Dezemberglut
hörst du. Sonst füttere ich dich höchstpersönlich.“
Ich erschrak. Die Vorstellung, mit Damian an meiner Seite durch den Supe r markt in meiner Nachbarschaft zu ziehen, war absolut furchterregend. Und was meinte er mit füttern? Dachte er dabei an rohes Fleisch oder was?
Julian hatte mir gesagt, dass ich bei der Gemeinschaft in Sicherheit war. Aber wenn Damian mich so ansah wie jetzt, kamen mir wieder Zweifel.
„Bitte. Könntest du stattdessen beim Bäcker halten? An der übernächsten Ecke. Ich brauche etwas Süßes. Und ich brauche Brot“, behauptete ich.
Erleichtert registrierte ich, dass Damian nickte.
Kapitel 11
Auf dem Rückweg vom Training ging Max an einer Sitzecke vorbei. Er blieb ve r blüfft stehen, denn der Anblick, der sich ihm bot, war einfach zu seltsam.
Damian und Charis teilten sich ein Sofa, beide hatten die Köpfe zusammeng e steckt und brüteten über Briefen und Papieren, die sie vor sich auf dem Couc h tisch ausgebreitet hatten.
„Und die Stromkosten?“
„Bei den Ausgaben. Rechte Spalte. Dauerauftrag.“
„Steuern?“
„Keine Ahnung. Und du?“
„Nicht mein Spezialgebiet.“ Damian runzelte die Stirn. „Lass uns bei Sam vo r beischauen. Er hat die Telefonnummer von diesem Anwalt und Steuerberater, der den ganzen Papier- und Behördenkram für die Gemeinschaft regelt. Er wird dir weiterhelfen.“
Charis nickte.
„Danach fahre ich dich nach Hause“, fuhr Damian fort. „Es ist gleich Mitte r nacht, und wenn du morgen dein Studium wieder aufnimmst, musst du früh au f stehen.“
Max hörte zu und staunte. Damian, der selbst nie einen Ratschlag befolgte, egal wie vernünftig er war, war selbst in der Lage, welche zu geben.
Und Charis schien sie nicht im Geringsten anzuzweifeln, denn die Ernstha f tigkeit, mit der sie ihm zuhörte, erstaunte Max nicht minder.
***
„Danke. Du hast mir sehr geholfen.“
Damian zuckte die Achseln. „Ich bin dein Mentor. Das gehört zu meinem Job.“
„Oh. Aha.“ Ich war nur eine Pflicht, ein Projekt für ihn, das er akribisch aba r beitete. Ich war enttäuscht, tatsächlich. Was für eine Gefühlsverschwendung.
Wie hatte ich nur glauben können, dass Damian eigentlich ganz in Ordnung ist? Nur weil er hier saß und mit mir Briefe öffnete? Und bei meinem Onkel o r dentlich auf den Putz gehauen hatte? Das hatte er nicht für mich ge tan , sondern weil es ihm Spaß machte. Genau wie seine erpresserischen Einschüchterungsve r suche.
Ich sollte meine Sympathie also nicht sinnlos Verschwenden .
Was hatte ich eigentlich erwartet? Vampire. Macht macht blöd. Wirklich. Und was Macht betraf …
„Hast du mich heute Abend etwa manipuliert?“
„Nein.“ Damian musterte mich erstaunt.
„Wirklich nicht?“, fragte ich misstrauisch. Dort, wo ein Riesendurcheinander in meinem Kopf gewesen war, fühlte ich jetzt Klarheit und Ordnung.
„Wenn ich es getan hätte, würdest du dich jetzt wie ein liebes, nettes Mädchen benehmen.“ Sein Mund verzog sich spöttisch. „Und du würdest mich endlich anschauen, anstatt immer rechts und links an mir vorbei zu sehen.“
Ich nahm die Herausforderung an, hob meinen Blick und versuchte, seinem so lange wie möglich standzuhalten.
Der Blick seiner blauen Augen war ruhig und tödlich zugleich, zeigte seinen pe r sönlichen Abgrund, düstere Ewigkeit. Er ängstigte mich wie so oft, sagte mir, dass er schon alles gesehen hat te , zu viel, um noch erträglich zu sein . Aber zum ersten Mal gestand ich mir ein, wie schön sein Gesicht war, und wenn es nicht das von Damian gewesen wäre, hätte es mich unglaublich angezogen.
„Du redest manchmal einen fürchterlichen Blödsinn, Damian. Ich bin längst kein Kind mehr.“
„Dann sollte s t du aufhören, dich wie eines zu benehmen.“
„Ich habe einen Namen“, forderte ich. „Du kennst ihn.“
„Du wirst ab morgen wieder studieren. Charis.“
Meine Schultern hoben sich elegant. „Ich habe ja sowieso nichts Besseres zu tun.“
So kam es, dass mein Alltag auf einmal ungemein ausgefüllt war. Ich hatte übe r haupt keine Lust, Vorlesungen und Seminare zu besuchen, aber die Vorstellung, mich schon wieder mit Damian auseinandersetzen zu müssen, wirkte so abschr e ckend, dass ich hinging. D er anonyme Universitätsbetrieb, in dem sich niemand um mich und meine Vergangenheit kümmerte, half mir tatsächlich, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Die Abende verbrachte ich nach wie vor beim Training.
Ein Anwalt der Gemeinschaft rief
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