Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen

DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen

Titel: DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Kyme , Lindsey Priestley
Vom Netzwerk:
Klerikerkollegen zum Heiligen.
Es wird ganz offenbar mit zweierlei Maß gemessen, wenn es darum geht, dass man
Stimmen hört, wie?«
    »Sie reden hier über meinen
Glauben«, fuhr Uriah ihn an.
    »Legen Sie gefälligst etwas
Respekt an den Tag!«
    »Warum sollte ich? Warum hat
Ihr Glaube eine Sonderbe-handlung verdient? Ist er nicht stark genug, um solche
Fragen auszuhalten? Niemand sonst auf dieser Welt genießt einen solchen Schutz
vor kritischen Fragen, warum also sollte man für Sie und Ihren Glauben eine
Ausnahme machen?«
    »Ich habe Gott gesehen«, zischte
Uriah. »In meiner Seele habe ich sein Gesicht gesehen und seine Worte gehört
...«
    »Wenn Sie diese Erfahrung
hatten, dann können Sie ja glauben, dass sie echt war, aber erwarten Sie nicht von
mir oder von irgendwem sonst, dass er das auch glaubt, Uriah«, sagte
Offenbarung. »Nur weil Sie glauben, dass etwas wahr ist, ist es das deshalb
noch lange nicht.«
    »Ich weiß, was ich an jenem Tag
gesehen und gehört habe«, beharrte Uriah, der sein Buch fest umschlossen hielt,
während die Erinnerungen an die Oberfläche kamen. »Ich weiß, es war echt.«
    »Und wo in Franc hat sich diese
wundersame Vision abgespielt?«
    Uriah zögerte, da er nicht den
Namen aussprechen wollte, der jene Kiste öffnen würde, in der er all die
Erinnerungen an sein früheres Leben unter Verschluss hielt.
    »Auf dem Schlachtfeld von
Gaduaré.«
    »Sie waren bei Gaduaré«, sagte
Offenbarung, aber Uriah wusste nicht, ob es eine Frage oder eine Aussage sein
sollte. Für eine Sekunde klang es sogar so, als hätte der Mann das bereits
gewusst.
    »Ja, da war ich.«
    »Werden Sie mir erzählen, was
geschehen ist?«
    »Ich werde es Ihnen erzählen«,
flüsterte Uriah.
    »Aber erst brauche ich noch was
zu trinken.«
     
    Die beiden kehrten in die
Sakristei zurück, Uriah holte diesmal eine andere Flasche hervor, die zwar
genauso aussah wie die erste, aber nur noch zur Hälfte gefüllt war. Offenbarung
nahm Platz, und Uriah hörte, wie der Stuhl abermals protestierend knarrte,
obwohl der Mann gar nicht so viel wiegen konnte.
    Uriah schüttelte den Kopf, als
sein Besucher ihm den Zinnbecher hinhielt. »Nein, das ist der gute Stoff. Den trinkt
man nicht aus so einem Becher, sondern aus einem Glas.«
    Er öffnete einen Schrank aus
Walnussholz, der hinter seinem Schreibtisch stand, und nahm zwei
Bleikristallgläser heraus, die er inmitten der Papiere und Schriftrollen auf
dem Tisch abstellte.
    Dann zog er den Korken aus der Flasche,
und ein intensives Aroma breitete sich im Raum aus, das Erinnerungen an grüne
Weiden, murmelnde Gebirgsbäche und düstere, schattige Wälder weckte.
    »Das Lebenselixier«, sagte er,
schenkte großzügig ein und nahm Offenbarung gegenüber Platz. Die Flüssigkeit hatte
die Farbe von Bernstein, in den Schliffen der Gläser brach sich das Gold und
Gelb in diesem Farbton.
    »Endlich«, meinte Offenbarung
und hob das Glas, um es anzusetzen. »Das ist ein Geist, an den ich glauben
kann.«
    »Nein, noch nicht«, sagte Uriah
hastig. »Er soll sich erst entfalten. Lassen Sie ihn atmen, das verstärkt das
Aroma. Sehen Sie im Glas diese Schlieren? Das sind sogenannte Tränen. Da sie
lang sind und sich nur langsam nach unten bewegen, verrät uns das über das
Getränk, dass es hochprozentig und vollmundig ist.«
    »Darf ich jetzt trinken?«
    »Geduld«, erwiderte Uriah.
»Riechen Sie erst mal an Ihrem Glas. Erfahren Sie, wie das Aroma Ihnen in die Nase
steigt und Ihre Sinne stimuliert. Nehmen Sie sich etwas Zeit, um den Moment zu
verinnerlichen. Lassen Sie das Aroma die Erinnerungen an seine Herkunft wach werden.«
    Uriah schloss die Augen und
schwenkte das Glas mit der goldenen Flüssigkeit unter seiner Nase, so dass die Düfte
aus einer lange vergessenen Zeit über ihn hinwegspülen konnten. Er roch die
sanfte Intensität des Alkohols, in seinem Gedächtnis wurden Gefühle geweckt,
die er nie erfahren hatte — wie er bei Sonnen-untergang durch einen Wald voll
Dornen und Erika lief, der Rauch von einem Feuer in einem hölzernen Saal mit
Rieddach, in dem Schilde aufgehängt waren. Zudem nahm er in jedem Element des
Getränks ein Vermächtnis aus Stolz und Tradition wahr.
    Er lächelte, als er sich in
seine Jugend zurückversetzt fühlte. »Jetzt können Sie trinken«, sagte er.
»Einen großzügigen Schluck. Lassen Sie ihn ein paar Sekunden auf Ihrer Zunge,
an den Wangen und am Gaumen kreisen, ehe Sie ihn sanft in die Kehle laufen
lassen.«
    Uriah nippte an seinem Glas

Weitere Kostenlose Bücher