DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen
hatte sein Leben seinem Gott
gewidmet, und selbst die Erkenntnis, dass sein Schicksal durch einen Zufall beeinflusst
worden war, weckte in ihm keinen Groll. Er hatte in seiner Kirche Liebe und
Vergebung gepredigt, und das würde er niemals bereuen, egal mit welchen
schlauen Worten irgendwer auf ihn einredete.
Die Tür zum Narthex stand immer
noch offen, und als sie durch die einströmende kalte Luft gingen, öffnete der Imperator
die Haupttüren zur Kirche.
Heulender Wind und Regenschauer
wurden nach drinnen getragen. Uriah zog sein Gewand enger um sich, da er die
Kälte der Nacht auf seinem Körper wie tausend eisige Nadelstiche spürte.
Er sah über die Schulter zum
Altar seiner Kirche und betrachtete die einsame Kerze, die neben der
Weltuntergangsuhr stand. Ihre Flamme erlosch, als sich eine Böe ihren Weg bis
zum Altar bahnte, und dann war das Innere des Gebäudes komplett in Dunkelheit
getaucht. Er seufzte leise, und als der Sturm im nächsten Moment die Türen zuwarf,
drehte sich Uriah um und folgte dem Imperator in die Nacht.
Es dauerte nur Sekunden, dann
hatte der Regen seine Kleidung bis auf die Haut durchnässt. Ein Blitz zuckte über
den Himmel und tauchte ihn für einen Augenblick in aktinisches Blau. Hunderte
Krieger standen in Reih und Glied vor der Kirche, brutale Giganten in
streitsüchtig anmutenden Rüstungen, wie er sie zuletzt auf dem Schlachtfeld von
Gaduaré gesehen hatte.
Sie standen reglos im
strömenden Regen, die Tropfen prasselten unaufhörlich auf die Platten aus
polierter Bronze, die mit Wasser vollgesogenen Federbüsche hingen schlaff nach
unten. Es hatte einige Weiterentwicklungen gegeben, wie Uriah sehen konnte.
So umschloss die Rüstung jetzt den
ganzen Körper, und jeder Krieger war durch überlagernde, kunstvoll gearbeitete
Panzer-platten vor den Elementen geschützt.
Große Rucksäcke stießen in
dicken Dampfwolken überschüssige Hitze aus, die die Soldaten wie ein gewaltiger
Atemhauch umgaben. Jeder der Männer trug eine brennende Fackel, die jeden
Regentropfen mit einem leisen Zischen verdampfen ließ. Über die Schulter hatte
jeder eine riesige Waffe gelegt, bei deren Anblick es Uriah schauderte, da er an
die mörderischen Salven erinnert wurde, die wie ein Donnerschlag am Ende der
Welt gedröhnt hatten und denen so viele seiner Kameraden zum Opfer gefallen
waren.
Der Imperator legte ihm einen
langen Mantel um, während eine Gruppe Soldaten mit erhobenen Flammenwerfern an
ihnen vorbei zur Kirche gingen. Uriah wollte protestieren, doch als ihm
klarwurde, dass er sie ohnehin nicht würde abhalten können, ihren Befehl
auszuführen, blieben ihm die Worte im Hals stecken.
Tränen liefen ihm übers Gesicht
und vermischten sich mit dem Regen, als Flammenzungen aus den Waffen der Krieger
schossen und am Dach und an den Außenmauern der Kirche leckten.
Andere Soldaten warfen
Granaten, die die Bleiglasfenster durch-schlugen und im Inneren des Gebäudes
detonierten, während das Dach an verschiedenen Stellen Feuer fing.
Dichter Rauch quoll aus den
zerstörten Fenstern, als die Zerstörung um sich griff, die auch der hartnäckige
Regen nicht abwenden konnte. Uriah musste weinen, als er an das wunderbare
Fresko und an die Jahrtausende umfassende Geschichte dachte, die innerhalb von
Minuten zerstört wurden.
Er drehte sich zum Imperator
um, dessen Gesicht von den gefräßigen Flammen beschienen wurde.
»Wie können Sie das nur
machen?«, fragte Uriah. »Sie sagen, Sie stehen für Vernunft und für ein
verbessertes Verstehen, aber hier vernichten Sie ein umfangreiches Wissen.«
Der Imperator schaute zu ihm
herab.
»Manche Dinge bleiben besser
für alle Zeit vergessen.«
»Dann hoffe ich, dass Sie
wissen, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn man eine Welt ihrer
Religion beraubt.«
»Ja, das habe ich«, erwiderte
der Imperator. »Es ist mein Traum. Ein Imperium der Menschheit, in dem es keine
Götter und keinen Aberglauben gibt. Eine vereinte Galaxie mit Terra im Herzen.«
»Eine vereinte Galaxie?«,
wiederholte Uriah, der nicht seine brennende Kirche ansehen konnte. Jetzt erst
verstand er, in welchen Dimensionen sich der Ehrgeiz des Imperators bewegte.
»Mit Ihnen an der Spitze, nehme
ich an?«
»Natürlich. Etwas derart Großes
kann nur geschaffen werden, wenn es ein einzelner Mann ist, dessen Vision verwirklicht
wird. Das Geringste von allem ist dabei noch die Rückeroberung der Galaxis.«
»Sie sind verrückt«, sagte
Uriah ihm auf den Kopf zu.
»Und Sie sind
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