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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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verlief.«
    »Die haben ihre eigenen Brüder
im Stich gelassen?«, fragte Nemiel überrascht.
    »Das erzählt man sich«, bestätigte
Zahariel. »Ich kann mir vorstellen, dass es für sie schwierige und freudlose Jahre
gewesen sein müssen, zumal sich mit jeder Saison nur noch eine Handvoll Jungs
fand, die von ihnen als Anwärter aufgenommen werden wollten. Die Ritter des Lupus-Ordens
sahen sich mit der Gefahr konfrontiert, in wenigen Jahren könnte ihr Orden
aufhören zu existieren.«
    »Wie traurig«, merkte Nemiel
an, »dass sie einfach verschwinden und in Vergessenheit geraten könnten. Wenn
sie wenigstens in einer großen Schlacht einen heldenhaften Tod sterben
dürften.«
    »Ihr solltet sie noch nicht
abschreiben«, warf Bruder Amadis auf, der sich zu ihnen gestellt hatte. »In
einer Bestie erwachen ungeahnte Lebensgeister, wenn sie sich in die Ecke
gedrängt fühlt.«
    »Bruder Amadis, ich habe eine
Frage«, sagte Nemiel. »Ja? Stell sie, aber beeil dich. Sartana wird jeden
Moment eintreffen.«
    »Zahariel sagt, dass die Ritter
des Lupus-Ordens fast keine Anwärter mehr haben und ihre Zahl immer weiter
schrumpft.«
    »Das ist keine Frage«, konterte
Zahariel.
    »Das weiß ich«, gab Nemiel
zurück. »Was ich eigentlich sagen will ... ist es nicht ein wenig ... na ja,
dreist gegenüber Lord Sartana so sehr mit den Anwärtern des Ordens zu prahlen?«
    Amadis lächelte ihn an. »Sehr
gut beobachtet, junger Nemiel.«
    »Und warum machen wir das
dann?«
    »Das ist eine gute Frage,
deshalb werde ich sie dir auch beant-worten. Es ist nicht davon auszugehen,
dass Lord Sartana mit einem versöhnlichen Angebot zu uns kommt. Ich glaube, der
Löwe und Luther wollen ihm vor Augen führen, zu welcher Macht der Orden in den nächsten
Jahren heranwachsen wird.«
    »Und wenn Lord Sartana den
Eindruck bekommt, dass es zu nichts führt, sich uns zu widersetzen, wird er sich
eher mit unserem Feldzug in der Norderwildnis einverstanden erklären«, führte
Zahariel das Argument zu Ende.
    »Ja, in diese Richtung geht
es«, stimmte Amadis zu. »Und nun seid ruhig, es geht gleich los.«
    Zahariel sah zum östlichen
Klostertor, durch das zwei Reihen Bannerträger hereinmarschiert kamen. Ihre
Kapuzen hatten sie über den Kopf gezogen, so dass die Gesichter in Schatten
getaucht waren. Mit finsterer Entschlossenheit betraten sie den Saal, teilten
sich und stellten sich so auf, dass sie einen Ring aus Bannern um die Saalmitte
bildeten.
    Die Banner wurden in
Aussparungen im Fußboden geschoben, dann knieten die Träger dahinter nieder und
neigten die Köpfe, da die Meister des Ordens eintraten.
    Der Löwe und Luther betraten
den Saal, beide trugen sie ihre strahlende schwarze Rüstung und dazu wallende
weiße Umhänge, die mit Bronzesteckern an den Schultern gehalten wurden. Neben
dem Löwen wirkte Luther wie immer verschwindend klein und unbedeutend, doch für
Zahariel waren sie beide aus dem gleichen edlen Holz geschnitzt. Der Löwe hatte
eine finstere Miene aufgesetzt, während Luther einen neutralen Gesichtsausdruck
zur Schau stellte. Bei genauerem Hinsehen konnte Zahariel jedoch an den Falten
rings um die Augen und an den Mundwinkeln erkennen, wie angespannt der Mann
eigentlich war.
    Die Ordensritter erhoben sich
beim Anblick ihrer heroischsten Brüder von ihren Bänken, dann schlug jeder mit
der Faust auf seinen Brustpanzer, was zu einem ohrenbetäubenden Lärm führte,
mit dem die Ritter ihren Respekt vor den beiden bekundeten.
    Die höherrangigen Ordensritter
begleiteten Lion und Luther, darunter auch Lord Cypher und andere Krieger, die
mit der Führung großer Armeen Erfahrung besaßen. Es schien, als sollte das hier
weit mehr als eine Machtdemonstration werden. Vielmehr wirkte es wie ein
unverhohlenes Säbelrasseln an die Adresse der Ritter des Lupus-Ordens. Ein
Krieger in glänzender bronzener Rüstung und einem langen Umhang aus Wolfsfell
ging neben Luther her. Der Schädel sowie der Oberkiefer des Tiers waren in die
obere Hälfte des Helms eingearbeitet worden, die Vorderpfoten dienten dazu, den
Umhang auf den Schultern zu halten.
    Das war also Lord Sartana, ein
mächtiger Mann mit wetter-gegerbtem, altem Gesicht und einem weit
herabhängenden, silbergrauen Schnurrbart. Seine grauen Augen verschwanden fast
unter den schweren Lidern, seine Miene sprach für seine Verärgerung. Ihm war längst
klar, was diese unverhohlene Zurschaustellung des Ordens bezwecken sollte. Die
Krieger in Wolfsfellen begleiteten ihn, jeder mit einem

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