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Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen

Titel: Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Sarrazin
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Verschiebung der Bevölkerungsverhältnisse. Deshalb wird das unterschiedliche generative Verhalten von Unterschicht und Rest der Bevölkerung auf Dauer unsere Gesellschaft verändern - es sei denn, es tritt ein grundsätzlicher Wandel ein.
    Die Grundsicherung beeinflusst also die Sozialisation und das generative Verhalten der Unterschicht. Sie bestimmt aber auch wesentlich das Migrationsgeschehen und die Integrationsbereitschaft der Migranten. Ohne die deutsche Grundsicherung wäre ein großer Teil der Migranten aus der Türkei, aus Afrika und Nahost niemals gekommen, denn Arbeitsmarktgründe für die Einwanderung gibt es schon seit 35 Jahren nicht mehr. Ohne Grundsicherung wäre auch der Familiennachzug geringer gewesen und Deutschland als Asyl nur halb so attraktiv. Ohne die Grundsicherung hätten außerdem zumindest Türken und Araber in Deutschland ein anderes generatives Verhalten gezeigt. Insbesondere unter den Arabern in Deutschland ist die Neigung weit verbreitet, Kinder zu zeugen, um mehr Sozialtransfers zu bekommen, und die in der Familie oft eingesperrten Frauen haben im Grunde ja kaum etwas anderes zu tun.
    Die Grundsicherung hat aber auch eine adverse Wirkung auf die Integrationsbereitschaft der Migranten aus islamischen Ländern: Sie haben mit der Grundsicherung einen aus ihrer Sicht - im Verhältnis zu den Herkunftsländern - beispiellos hohen Lebensstandard. Das befreit sie von der Notwendigkeit, ihren traditionellen Lebensstil zu ändern, sich um Spracherwerb und Arbeit zu bemühen und ihren Frauen mehr abendländische Freiheiten zuzugestehen. So führt ein gerader Weg von der Grundsicherung zu den Parallelgesellschaften der islamischen Migranten (vgl. Kapitel 7).
    Will man dies alles nicht, so muss man gegensteuern - auf dem Arbeitsmarkt, in der Bildung, in der Familienpolitik und im Umgang mit den Migranten. Davon handeln die folgenden Kapitel.

5 Arbeit und Politik
    Über Leistungsbereitschaft und Arbeitsanreize
    Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon.
    PSALM 90, 10
     
    Wer über Arbeit und Leistung spricht, kommt ohne impliziten oder expliziten Bezug auf ein Welt- und Gesellschaftsbild und damit ohne Wertungen nicht aus. Viele scheinen begeistert das erhoffte Ende der Arbeitsgesellschaft zu begrüßen. Aber hier lauern viele Missverständnisse. Auch eine hoch technisierte und immer abstrakter werdende Wirtschaft läuft nicht vollautomatisch, sie ist weder technologisch noch soziologisch, noch in ihrer politischen Lenkung ein Perpetuum mobile. Ohne vielfältigen Einsatz von Arbeit - vor allem intelligenter Arbeit - und erhebliche Anstrengungen jedenfalls einer Minderheit haben wir schnell Stagnation, Rückstand, wachsende Arbeitslosigkeit sowie - gemessen an den gewachsenen Ansprüchen - eine Tendenz zur Massenverelendung.
    Der heutige Massenkonsum ist nur möglich dank der Mechanisierung und Automatisierung aller Produktionsabläufe sowie der meisten Dienstleistungen und der billigen Importe aus Fernost, die wir nur bezahlen können, weil dort deutsche Maschinen so begehrt und die Menschen bei niedriger Entlohnung so unendlich fleißig sind. Wer bei Aldi einen Liter Milch in der Tüte für 49 Cent oder ein Baumwollhemd für 5 Euro kauft - sei er nun Millionär oder Empfänger von Grundsicherung -, der erwirbt Endprodukte, die einen sehr komplexen Produktions- und Verteilungsprozess durchlaufen haben, an dem Zehntausende von Menschen beteiligt waren. Bei der Milch haben sie auf dem Bauernhof, in der Molkerei, beim Verpackungshersteller, bei Transport, Logistik und im Geschäft dazu
beigetragen, dass die Milchtüte schließlich zum Verkauf im Regal steht, beim Hemd auf den Feldern des Baumwollbauern, in der Spinnerei, in der Weberei, beim Nähen, bei Transport und Logistik und dann wiederum im Geschäft. Bedenkt man, dass die Reparatur eines tropfenden Wasserhahns kaum weniger als 50 Euro kosten dürfte, sind die Güterpreise heute das reine Wunder. Aber ohne Arbeit kommen diese Güter auch nicht zustande, wie überhaupt niemals irgendetwas, das einen Marktwert hat, sei es ein physisches Gut, sei es eine Dienstleistung, ohne Arbeit zustande kommen wird.
    Der Markt lebt von dem einfachen Zusammenhang, dass der, der etwas bekommen will, das andere Arbeit und Mühe gekostet hat, dafür etwas geben muss, das ebenfalls Arbeit und

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