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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Richter
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hatte sie eigentlich noch nicht aussprechen wollen.
    Ihre Gefühle zu äußern, war ihm gegenüber immer noch etwas gänzlich anderes als bei Sally. Vielleicht lag es daran, dass er ein Märchen zu sein schien oder daran, dass er nicht ihr Geschlecht war. Oder weil er einfach der tollste und knieerweichendste Mann der Welt zu sein schien, bei dem sie jedes falsche Wort fürchtete, aus Angst, dass er plötzlich doch einfach wie eine zerplatzte Seifenblase verschwand. Wie war das noch mal mit ihrem Beschluss gewesen, seine Worte nicht zu ernst zu nehmen?
    Noel betrachtete sie ruhig, ehe er ihre Hand richtig griff und zu sich zog. Machtlos sah sie ihm dabei zu, wie er sie an seine Wange legte und kurz die Augen schloss.
    »Was ist das für ein Gefühl, Lea?«, flüsterte er. »Wenn man dem anderen plötzlich ganz nah sein möchte?«
    Ihr Atem stockte ihr direkt in der Kehle. Er wollte
was
? Sie schluckte schwer, bevor sie leise stotterte: »D-das ist Zuneigung.«
    Lea sprach absichtlich nicht von
Liebe
, weil es auf der Hand lag, dass er das nicht meinen konnte. Noch nicht. Wenn überhaupt jemals.
    »Zuneigung.« Er testete das Wort, ehe er sie anlächelte und ihre Finger wieder sinken ließ.
    »Ich freue mich auf heute Abend«, sagte er. Dann stieg er aus, umrundete den Wagen und öffnete ihr die Tür. Lea schlüpfte eilig in ihre Schuhe und schloss die Riemchen.
    »Du sieht wundervoll aus«, murmelte er, als er ihr die Hand reichte, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Tief durchatmend, aber trotzdem errötend, rutschte sie von ihrem Sitz. Noel bot ihr seinen Arm an und so schlenderten sie wie ein Pärchen aus einem alten Liebesfilm – wahrscheinlich auch genau die Quelle, wo er sich diese Geste abgeguckt hatte – in Richtung des neuen Jahres.

Kapitel 9
    Sie betraten nicht als einzige Personen das Gebäude und den Fahrstuhl, sondern drängten sich mit zwölf weiteren in die kleine Kabine. Noel schien wie von selbst nach ihrer Hand zu greifen, um sie nah bei sich zu wissen, doch als sie kurz in sein Gesicht schielte, erkannte sie, dass er derjenige war, der nicht verloren gehen wollte.
    Als sich die Türen in der obersten Etage auseinanderschoben, standen sie direkt in der Wohnung. Sie ließen die anderen vor ihnen aussteigen, bevor sie hinterhergingen und, kaum einen Schritt draußen, vor Ehrfurcht stehenblieben. Obwohl Lea bereits im Vorjahr Silvester hier verbracht hatte, sorgte die aufwendige Dekoration dafür, dass sie sich wie an einem fremden Ort fühlte.
    Wie sie Noel bereits versucht hatte zu beschreiben, war fast die ganze Etage ein gigantischer Raum. Einzelne Bereiche, wie Bar oder Sitz-Lounge, wurden durch kleinere Höhenunterschiede abgetrennt. Von der Decke hingen abstrakte Lampen mit unterschiedlichen Designs in jeder Ecke. Das Beeindruckendste war aber die Glasfront, die fast das komplette Apartment umrahmte. Nur an vereinzelten Stellen wurde sie von weiß verkleideten Stahlträgern unterbrochen, die verschiedene Kunstwerke und Skulpturen in Szene setzten.
    Überall standen Leute mit Gläsern in der Hand und unterhielten sich angeregt. Links von ihnen war eine lange Tischreihe mit einem Buffet aufgebaut und im Hintergrund dudelte die Musik so leise, dass Lea nicht mal benennen konnte, welches Lied es war. Es war eine typische Silvesterfeier. So typisch wie Reiche eben feierten.
    »Lea!«, rief jemand von rechts und ihrer beiden Köpfe flogen synchron in die Richtung, aus der Sally gerade auf sie zugelaufen kam. »Ist es nicht großartig? Es ist sogar noch schicker als letztes Jahr! Und ihr seht fabelhaft aus, ich muss euch wirklich loben!«
    Scheinbar vollkommen zufrieden mit sich und der Welt drückte sie sie kurz, bevor die beiden überhaupt dazu kamen, ihr zu antworten. »Wir sind auch gerade erst gekommen, eure Jacken könnt ihr dort drüben abgeben. Ist das nicht fantastisch? So viel besser, als zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen!«
    »Wir freuen uns auch, dich zu sehen«, unterbrach Lea sie, woraufhin diese sie nur noch mal fest drückte. »Wo ist denn Paul?«
    »Auf der Terrasse. Kommt doch auch gleich mit raus, die Sicht ist immer wieder atemberaubend! Noel, dir wird das sicher auch gefallen! Man sieht die ganze Stadt und die Lichter und all die Menschen! Und apropos, das Essen   …! Ich hoffe, ihr habt noch nichts gegessen, ihr würdet es sonst so bereuen! Aber bringt erst mal eure Mäntel weg, ich besorge euch unterdessen ein paar Drinks.«
    »Ein Wasser, bitte«, sagte Lea, während Noel

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