DGB 07 - Legion
Eroberung
bei Baktria war Grammaticus einer von hundert kaukasischen Offizieren, die zum
Triumph bei Pash eingeladen wurden, veranstaltet vom Gefolge der
Donner-und-Blitz-Armee. Während der Festlichkeiten war der Imperator — der
bereits zu jener Zeit nur unter diesem unannehmbaren Namen bekannt war — majestätisch
von Tisch zu Tisch gegangen, um seinen Verbündeten und den Führern der Söldnerclans
persönlich zu danken. Grammaticus war einer von Hunderten gewesen, dem der Mann
die Hand schüttelte. Bei diesem kurzen Kontakt hatte er erkannt, warum der Imperator
eine Macht darstellte, die nicht unterschätzt werden durfte: ein Psioniker von
überragender, unvorstellbarer Kraft, der nach allen zeitgenössischen Maßstäben
eigentlich kein Mensch mehr war. Grammaticus, der nie jemanden kennengelernt
hatte, der war wie er selbst, war erschauert und sich vorgekommen wie eine
Drohne, die dem König ihres Schwarms gegenüberstand. Der Imperator hatte Grammaticus
bei dem gleichen flüchtigen Kontakt gespürt und daraufhin gelächelt.
»Sie haben einen guten
Verstand, John«, hatte er gesagt, ohne Grammaticus erst nach seinem Namen
fragen zu müssen. »Wir sollten uns unterhalten und die Möglichkeiten abwägen,
die Wesen wie uns offenstehen.«
Bevor es zu einer solchen
Unterhaltung hatte kommen können, war Grammaticus gestorben. Es war dieser
schmerzhafte und völlig unnötige erste Tod gewesen.
Rückblickend fragte er sich, ob
es ihm wohl je gelungen wäre, Einfluss auf den vom Imperator eingeschlagenen
Weg auszuüben, hätte er damals weitergelebt. Nein, davon war eher nicht
auszugehen. Selbst damals, in jenem kurzen Augenblick, als sie sich begegneten,
war klar erkennbar gewesen, dass der Imperator niemals von seinem Weg des
verheerenden Blutvergießens abweichen würde. Eines Tages würde er die
fürchterlichsten Tötungsmaschinen überhaupt auf die Galaxis loslassen: die
Astartes.
Wie ironisch, dass Grammaticus'
gegenwärtige Aufgabe ausgerechnet darin bestand, eine Kooperation mit einer
dieser furchterregenden Astartes-Legion auszuhandeln. Gahet hatte einmal ihm
gegenüber angemerkt, der Imperator sei der einzige Mensch, der jemals eine nützliche
Ergänzung des inneren Kreises der Kabale gewesen wäre. »Er besitzt Weitsicht«,
hatte Gahet gesagt. »Er versteht den gewaltigen, langsamen Kreislauf, und er
hat nichts dagegen, ihm seinen Lauf zu lassen. Er weiß die epochale Dynamik des
wahren und umfassenden Wandels zu würdigen.«
»Bist du ihm je begegnet?«,
hatte Grammaticus gefragt.
»Nein, John, nie.«
»Dann kannst du dir nicht
vorstellen, was für ein blutrünstiger Bastard er in Wahrheit ist.«
Gahet hatte gelacht. »Das mag
schon sein, aber ihm ist bewusst, dass der Urtümliche Zerstörer der wahre Feind
ist. Vielleicht benötigen wir ja einen blutrünstigen Bastard, der auf unserer
Seite steht.«
»Konig?«
»Tut mir leid, Uxor«, sagte
Grammaticus.
Rukhsana lächelte ihn vom
anderen Ende des Tischs an.
»Sie waren in Gedanken
woanders.«
»Stimmt. Ich bitte um
Entschuldigung. Wo war ich ...? Ah, ich bin der Ansicht, dass dieser
extraplanetare Hafen von einer Xenos-Rasse einige Hundert Jahre vor der Ankunft
der ersten menschlichen Kolonisten auf dieser Welt angelegt wurde. Was die
Nurthener angeht, so hat es diesen Hafen schon immer gegeben.«
»Also ist das nur eine
faszinierende Episode, die keine Auswirkung auf unsere Gefechtseinschätzung hat?«
»Ja, richtig. Aber trotz ihrer
provinziellen Einstellung stehen sie extraplanetaren Angelegenheiten nicht
gänzlich gleichgültig gegenüber. Sie haben immer in der Angst vor einem
Erstkontakt gelebt und sich davor gefürchtet, Wesen von anderen Welten könnten
sie entdecken. Ihrer Doktrin zufolge beweist unsere Ankunft die Allgegenwart
des Bösen. Es ist nicht möglich, vernünftig mit ihnen zu reden.«
»Überhaupt nicht?«
»Nein, Uxor. Überhaupt nicht.«
Er wollte ihr sagen, dass sie
es mit einer menschlichen Kultur zu tun hatten, die der Verderbnis durch den
Urtümlichen Zerstörer anheimgefallen war, aber er wusste, sie würde nicht
verstehen, was Chaos wirklich bedeutete. Das war den wenigsten Menschen klar.
Grammaticus schon, denn er
hatte den Visus der Kabale geteilt — unterbewusst war ihm klar, dass der
Imperator das nur zu gut wusste.
Warum aber hatte er dann seinen
Kindern nichts davon gesagt?
Warum hatte er sie nicht vor
der ewigen Abscheulichkeit gewarnt, auf die sie stoßen würden, wenn sie zu den
Sternen
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