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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda K. Heyden
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Liebhaber Christian war ein menschlicher Vertrauter, und ich freute mich darauf, ihn kennenlernen.
    Daniel hob die Schultern. Er wirkte nicht halb so begeistert wie ich. Wir gingen die Treppe nach oben. Der Wachmann, der vor der abgetrennten VIP-Lounge stand, trat beiseite, ohne eine Miene zu verziehen. Ich sah mich um und erkannte viele bekannte Gesichter. Als ich zwischen den Sesseln hindurchging, stellte ich erleichtert fest, dass mir niemand Aufmerksamkeit schenkte. Auch wenn ich mich nicht mehr bedroht fühlte, so fühlte ich mich doch alles andere als wohl hier oben. „Kannst du mir Christian zeigen?“
    Daniel wies in den kleinen Flur, der zu den hinteren Büroräumen führte. „Er steht noch immer dort.“
    Ich nickte und entdeckte jemanden, den ich noch nicht kannte. Groß, blond. Er stand vor einem Spiegel.
    Christians Aussehen entsprach dem Typ des kalifornischen Surfers, und er war so gebräunt, dass er entweder viel Zeit in einem Sonnenstudio verbrachte oder ebenfalls Tiffanys Super Rich Everlasting Dream Bronce für sich entdeckt hatte und kiloweise in sein Gesicht spachtelte. Er war zweifelsfrei sehr gut aussehend, wenn man auf diesen Typ stand, was bei mir absolut nicht der Fall war.
    Ich wollte warten, bis Christian endlich den Blick von seinem Spiegelbild löste, aber das dauerte, obwohl er nichts anderes machte, als sich anzustarren. Plötzlich wirkte sein gut aussehendes Gesicht unzufrieden. Er fuhr langsam mit den Fi n gern durch sein blondes Haar, strich es zurück und betrachtete seinen Haaransatz , wobei sein Blick immer kritischer wurde .
    Endlich bemerkte er mich und musterte mich erstaunt.
    Ich ging lächelnd zu ihm hin. „Hallo. Du musst Christian sein. Ich bin Charis. Eine Vertraute.“
    „Sonst wärest du wohl kaum hier.“ Sein Blick zeigte Desinteresse. Und das war noch höflich ausgedrückt.
    „Ich dachte … weil wir beide Menschen sind ...“
    „Was?“
    Die Schärfe seines Tonfalls verwirrte mich. „Nichts“, sagte ich leise. Es gab wohl doch nichts, was wir gemeinsam hatten.
    „Wer ist dein Mentor?“
    „Damian.“
    Ein Namen, mit dem ich offensichtlich nicht punkten konnte, denn sein G e sichtsausdruck zeigte nun deutlich, dass er nicht länger gewillt war, Höflichkeit auch nur vorzutäuschen. Er wandte sich endgültig wieder dem Spiegel zu.
    Und da hatte ich geglaubt, dass wir eine ganze Menge gemeinsam hätten! Auf meinem Weg zurück zu Tiffany beeilte ich mich.
    Damian. Und nun auch Christian. Offensichtlich gab es nicht nur unter den Vampiren Riesenblödmänner.
     
    Am nächsten Abend war Unterricht für Vampire – nur für Vampire, weil es um Vampirangelegenheiten ging. Ich hatte also frei, und ich hasste es.
    Den ganzen Tag vertrödelte ich zu Hause mit unnützen Dingen, die ich in die Hand nahm und wieder fallen ließ. Ich surfte durchs Internet, öffnete zum ersten Mal seit Wochen meine Nachrichten und beantwortete keine einzige.
    Die Messer meiner Mutter zogen mich immer noch an, und ich starrte mehr als einmal auf die Schublade. Ich dachte an den körperlichen Schmerz. Ich wollte ihn, und ich fürchtete ihn. B rennenden und dumpfen Schmerz, der Angst und Schuld besänftigen würde.
    Sobald ich mich der Schublade näherte, hatte ich meine Eltern vor Augen, ihren traurigen und bekümmerten Blick. Aber noch häufiger Damians zorniges Gesicht. Oder ich hatte das Gefühl, er stehe hinter mir, dann spürte ich seinen durchdri n genden Blick im Nacken.
    Ich war wütend auf Damian. Er hatte mit vielem, was er gesagt hatte, recht g e habt. Doch seit unserem Gespräch ging es mir noch schlechter als vorher. Ve r flixt, ich wollte mich nicht mehr schneiden. E s war falsch, wie eine Sucht, mit der man seine Probleme nur verlagert e , anstatt sie zu lösen. Das hatte ich inzwischen im Internet gelesen. Aber was konnte ich stattdessen tun?
    Wenn ich mit den Siebzehn zusammen war, konnte ich mich ablenken. Aber sonst wusste ich nichts mit mir anzufangen, da war immer nur Schmerz. Auf der Kommode in der Diele stapelten sich ungeöffnete Briefe. Ich legte zwei neue hinzu. Sie machten mir Angst. Im Moment gab es nichts, was mir keine Angst machte. Ich hatte mir Unterlagen in Ordnern meines Vaters angesehen und Ko n toauszüge, die ich nicht verstand. Vielleicht hatte mein Onkel recht, denn ich fra g te mich, mit welchem Geld ich das Haus würde halten können.
    Als ich am Abend im Bett lag, drehte ich mich auf die Seite, zog die Knie an den Bauch und spürte Tränen, die

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