DGB 07 - Legion
wieder.«
»Hurtado? Ich habe dich was
gefragt.«
»Ich habe Urlaub bekommen«,
antwortete Bronzi und lehnte sich zurück. Wenn es auf Nurth dunkel wurde, dann
sanken auch die Temperaturen rapide. Die Luft war inzwischen sehr kalt
geworden, die Dunkelheit näherte sich ihnen wie die plätschernden Wellen eines
schwarzen Sees. Sie saßen um die Lampen und Torföfen herum, während sie sich
unterhielten. »Ein Fünftagepass, unterschrieben von Uxor Honen persönlich. Ich
wollte nur herkommen, um nach dir zu sehen.«
»Das ist es nicht«, widersprach
Soneka.
»Warum ist es das nicht?«
Soneka lächelte und winkte Lon
zu, damit der ihnen eine neue Flasche brachte. »Seit wann führt Hurtado Bronzi
mal nichts im Schilde?«
»Das tut weh, Peto, das tut
richtig weh. Kann ich nicht völlig selbstlos herkommen, nach einem alten Freund
sehen und mich nach seinem Befinden erkundigen?
Soneka sah ihn nur an und
lächelte ironisch, da er auf die Pointe wartete.
»Also gut«, räumte Bronzi
schließlich ein.
»Es gab noch etwas anderes.«
»Verzeihen Sie, Het«, mischte
sich eine Stimme ein.
Sie schauten hoch und sahen den
Adjutanten vor sich stehen, dessen Zeit und Geduld sie beim Spiel am Nachmittag
gründlich strapaziert hatten.
»Ja?«, fragte Soneka.
»Der medizinische Stab bittet
die Störung zu entschuldigen, mein Herr, aber sie hat einen toten Dancer und
bittet Sie, ihn zu identifizieren.«
Casevac hatte den Leichnam zum
Kühlraum am anderen Ende des Visages-Lager gebracht. Der Raum befand sich in
einem langen Backsteingebäude, das man mit etlichen Kühleinheiten ausgestattet
hatte. Soneka und Bronzi gingen durch die kühle Nacht und waren sich bewusst,
dass die Sterne am Himmel über ihnen wie Staubkörner auf einem Kopftuch
wirkten.
Die tiefgekühlten, starren
Geno-Leichen lagen wie Brennholz aufeinandergestapelt im Inneren. Jede war in
eine Plastek-Plane gewickelt worden. An einem Ende des Stapels ragten nackte,
blasse Füße heraus, an den Zehen hingen Schilder, die jeden Toten
identifizierten. Die Hets gingen an ihnen vorbei und ignorierten den intensiven
Gestank der Chemikalien, mit denen man die Toten einbalsamiert hatte.
Der fragliche Tote wartete im
nächsten Raum auf sie. Er war noch nicht konserviert worden und lag auf der Edelstahltrage,
die mit Auffangschalen versehen war, um die Flüssigkeiten zu sammeln, die noch
aus der Leiche austraten. Der Mann hatte einige Wochen in der Wüste gelegen und
war völlig aufgebläht gewesen. Das Gesicht war eine einzige rohe, schwärzliche
Masse, bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Die Uniform war zerfetzt und
ausgebleicht, der Rumpf schlaff und eingefallen.
Soneka und Bronzi standen im
kalten Licht und schauderten, als sie den Leichnam betrachteten.
»Diesen Dancer kenne ich
nicht«, erklärte Soneka. Jedes Wort wurde von Wölkchen begleitet, sobald sein Atem
mit den Minusgraden der Luft im Kühlraum in Berührung kam.
»Oh, aber er ist ganz sicher
einer von Ihren Leuten, Het«, beharrte Ida vom medizinischen Stab. Sie war eine
große Frau und trug einen langen OP-Kittel, darüber eine Schürze, die mit
diversen Flecken übersät war. In ihrer Jugend war sie eine Gefechts-Uxor
gewesen, doch Alter und Erfahrung hatten sie dazu gebracht, im medizinischen
Zweig aufzusteigen, da ihre Wahrnehmungs-fähigkeit nachzulassen begann. Bronzi überlegte,
ob Ida ihrer Zeit als Uxor nachtrauerte, als sie noch die Befehlsgewalt über
Geno-Männer hatte. Nach ihrem Tonfall zu urteilen, musste es wohl so sein.
»Ist er nicht«, konterte Soneka
und sah wieder auf den Leichnam.
»Also, ich weiß nicht, woran
Sie das erkennen können, mein Herr«, sagte Ida. »Sein Gesicht ist nicht mehr
da.«
»Er würde es wissen«,
versicherte Bronzi ihr.
»Wo wurde er gefunden?«, wollte
Soneka wissen und legte dabei eine Hand auf die Schulter des Toten. Ein Tuch
war über den Bauch gelegt worden, um zu verdecken, was bei der Autopsie mit ihm
gemacht worden war.
»Im Wadi bei Tel Utan«,
antwortete Ida.
Soneka schüttelte den Kopf. »Er
gehört nicht zu mir. Ich vermisse niemanden. Die Listen habe ich schon vor Wochen
erhalten.«
»Aber er trägt
Dancer-Abzeichen«, hielt Ida dagegen.
»Sehen Sie hier, die Anstecker
am Kragen, und hier die Brosche.« Sie deutete auf die jeweiligen Stellen. »Und er
ist wie ein Dancer gekleidet.«
»Haben Sie bereits das Gewebe
verglichen?«, fragte Soneka.
»Noch nicht«, räumte sie ein.
»Dann werden Sie die Wahrheit
sehen können. Er
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