DGB 07 - Legion
»Für
Raumschiffe?«, wiederholte sie ungläubig.
Er ging ein kleines Risiko ein,
wenn er diese Information mit ihr teilte, doch sein Verstand war bestens geschult,
um Daten zu ordnen und zu bewerten. Er wusste genau, was er verraten konnte und
was er verschweigen musste. Seiner Ansicht nach machte es nicht viel aus, wenn
die Imperialen erfuhren, dass Mon Lo früher einmal ein extraplanetarer
Landeplatz gewesen war. Tatsächlich handelte es sich um eine Haltestätte. Die
Kabale suchte vor langer Zeit regelmäßig diese Welt auf, und nur deshalb
wussten sie auch von der nurthenischen Kultur.
»Für Raumschiffe, Uxor«,
bestätigte er. »Ganz sicher?«, fragte sie.
»Absolut sicher«, erwiderte er.
»Ich habe exzellente Quellen.«
»Und wenn Sie
>ursprünglich< sagen, Konig, was bedeutet dann ursprünglich?«
»Das bedeutet eine Zeit
zwischen achttausend und zwölftausend Jahren, also genügend Zeit für den
Meeresspiegel, sich zu ändern, so dass sich ein riesiger, aus dem Fels
gehauener extraplanetarer Hafen mit Wasser füllt und zu einem traditionelleren
Hafen wandelt.«
Eigentlich waren es genau
11.826 Jahre, und die Bauzeit hatte achtzehn Monate betragen. Grammaticus hielt
es für angebracht, die Genauigkeit seines Wissens zu verschweigen.
Die Adjutantinnen redeten alle
gleichzeitig los. »Damit würde die Errichtung in das Zweite Zeitalter der
Technologie fallen«, sagte eine.
»Um die Zeit des Erstkontakts
und der ersten Kriege gegen Nichtmenschen«, meinte eine andere.
»Gibt es Hinweise darauf,
welche Xeno-Form dafür verant-wortlich sein könnte?«, fragte die nächste.
»Ist den Nurthenern dieser
Ursprung bekannt?«, wollte Tuvi wissen.
»Tuvi stellte die beste Frage«,
urteilte Grammaticus und setzte dem wilden Geplapper ein Ende. »Ob es ihnen
bekannt ist? Nun, ich glaube nicht. Es existieren Mythen und Legenden, wie bei
jeder Kultur, und manche enthalten Elemente, die man so deuten kann, dass es
sich bei ihnen womöglich um Erinnerungen an einen Xeno-Kontakt oder eine
Xeno-Intervention handelt. Aber bis zum Eintreffen der 670. Expedition glaubten
die Nurthener, sie seien allein in der Galaxis. Bedenken Sie, den Nurthenern
ist nicht mal klar, dass ihre Vorfahren Kolonisten von Terra sind.«
»Das ist das wahre Elend an
diesem Krieg«, warf Rukhsana ein.
»Sie erkennen in uns nicht ihre
Verwandten.«
Grammaticus spürte ihr
Unbehagen. Verwandtschaft war für die Geno-Uxoren von großer Bedeutung. Diesen
Aspekt des Großen Kreuzzugs hatte er schon immer als besonders problematisch
empfunden. In ihrer Jugend hatte sich die Menschheit auf den Weg zu den Sternen
gemacht und Tausende Welten kolonisiert, wodurch die erste stellare
Gemeinschaft der Menschen entstanden war. Dann brach das Zeitalter des Haders
an, und fast fünftausend Jahre lang hatten Warpstürme interstellare Reisen
unmöglich gemacht. Die weit entlegenen Regionen der Gemeinschaft waren abgetrennt
und isoliert worden, und im Zuge dieser Aufregung hatten viele Ableger schlicht
vergessen, wer sie waren und woher sie kamen. Und das traf auch auf Nurth zu.
Als der Imperator — dessen
Existenz die Kabale schon lange vorausgesehen hatte — schließlich die
anarchischen Elemente Terras geeint hatte, begann er den so zutreffend
betitelten Großen Kreuzzug, um die verlorenen Außenposten der menschlichen
Rasse aufzusuchen und wieder in die Gemeinschaft einzugliedern.
Es war erstaunlich, in wie
vielen Fällen sich diese verlorenen Welten ihrer Rückführung widersetzten. Und
man konnte sich nicht vorstellen, wie oft die Expeditionsflotten gezwungen
gewesen waren, gegen jene Kulturen Krieg zu führen, die zu retten sie
eigentlich aufgebrochen waren. Kulturen, die nach dem Sprachgebrauch des
Imperators folgsam gemacht werden sollten.
Offiziell hieß es stets, dass
es nur ihrem eigenen Wohl zugute kam.
John Grammaticus war dem
Imperator einmal begegnet, vor fast genau tausend Jahren. Damals war der
Imperator nur einer von vielen feudalen Kriegsherrn gewesen, der seine
gepanzerten Truppen anführte, um seine frühen, im Zeitalter des Haders
errungenen Siege zu festigen. Außerdem wollte er den Weg ebnen, der schließlich
zur Vereinigung führen sollte. Grammaticus war Frontoffizier bei den Caucasian
Levvies gewesen, einer bedeutenden Streitmacht, die durch Waffenstillstand und
Pakt verführt worden war, den Angriff des Imperators auf den territorialen Besitz
des Pan-pazifischen Tyrannen Dume zu unterstützen.
Nach einer blutigen
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