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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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mir glauben,
dass ich stolz sein werde, euch alle zu führen, aber im Grunde habe ich das
bislang auch schon gemacht, nur trug ich nicht den dazugehörenden Titel. Und
was ist mit dir? Fühlst du dich jetzt anders, nachdem du Ritter bist?«
    »Selbstverständlich.«
    »Inwiefern?«
    Einen Moment lang war Zahariel
verunsichert und wusste gar nicht so genau, wie er sich eigentlich fühlte. Schließlich
antwortete er: »Geehrt. Stolz auf das, was ich geleistet habe. Anerkannt.«
    »Das sind alles gute
Empfindungen«, bestätigte der Löwe. »Aber du bist immer noch der gleiche
Zahariel, der du warst, bevor du die Bestie getötet hast. Du hast eine Linie
überschritten, doch das hat dich nicht verändert. Vergiss das nicht. Ein Mann
kann noch so viele hochtrabende Titel verliehen bekommen, doch er darf sich
dadurch nicht verändern lassen. Sonst werden sein Ego, sein Stolz und sein
Ehrgeiz für ihn den Untergang bedeuten. Ganz gleich, wie bedeutend ein Titel
auch ist, den man dir verleiht, du musst stets dir selbst treu bleiben.
Verstehst du das?«
    »Ich glaube schon, mein Lord.«
    »Ich will es für dich hoffen,
denn man kann es sehr leicht vergessen. Das gilt für uns alle.«
    Der Löwe beugte sich
verschwörerisch vor und fuhr fort: »Wusstest du, das uns beide eine
Bruderschaft verbindet, die kein anderer auf Caliban mit uns teilen kann, Zahariel?«
    »Tatsächlich?«, gab der
verdutzt und geschmeichelt zurück.
    »Was denn für eine
Bruderschaft?«
    »Wir sind die einzigen Krieger,
die einen calibanischen Löwen getötet haben. Alle anderen, die es versucht
haben, sind tot. Eines Tages wirst du mir erzählen müssen, wie es dir gelungen
ist, deinen Löwen zu töten.«
    Als ihm die Bedeutung seiner
Leistung bewusst wurde, verspürte Zahariel berechtigten Stolz. Die Geschichte, wie
Lord Jonson einen calibanischen Löwen besiegt hatte, wurde auf einem der
Fenster des Rundsaals dargestellt, doch bis zu diesem Moment war ihm selbst gar
nicht klar gewesen, dass er die Begegnung mit einer fast einzigartigen Bestie
überlebt hatte.
    »Ich fühle mich geehrt, diese
Bruderschaft mit Ihnen zu teilen, mein Lord.« Dabei beugte Zahariel den Kopf.
    »Es ist eine Bruderschaft, die
immer nur aus dir und mir bestehen wird«, sagte der Löwe. »Es gibt auf ganz Caliban
niemanden sonst, der das von sich behaupten kann. Die großen Bestien sind fast
ausgerottet, und es wird sie nie wieder geben. Ein Teil von mir findet, ich sollte
darüber traurig sein — eine Ausrottung ist etwas so Endgültiges, nicht wahr?«
    »Diese Bestien existieren nur,
um zu töten. Warum sollten wir sie dann nicht ausrotten? Gäbe es die
Ritterorden nicht, würden sie das Gleiche mit uns machen.«
    »Richtig. Aber tun sie das,
weil sie böse sind, oder wurden sie einfach nur so geschaffen?«
    Zahariel dachte zurück an die
Bestien, gegen die er gekämpft hatte. »Ich weiß nicht, ob sie an sich böse
waren, aber jedes Mal, wenn ich einer von ihnen gegenübertrat, konnte ich in
den Augen etwas entdecken ... ich ... weiß nicht ... so etwas wie ein Verlangen
zu töten. Es war mehr als nur animalischer Hunger. Etwas ... etwas stimmt nicht
mit ihnen.«
    »Du bist sehr scharfsinnig,
Zahariel«, sagte Jonson. »Es stimmt tatsächlich etwas nicht mit den Bestien.
Was es ist, weiß ich nicht, aber sie sind nicht bloß eine andere Spezies, so
wie Pferde, Füchse oder wir Menschen. Sie sind widernatürlich. Missgestalten,
die aus einer Rasse entstanden sind, die nicht den nötigen Anstand besaß, aus
eigenem Ansporn auszusterben. Kannst du dir vorstellen, wie es sein muss, wenn
man eine so einzigartige Kreatur ist? Wenn man auf einer animalischen, instinktiven
Ebene weiß, dass man ganz allein ist und dass sich daran nie etwas ändern wird?
Das muss einen in den Wahnsinn treiben. Diese Bestien wurden nicht nur von
ihrem Hunger angetrieben, sondern ihre eigene Einzigartigkeit hatte sie
verrückt werden lassen. Glaub mir, Zahariel, wir tun ihnen einen Gefallen, wenn
wir sie ausrotten.«
    Zahariel nickte und trank einen
Schluck Wein. Die Worte fesselten ihn so sehr, dass er es nicht wagte, ihn zu
unterbrechen. Eine auffällige Melancholie hatte sich in die Worte seines
Führers eingeschlichen, als komme ihm eine ferne Erinnerung ins Gedächtnis, die
sich aber immer ein winziges Stück jenseits seiner Wahrnehmung bewegte.
    Dann war diese Melancholie
plötzlich verschwunden, als sei dem Löwen bewusst geworden, wie unbedacht seine
Worte gewesen waren.
    »Natürlich wird es

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