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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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zumal
es nicht zu übersehen war. Aber als er ihn jetzt erblickte — das Schwert mit
Blut beschmiert, die Haare offen und wallend, das Leuchten des Gefechts in
seinen Augen —, da wurde ihm bewusst, dass dieser Mann nicht nur körperlich
größer, sondern auch überlebensgroß war und alles andere hinter ihm zurücktrat.
Kein noch so mächtiger Mensch würde es jemals mit dem Ruhm des Löwen aufnehmen
können.
    Vom Feuer der Schlacht umrahmt,
war der Löwe die wunder-vollste und zugleich erschreckendste Erscheinung, die
Zahariel je gesehen hatte.
    Ohne Pause führte der Löwe
seine Männer zu der Bestie, die keinen Moment zögerten und auch keine Angst zeigten.
Als hätte die Kreatur gespürt, dass ein würdiger Gegner die Bühne betreten
hatte, drehte sie den Kopf und betrachtete den Großmeister des Ordens.
    Sar Luther nutzte diese
Reaktion, nahm einem der Ritter den Speer ab und machte einen Satz nach vorn, rollte
unter dem nach ihm schnappenden Maul hindurch und holte mit dem Speer aus.
    Im gleichen Moment sprang der
Löwe auf die Echse zu und zielte mit dem Schwert auf ein Auge. Die Kreatur riss
den Kopf herum, um der Klinge auszuweichen, doch in dieser Sekunde trieb Luther
die Speerspitze in das weiche Fleisch an ihrer Kehle.
    Die Bestie stieß einen
nervenzerfetzend schrillen Ton aus, der alle Ritter auf dem Burghof erstarren
ließ. Die Männer sanken auf die Knie und pressten die Hände gegen ihre Helme,
während sich der Schrei durch ihre Schädel bohrte. Sogar Luther, der unter der
Kreatur eingeklemmt war, stand unter der Wirkung dieser verheerenden
Schwingungen, hielt aber den Speer mit einer Hand weiter fest. Blut strömte mit
der Kraft einer getroffenen Arterie aus dem Hals der riesigen Echse und ergoss sich
über den Stellvertreter des Löwen.
    Zahariel spürte, wie ihm Blut
aus den Ohren lief, da sich der Schrei der Bestie bis in sein Gehirn bohrte.
Vor seinen Augen verschwamm alles, sie tränten, aber er zwang sich, sie offen
zu halten. Was er zu sehen bekam, war absolut außergewöhnlich.
    Während sich die Ordensritter
vor Schmerzen wanden, schienen dem Löwen die Schreie der Kreatur nichts auszumachen.
Vielleicht waren seine Sinne ausgeprägter als die seiner Krieger, oder er war
widerstandsfähiger. Welchen Grund es auch geben mochte, es bestand kein Zweifel
daran, dass er sich nicht daran störte.
    Der Löwe sprang auf den Rücken
der Bestie und fand an den Wucherungen auf deren Leib mit Händen und Füßen
Halt. Das Monster warf sich hin und her und zog dabei Luther mit, der sich
krampfhaft an dem Speer festhielt.
    Trotz der Schmerzen, die ihm
Tränen in die Augen trieben, wusste Zahariel, dass es eine Ehre war, seinen beiden
Brüdern zusehen zu können, wie die die Bestie überwältigten. Er beobachtete,
wie der Löwe das Schwert hob, die Spitze nach unten richtete und sie dann in
den Schädel trieb.
    Niemand außer dem Löwen hätte
das schaffen können — niemand anders besaß so viel Kraft.
    Die Klinge bohrte sich bis zum
Heft in den Kopf der Bestie. Ihre Bewegungen erstarben, und gleichzeitig
verstummte auch das gellende Kreischen, das sie alle hatte handlungsunfähig
werden lassen.
    Plötzlich bäumte sich die
Kreatur noch einmal auf und warf den Löwen ab. Der Speer wurde Luther aus der
Hand gerissen, und er brachte sich auf allen vieren vor der Echse in
Sicherheit, deren Blut sich auf seiner Rüstung verteilt hatte.
    Die jäh einsetzende Stille war
befremdlich. Es erinnerte an die abrupte Ruhe nach einem verheerenden Unwetter,
das mit einem gewaltigen, apokalyptischen Donnerschlag von einer Sekunde auf
die andere vorüber war.
    Nach und nach erhoben sich die
Ritter von den blutverschmierten Steinplatten auf dem Burghof; sie konnten noch
immer nicht fassen, welche Dimensionen die soeben miterlebte Schlacht gehabt
hatte.
    Die Bestie bewegte sich in
einem letzten reflexartigen Atemzug, dann rührte sie sich nicht mehr.
    Lion El'Jonson kam hinter der
Kreatur zum Vorschein, und bei seinem Anblick begannen die Ritter vor Freude zu
johlen.
    »Jonson! Jonson! Jonson!«
    Während Zahariel zusah, wie der
Löwe die Jubelrufe ent-gegennahm, rappelte sich Luther aus dem See aus Blut
auf, in dem er gelandet war. Irgendwann im Verlauf des Kampfs hatte Luther
seinen Helm verloren, und so war nur sein Gesicht frei von Blutflecken
geblieben.
    Der Jubel für den Löwen hielt
an, und Zahariel sah den flüchtigen Ausdruck von Eifersucht über Luthers Gesicht
huschen. Genau genommen war sich Zahariel gar

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