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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Familie, an die ich denken musste. Deshalb beugte ich mich mit einem verdrossenen Seufzen und schmerzendem Rücken über die eintönige Aufgabe, die vor mir lag.
    Am späten Nachmittag meldete ich mich mit dem Ergebnis des Tests bei Deborah. »Es handelt sich um Gruppe 0 «, sagte ich. Ich hatte keine vor Dankbarkeit überströmende Reaktion erwartet, die auch nicht erfolgte. Sie grunzte nur: »Schaff deinen Arsch hier rüber«, und legte auf.
    Ich schaffte meinen Arsch in mein Auto und fuhr nach Süden zum Haus der Aldovars in Coconut Grove. Als mein Arsch dort eintraf, war die Party noch in vollem Gange und meine Parklücke neben dem Bambus verschwunden. Ich fuhr um den Block und fragte mich, ob Lily Anne mich vermisste. Ich wollte bei ihr sein, nicht hier in der dumpfen, tödlichen Welt aus Blutspritzern und Deborahs Wut. Ich würde kurz hineinschauen, Debs mitteilen, dass sie auf mich verzichten musste, und wieder zum Krankenhaus fahren – vorausgesetzt, ich konnte einen Parkplatz finden, was nicht der Fall war.
    Ich fuhr noch eine Runde und entdeckte endlich eine Lücke, die doppelt so weit entfernt war, neben einem großen Müllcontainer im Vorgarten eines kleinen, leerstehenden Hauses. In South Florida gehören Container zu den neuesten und modernsten Gartendekorationen, und sie sprießen überall aus dem Boden wie Pilze nach einem sommerlichen Regenguss. Wenn ein Haus zwangsversteigert wird, was heutzutage häufig geschieht, erscheint im Vorfeld ein Trupp mit dem Container und leert das Haus hinein, beinah, als würden sie es an einer Ecke anheben und auskippen. Die ehemaligen Bewohner des Hauses finden vermutlich eine reizende Autobahnbrücke, unter der sie hausen können, die Bank verkauft das Haus für zehn Cent den Dollar, und alle sind glücklich – insbesondere die Firma, die Müllcontainer vermietet.
    Von meiner bezaubernden Parklücke mit Blick auf den Container trat ich den langen Marsch zum Haus der Aldovars an. Es war nicht so grässlich, wie es hätte sein können. Für Miami war der Tag kühl, die Temperatur lag unter dreißig Grad, und die Luftfeuchtigkeit war nicht höher als in einem Dampfbad, weshalb mein Hemd noch einige trockene Stellen aufwies, als ich mich durch die Horde der vor dem Haus versammelten Reporter schob und hineinstapfte.
    Deborah stand inmitten einer Gruppe, die wirkte, als ständen sich die Gegner eines Wrestlingturniers gegenüber. Der Hauptkampf war vermutlich Debs gegen Special Agent Recht; sie standen nahezu Nase an Nase und tauschten ziemlich hitzig Standpunkte aus. Ihre jeweiligen Partner, Deke und der Prototyp-Agent, flankierten sie wie gute Flügelleute und funkelten einander eisig an. An Deborahs anderer Seite stand eine große, verstörte Frau Mitte vierzig, die sich offenbar nicht so recht entscheiden konnte, was sie mit den Händen anstellen sollte. Sie hob sie, ließ eine fallen, schlang darauf beide Arme um sich und hob dann erneut die linke Hand, wobei ich erkennen konnte, dass diese ein Blatt Papier umklammerte. Sie wedelte damit und ließ dann wieder beide Hände sinken. Das alles in den drei Sekunden, die ich benötigte, um quer durch den Raum zu der fröhlichen kleinen Gruppe zu stoßen.
    »Ich habe keine Zeit für Sie, Recht«, bellte Deborah. »Lassen Sie es mich in einfachen Worten erklären: Bei so viel Blut im Spiel reden wir mindestens über Überfall und versuchten Mord.« Sie warf mir einen Blick zu und wandte sich dann wieder an Recht. »So lautet die Einschätzung meines Experten, und meine Erfahrungen bestätigen sie.«
    »Experte«, wiederholte Recht mit ganz reizender, bundeseigener Ironie in der Stimme. »Sie meinen Ihren Bruder? Er ist Ihr Experte?« Sie betonte »Bruder«, als sei das etwas, das sich von Müll ernährt und unter einem Stein lebt.
    »Haben Sie einen besseren?«, erwiderte Deborah hitzig, und ich fand sehr schmeichelhaft, wie sehr sie sich für mich einsetzte.
    »Den brauche ich nicht; ich habe einen vermissten weiblichen Teenager«, sagte Recht – ebenfalls mit einer gewissen Hitzigkeit. »Und damit ist es Entführung, bis sich etwas anderes herausstellt.«
    »Verzeihung«, unterbrach die wedelnde Frau. Debs und Recht ignorierten sie.
    »Bockmist«, schnauzte Deborah. »Kein Brief, kein Anruf, nichts außer einem Zimmer voll Blut, also keine Entführung.«
    »Doch, falls das Blut von ihr stammt«, widersprach Recht.
    »Verzeihung, darf ich … Officer?«, stammelte die nervöse Frau und wedelte wieder mit dem

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