DGB 12 - Verlorene Söhne
unten
gerichtet, entgegnete sie: »Ja, das ist richtig. Ich bin nicht immer dazu in
der Lage gewesen. Angefangen hat es, als ich ungefähr dreizehn war.«
»Keine Sorge, meine Liebe«,
versicherte Lemuel ihr. »Jeder von uns hat etwas Besonderes an sich. Und ich
glaube, es ist kein Zufall, dass wir drei hier sind.«
»Ich kann dir nicht folgen.«
Ȇberleg doch mal. Wie stehen
die Chancen, dass drei Leute mit Fähigkeiten, die über den Verstand normaler Menschen
weit hinausgehen, ausgerechnet auf dieser Welt zusammentreffen? Ich bin kein
Mathematiker, aber ich vermute, die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering.«
»Willst du damit sagen, dass
wir absichtlich hier zusammen-gebracht worden sind? Wenn ja, warum?«
Lemuel setzte sich wieder hin,
wegen der Hitze war er nass geschwitzt und außer Atem. »Ich glaube, unsere Gastgeber
könnten damit etwas zu tun haben«, sagte er. »Seht euch um. Wie viele
Memoratoren begleiten die XV. Legion? Zweiundvierzig, die sich auf alle
Gefolgschaften aufteilen. Eine solche Zahl macht mich nachdenklich, und ich
glaube fast, dass wir nicht nur wegen unserer Begabung als Memoratoren
ausgesucht worden sind.«
»Dann willst du also sagen,
dass wir wegen unserer Begabung von den Thousand. Sons ausgewählt wurden?«
»Davon bin ich so gut wie
überzeugt«, sagte Lemuel.
»Wieso?«, fragte Kallista.
»Das weiß ich wiederum nicht«,
räumte er ein. »Aber wenn ich eines über die Thousand Sons gelernt habe, dann ist
es die Erkenntnis, dass sie nichts ohne Grund tun.«
Das Innere des Bergs war von
Geräuschen und Farben erfüllt.
Keine Geräusche, die die Space
Wolves hören konnten, auch wenn ihr gesteigertes Hörvermögen als legendär galt.
Und auch die Farben konnten sie nicht benennen, da es Farbtöne des Äthers
waren, die sich kräuselten wie Rauchfahnen und wie Biolumi-neszenz von den
glatten Höhlenwänden abstrahlten.
Die Rüstung der Astartes war
mit Sensoren ausgestattet, die die Dunkelheit durchdringen konnten, doch für alle,
die nicht über Äthersicht verfügten, war dieses Bild in einem monochromen
Seegrün gehalten und damit eine armselige Darstellung der wahren Verhältnisse.
Hundert Krieger tauchten in das
Innenleben des Bergs ein, so viele, wie erübrigt werden konnten, während die anderen
die Gensaat der Gefallenen einsammelten.
Magnus führte sie an und folgte
dabei einem gewundenen Pfad, den nur er sehen konnte. Lord Skarssen und Ohthere
Wyrdmake marschierten dicht hinter ihm und Ahriman nahm sich einen Augenblick
Zeit, um den Wolfslord genauer zu betrachten.
Skarssens Aura war wie ein
scharfes Messer, eine konzentrierte Klinge aus Entschlossenheit. Er war ein
Krieger, der niemals innehielt, um einen Befehl infrage zu stellen, und der
niemals, wirklich niemals in seiner Pflicht nachlassen würde.
Diese Überzeugung, genau das
Richtige zu tun, erinnerte Ahriman an die Golem-Legenden, die sich in der uralten
Qabalah fanden. Der Golem war eine aus Lehm geschaffene Kreatur, das Werk eines
Priesters in der Antike, der damit sein Volk vor Verfolgung schützen wollte. Er
stellte eine gewaltige Kraft dar, die sich nicht aufhalten ließ, eine Kreatur,
die die Anweisungen ihres Meisters auf den Buchstaben genau ausführte und die
unter keinen Umständen von ihrer Aufgabe abwich.
Es war die perfekte
Beschreibung für die Space Wolves, denn Ahriman kannte Berichte über die von
ihnen geführten Kriege. Die Söhne von Russ waren Waffen, sie waren eine
allumfassende Vernichtungsstreitmacht, die erst zur Ruhe kam, wenn der Auftrag
erfüllt war.
Natürlich waren die Legenden
vom Golem auch Geschichten, die vor dem Hochmut des Menschen warnen sollten.
Immerhin wurde in späteren Erzählungen davon berichtet, wie ein Golem
unschädlich gemacht werden konnte, wobei sich der Golem in vielen Fällen gegen
seinen Schöpfer stellte. Der Golem von Ingolstadt war eine solche Bestie, die
ihren Schöpfer und alle vernichtete, die ihn liebten, ehe er sich auf einem
Scheiterhaufen selbst ein Ende setzte.
Der Vergleich bereitete Ahriman
Unbehagen, und er beschloss, den Gedanken aus seinem Kopf zu verdrängen. Der
Weg führte unterdessen immer tiefer in den Berg hinein. Normalerweise war er in
der Lage, jede zurückgelegte Route bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen, doch
unmittelbar nachdem er diese Höhle betreten hatte, war ihm jegliche
Orientierung abhandengekommen.
Nur der Primarch schien genau
zu wissen, wohin er unterwegs war. Wieso ihm aber bekannt war, welchen Weg
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