DGB 04 - Kreuzer Eisenstein
auszugleichen. Die dürfen uns nicht einholen!«
Das Schiff zitterte, die
Maschinen vibrierten, da sie bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit
belastet wurden, dann rief Sendek von seiner Station: »Wir tauchen in das Schwerkraftfeld
des Mondes ein, Hauptmann. Wir werden schneller.«
Mit einem angestrengten Keuchen
drückte Carya seine augmetische Hand zurück in ihren Sockel. »Ah, ab jetzt gibt
es kein Zurück mehr, Garro«, sagte er. »Nun werden wir ja sehen, ob Racel so
gut ist, wie ich es gesagt habe«
»Wenn sie mit ihren
Berechnungen nur um ein oder zwei Grad danebenliegt, wird von uns nichts übrig
bleiben als ein neuer Krater auf diesem Mond und ein paar Metallfetzen«, meinte
Decius mit finsterer Miene.
Der Mond füllte das gesamte
vordere Fenster aus. »Vertrauen wir auf sie«, erwiderte Garro.
»Lord, wir sind in das
Anziehungsfeld des Mondes geraten«, meldete Typhons Kapitän. »Unsere
Geschwindigkeit nimmt zu, daher würde ich unterwürfigst ein Ausweichmanöver
vorschlagen, damit ...«
»Wenn die Eisenstein uns
jetzt abhängt, dann verlieren wir sie«, gab der Erste Hauptmann energisch
zurück. »Dieses Schiff ist doch leistungsfähig genug, um sich aus dem
Schwerkraftfeld zu befreien, oder etwa nicht? Sie werden erst entsprechende
Maßnahmen einleiten, wenn ich das befehle. Keinen Augenblick früher.«
»Auf Ihr Kommando.«
Typhon sah den Waffenoffizier
wütend an. »Sie da! Wo sind meine Opfer? Ich will, dass diese Fregatte
ausgelöscht wird! Erledigen Sie das!«
»Lord, deren Schiff ist sehr
beweglich, während unsere Kanonen zum größten Teil starr installiert sind.«
»Ich will Ergebnisse, keine
Ausreden!«, kam die ungehaltene Antwort. »Führen Sie Ihre Befehle aus, oder ich
suche mir einen anderen Mann, der dazu in der Lage ist.«
Auf dem riesigen Bildschirm
über seinem Kommandothron sah Typhon Rauchfahnen und Trümmerteile von der Eisenstein und lächelte gehässig.
Racel Vought blinzelte, da ihr
Schweißtropfen in die Augen liefen, und drückte die Hände auf die flache
Kontrollkonsole. Das elfenbeinfarbene Licht, das vom Weißen Mond reflektiert
wurde, teilte die Brücke in helle Oberflächen und tiefschwarze Schatten. Es war
ein Totenleuchten, ohne eine Spur von Leben, und es schien ihr die Energie zu
entziehen. Sie atmete nervös ein. Das Leben der gesamten Besatzung lag jetzt in
ihren Händen, und alles hing nur von ein paar Zahlen ab, die sie in aller Eile
berechnet hatte, während Isstvan III vor ihren Augen starb. Sie fürchtete sich
davor, abermals einen Blick auf diese Berechnungen zu werfen, da sie nicht
ausschließen konnte, dass ihr vielleicht ein kapitaler Fehler unterlaufen war.
Es war besser, wenn sie das nicht wusste und sich stattdessen an dem Hauch von
Zuversicht festklammerte, der sie überhaupt erst auf diese Idee gebracht hatte.
Falls sie einen Fehler gemacht hatte, würde sie ohnehin nicht lange genug
leben, um ihn noch bedauern zu können.
In der Theorie klang das alles
schlüssig. Die Schwerkraft des dichten, an Eisen reichen Weißen Mondes hatte die Eisenstein bereits erfasst und zog sie runter auf die schroffe
Oberfläche.
Würde Vought nicht eingreifen,
wäre ein Absturz unvermeidlich, und sie würden tatsächlich einen neuen Krater
schaffen.
Ihr Plan beruhte auf
Orbitalmathematik und den physikalischen Gesetzen der Schwerkraft, einer
Wissenschaft, die zurückreichte bis in die Zeit, als die Menschheit ihre allerersten
Schritte ins All unternommen hatte, als Schub und Treibstoff noch kostbare
Güter gewesen waren. Im 31. Jahrtausend dagegen, in dem gewaltige Antriebe in der
Lage waren, Raumschiffe überall hinzubringen, wo sie hinmussten, fand solches
Wissen nicht mehr allzu oft Anwendung. Doch heute könnte es ihnen das Leben retten.
Racel schaute über ihre
Schulter und sah, dass Baryk und der Hauptmann der Death Guard sie
beobachteten. Sie hatte mit voreingenommenen, mahnenden Blicken gerechnet, doch
beide Männer strahlten Zuversicht aus, dass sie ihr Versprechen halten würde.
Sie nickte ihnen bestätigend zu, dann widmete sie sich wieder ihrer Konsole.
Sirenen warnten vor neuen
Salven aus den Geschützen der Verfolger, aber Racel ignorierte sie einfach und
konzentrierte sich ganz auf ihre komplexe Aufgabe. Es gab keinerlei Spielraum
für Fehler. Während sich die Eisenstein der Mondoberfläche näherte,
sollte der Antrieb das Schiff durch das Schwerkraftfeld des Satelliten führen und
dessen Energie nutzen, um die Fregatte auf
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