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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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drei«, sagt er und lächelt. »Ich kann davon nicht genug kriegen.«
    »Nein«, stimme ich ihm zu, während ich Lily Anne betrachte. »Wie könnte man auch?« Jetzt bewegt sie die andere Hand – und nun beide gleichzeitig! Was für ein bemerkenswertes Kind.
    »Zwei Jungs«, sagt er kopfschüttelnd. »Und jetzt endlich ein Mädchen.« Und ich erkenne an seinem Tonfall, dass dieser Gedanke ihn zum Lächeln bringt. Ich werfe ihm noch einen verstohlenen Blick zu; richtig, das Gesicht ist zu einem Ausdruck glücklichen Stolzes verzogen, der fast so blödsinnig wirkt wie meiner.
    »Jungs können so dumm sein«, sagt er. »Diesmal wollte ich unbedingt ein Mädchen, und …« Sein Lächeln wird noch breiter, und wir stehen mehrere Minuten in kameradschaftlichem Schweigen nebeneinander, während wir unsere intelligenten, schönen Töchter hinter der Scheibe bewundern.
    Lily Anne.
    Lily Anne Morgan. Dexters DNA , die lebt und durch die Zeit in die nächste Generation zieht und immer weiter, in die ferne Zukunft, zu einem Tag jenseits aller Vorstellung – und dabei die Essenz meines Seins in sich trägt und sie weiterreicht, den Uhrzeigern des Todes entrissen ins Morgen sprintet, umhüllt von Dexters Chromosomen – und dabei sehr gut aussieht. Zumindest findet das ihr unzurechnungsfähiger Vater.
    Alles ist anders. Eine Welt, in der Lily Anne Morgan lebt, ist vollkommen neu: schöner, sauberer, mit ordentlichen Ecken und leuchtenderen Farben. Alles schmeckt besser, selbst das Snickers und der Automatenkaffee, was alles ist, was ich in den letzten vierundzwanzig Stunden zu mir genommen habe. Der Geschmack des Schokoriegels war wesentlich subtiler als in meiner Erinnerung, und der Kaffee schmeckte nach Hoffnung. Poesie flutet mein eisiges Hirn und tröpfelt in meine Fingerspitzen, weil alles neu ist und wunderbar. Unter dem Aroma des Kaffees schmecke ich das Aroma des Lebens selbst. Nun ist es etwas, das man hegen muss, schützen, sich daran erfreuen.
    Plötzlich streift mich ein Gedanke, der von jenseits des Bizarren zu mir dringt, dass das Leben vielleicht nicht länger bedeutet, sich in den schrecklichen, düsteren Freuden zu ergehen, die mich bis zu diesem apokalyptischen Moment ausgemacht haben. Möglicherweise würde Dexters Welt jetzt untergehen und eine neue Welt rosaroten Entzückens aus der Asche emporsteigen. Das alte und schreckliche Verlangen, die Schafe zu schlachten und die Knochen zu verstreuen, wie ein Drescher durch die sündige Nacht zu ziehen, das Mondlicht mit den sauberen Überresten von Dexters dunklem Begehren zu füttern … Vielleicht ist es an der Zeit, all dies aufzugeben, Zeit, es auslaufen zu lassen, bis alles fort ist, vollkommen verschwunden.
    Lily Anne ist da, und ich möchte anders sein.
    Ich will besser sein, als ich gewesen bin.
    Ich will sie halten. Ich will sie auf meinen Schoß setzen und ihr Winnie Puuh und Dr. Seuss vorlesen. Ich will ihr die Haare bürsten und ihr alles Wichtige über Zahnpasta erzählen und ihr Pflaster aufs Knie kleben. Ich will sie im Abendrot in einem Zimmer voller Welpen in den Arm nehmen, während die Band »Happy Birthday« spielt, will zusehen, wie sie zu einer wunderbaren, schönen, Krebs heilenden, Symphonien komponierenden Erwachsenen wird. Um das zu tun, kann ich nicht bleiben, was ich immer gewesen bin – aber das macht nichts, denn mir ist etwas Wichtiges bewusst geworden.
    Ich will nicht länger Dexter, der Dunkle, sein.
    Der Gedanke ist kein Schock, sondern vielmehr ein Abschluss.
    Ich habe mein Leben in eine bestimmte Richtung gelebt, und nun bin ich angekommen. Ich muss diese Dinge nicht mehr tun. Ich bedaure nichts, aber sie sind nicht länger notwendig. Jetzt gibt es Lily Anne, und sie ist wertvoller als alle nächtlichen Tänze. Es ist an der Zeit, voranzuschreiten, sich zu entwickeln! Zeit, den alten Teufel Dexter hinter sich im Staub zurückzulassen. Jener Teil von mir ist vollendet, und jetzt …
    Jetzt dringt ein leises Schrillen durch den Chor von Dexters Glückseligkeit. Etwas stimmt nicht. Irgendwo in der Nähe flammt ein kurzer Blitz des alten, bösen Lebens durch den rosigen Schimmer, und das blecherne Klirren von Waagschalen kratzt an der neuen Melodie.
    Jemand beobachtet mich.
    Der Gedanke ist ein seidiges Flüstern, fast ein Kichern. Der Dunkle Passagier amüsiert sich wie stets, sowohl über den Zeitpunkt als auch über die Empfindung – aber die Warnung ist berechtigt, und ich drehe mich äußerst lässig und beiläufig

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