weise restauriren, als der Kurfürst von Kassel. Eine geordnete Gesetzgebung und Rechtspflege, die er vorfand, wurden umgestoßen, und die alten barbarischen Gesetze wieder eingeführt; damit verbanden sich die schrecklichsten Eingriffe in die Privatverhältnisse der Bewohner. Civilehen, die seit Jahren bestanden hatten, erklärte man für illegitim, längst verkaufte Güter wurden den zeitweiligen Eigenthümern entrissen, industrielle Unternehmungen, namentlich Seidenspinnereien, die in ehemaligen Klöstern betrieben wurden, ohne Weiteres hinausgeworfen, Franzosen, die sich seit Jahren in Piemont angesiedelt hatten, zu Tausenden vertrieben. Es war hier hauptsächlich der alte Adel, der den König, welcher vor der Zeit altersschwach geworden, zu diesen Thorheiten und Abscheulichkeiten antrieb; während es in
Neapel
dagegen der König selber war, der einen maßlosen Rückschlag in's Werk setzte. –
    Wie dieser König seines Landes schon zweimal beraubt gewesen, können wir hier nur kurz andeuten. Das Erstemal geschah es zu Ende des vergangenen Jahrhunderts, durch die siegreichen Truppen der französischen Republik, worauf er mit den Seinigen nach Sicilien flüchtete, während in Neapel die
Parthenopäische Republik
entstand. Nur kurze Zeit währte die Freude der italienischen Patrioten über diese Veränderung, denn bald führte Lord Nelson den

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