Dezembergeheimnis
daran, dass am kommenden Morgen ein weiteres Jahr ihrer Freundschaft beginnen würde.
Den restlichen Nachmittag verbrachten die beiden ruhig. Lea widmete sich weiter dem Kartoffelsalat, ehe sie gemeinsam die Wohnung ein wenig säuberten. Noel durfte dabei jedoch lediglich alles hochheben, worunter sie wischen wollte, damit er unter keinen Umständen mit dem nassen Lappen in Berührung kam. Kurz bevor sie sich für die Party umzogen, knetete sie ihm einen weiteren Teig und sie sahen noch eine Folge
Wer wird Millionär.
Ihrem Outfit konnte Lea nicht viel hinzufügen und da sie ihre Haare offen trug, war sie nach einer Dusche relativ schnell ausgehbereit.
Als sie aus dem Schlafzimmer in die Stube trat, erstarrte sie jedoch bei Noels Anblick mitten in der Bewegung. Augenblicklich war klar, dass jede Eleganz, die sie vorher in ihrem Kleid gefunden hatte, neben ihm einfach verblasste. Noel im Alltag war ihr Traum, doch das hier vor ihr war …
Lea schluckte, denn selbst in Gedanken fehlten ihr die Worte. Der dunkle Anzug schmiegte sich an ihn und schien seine Ausstrahlung zu veredeln.Seine Haare wirkten durch den schwarzen Stoff noch dunkler, seine Wangenknochen noch markanter, sein Kreuz auf einmal viel breiter.
Er kämpfte mit seiner Krawatte und ihr Herz rutschte ihr in den Unterrock, als er sich zu ihr umdrehte. »Kannst du mir helfen?«
Auf wackeligen Beinen stakste sie zu ihm herüber, entknotete wortlos den Wirrwarr um seinen Hals und band ihm einen anständigen Knoten.
»Woher kannst du das?«
Sie konnte es sich nicht verkneifen und murmelte: »Hab ich von meinem Großvater gelernt.«
Er lachte leicht, woraufhin sie ihn ebenfalls verschmitzt angrinste.
Wenig später verließen sie gemeinsam die Wohnung und stiegen in den Wagen. Die Schuhe, die Sally ihr mitgebracht hatte, waren für Lea bereits beim Laufen eine Herausforderung, weswegen sie sie vor dem Fahren möglichst unbemerkt abstreifte und sie beide barfuß durch die Straßen lenkte. Das Radio spielte die üblichen Songs des Jahresendes.
Lea parkte den Wagen zwei Seitenstraßen von der Location entfernt, schaltete den Motor aus und zog die Handbremse an.
»So, wir sind da.« An Abenden wie diesem verfluchte sie das Baujahr ihres Autos, welches gefühlte vierzig Jahre zurücklag. Ohne Lampe in der Fahrerkabine und nur mit dem dämmrigen Licht der Straßenlaternen umhüllte sie automatisch diese intime und fast schon romantische Stimmung.
Langsam aber sicher bekam sie das Gefühl, dass ihr Herz seinen eigenen Willen hatte und nicht mit ihrem Verstand überein arbeitete. Während sie wusste, dass sie sich noch nicht zu viel auf Noels Worte und Anwesenheit einbilden durfte, bedeuteten sie ihr trotzdem etwas.
Aber egal, was es brauchte, sie durfte sich nicht verlieben.
Nicht, ehe er soweit war. Sie musste vorher sicher sein, dass sie sich dadurch nicht selbst schaden würde.
Eilig verdrängte sie diese Gedanken wieder und widmete sich den Anweisungen für den Abend. »Auf der Party werden viele Menschen sein. Die meisten kenne ich davon auch nicht, also müssen wir vorsichtig sein. Keine verschütteten Getränke und sag mir Bescheid, wenn dir zu warm wird.«
»Lea, wir hatten das doch schon mal geklärt: Du musst nicht auf mich aufpassen. Ich bin doch
deine
Begleitung.« Noel legte seine Hand auf ihre, die noch immer auf der Handbremse ruhte, und drückte sie zuversichtlich. Sie war ganz wunderbar warm.
»Ich mache mir nur Sorgen. Das hier wird anders als einkaufen im Supermarkt. Es wird viel enger und alle wollen mit einem reden oder haben was zu essen oder zu trinken. Es ist das erste Mal, dass wir … na ja, dass da so viel mehr Menschen sind als nur wir zwei«, gestand sie kleinlaut.
»Für mich ist es egal, wie viele Menschen um uns herum sind. Wenn du da bist, fühle ich mich immer, als wären wir alleine.«
Lea blieb nichts anderes übrig, als in Erwiderung zu lächeln, denn sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was man auf ein solches Kompliment antworten sollte. Es klang ja fast zu romantisch, um ernst gemeint zu sein.
»Sag das nicht zu früh«, murmelte sie deswegen nur. »Und bitte erzähle nicht die Kuchengeschichte! Niemandem.« Als er die Stirn runzelte, fügte sie rasch hinzu: »Noel,
ich
glaube dir. Aber ich weiß auch, dass ich damit wohl alleine auf weiter Flur stehe, denn ich kann selbst nicht erklären, warum überhaupt. Aber ich tue es. Ich vertraue dir.«
Shit. Sie biss sich auf die Zunge, denn diesen letzten Satz
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