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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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Zahariels Geist, und wieder musste er an das heimliche
Treffen in der vergangenen Nacht denken. Als ihm einfiel, was dort geäußert
worden war, verzog er unwillkürlich das Gesicht. Aber es beruhigte ihn, dem
gefährlichen Gerede gerade noch rechtzeitig ein Ende gesetzt zu haben, indem er
den ehrlosen Kriegern damit gedroht hatte, den Löwen einzuweihen.
    Beim Anblick seiner glänzenden
Rüstung teilte sich die Menge vor ihm, und er nickte anerkennend, dass ihm als
Ordensritter so viel Respekt entgegengebracht wurde.
    Die Vorfreude der Menschen
ringsum ließ sich fast mit Händen greifen, und die Begeisterung sprang so
mühelos auf ihn über, dass es ihm wie eine elektrische Ladung vorkam, die durch
seinen Körper strömte. Alle hier Versammelten standen kurz davor, einem
historischen Ereignis beizuwohnen. Dann hatte er den äußeren Kreis der Ritter
erreicht, die den Löwen umgaben, und spürte, wie sich sein Puls beschleunigte.
Obwohl er deutlich jünger war als die meisten, machten sie ihm dennoch
respektvoll Platz, so dass er in den freien Raum zwischen dem äußeren und dem
inneren Kreis gelangen konnte.
    Die hochrangigen Meister des
Ordens scharten sich wie Anwärter um den Löwen, denn trotz ihres erhabenen
Gebarens wirkten sie neben dem mächtigen Krieger in ihrer Mitte wie Kinder.
    Zahariel zweifelte nicht daran,
dass Lion El'Jonson das begabteste und bemerkenswerteste menschliche Wesen war,
das je gelebt hatte. Wenn er den Löwen ansah, überkam ihn immer das gleiche
Gefühl: eine überwältigende Präsenz, die sich wie durch eine mystische Osmose
in seinen Schädel zu drücken schien, um Wohlgefühl und Vertrauen zu schaffen.
    Vor allem aber nahm er noch
etwas ganz anderes wahr ...
    Ehrfurcht. Er verspürte
Ehrfurcht.
    Der Löwe war beeindruckend. Ein
Gigant mit fast drei Metern Körpergröße, bei dessen Anblick man unweigerlich
glaubte, er sei aus einem ganz anderen Holz geschnitzt als die Mehrheit der
Menschen. Sein Körper war absolut perfekt proportioniert und stand genau im richtigen
Verhältnis zu seiner Größe. Er war von kraftvoller Statur, geschmeidig und
gelenkig und zugleich muskulös.
    Während auf Caliban fast jeder
schwarzhaarig war, fiel der Löwe sofort durch den rötlich-goldenen Schein seiner
Haare auf. Doch wenn man das Augenmerk auf die inneren Eigenschaften richtete,
verblassten seine körperlichen Besonderheiten zur Bedeutungs-losigkeit. Jonson
strahlte eine Aura von solch unwiderstehlicher Autorität aus, dass es vom
ersten Moment an klar gewesen war, wieso Sar Luther ihm den Namen »Löwe«
gegeben hatte.
    Kein Begriff hätte ihn besser
beschreiben können. Er war der Löwe.
    Als Zahariel näher kam, drehte
er sich um und nickte ihm zu, um wortlos die Bruderschaft anzuerkennen, die zwischen
ihnen bestand.
    Zahariel begrüßte seine
Kameraden — Ritter, in früheren Jahren ferne, unerreichbare Autoritätspersonen.
Jetzt waren sie seine Brüder, und sein früheres Leben der Bedeutungslosigkeit
lag hinter ihm. Sein neues Leben als Mitglied des Ordens hatte mit Blut
begonnen, und ganz sicher würde es damit auch enden.
    »Dann wären wir ja endlich
vollzählig«, ließ Lord Cypher unüberhörbar ungeduldig verlauten. »Wir können gehen.«
    »Es gibt keinen Grund zur
Eile«, sagte der Löwe, dessen tiefe, melodische Stimme jedem unter die Haut gehen
musste.
    »Mein ... der Imperator ist
noch nicht eingetroffen.«
    »Dennoch sollten wir bereit
sein«, entgegnete Lord Cypher.
    »Wie immer müssen die
angemessenen Traditionen und Proto-kolle beachtet werden. In diesen Zeiten des
Wandels ist das sogar noch wichtiger.«
    Als er den neuen Lord Cypher
reden hörte, lächelte Zahariel und bemerkte einen amüsierten Blick des Kriegers,
der neben dem Löwen stand.
    Sar Luther war Jonsons Gefährte
und engster Bruder, seit er ihn als Wilden im Wald gefunden hatte. Luther, an
sich von großer Statur, schrumpfte neben dem Löwen zum Zwerg, doch seine Miene
verriet, dass er seinem mächtigeren Bruder nichts nachtrug.
    »Bereit?«, fragte Luther.
    »Mein Gefühl sagt mir, es
könnte ein interessanter Tag werden.«
    »Interessant ...«, murmelte
Zahariel.
    »Aber hoffentlich nicht zu
interessant.«
    »Was hast du gesagt?«, fragte
Luther.
    »Nichts«, erwiderte er. »Ich
habe nur vor mich hingeredet.«
    Luther musterte ihn fragend und
merkte, dass die Worte mehr zu bedeuten hatten, als Zahariel verraten wollte. Doch
er ließ ihm sein Geheimnis.
    »Kommt«, rief Lord Cypher. »Es
wird

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