DGB 13 - Nemesis
sorgfältig ausgearbeitete und so komplexe Plan seines Meisters hing
davon ab, dass er dieses eine Objekt in seinen Besitz brachte. Ohne die Verfügung
war die Ermordung des Imperators der Menschheit unmöglich, weil Speer nutzlos
war wie eine ungeladene Schusswaffe, wie ein Schwert mit stumpfer Klinge.
Ohne das Töten besaß seine
Existenz keine Bedeutung. Jeder Mord, den er begangen hatte — vom Erdrosseln
seiner leiblichen Eltern bis hin zur Verbrennung jenes Word Bearer, der ihm die
Kehle hatte aufschlitzen wollen, von den Narren auf Iesta Veracrux über die
Psioniker-Hexe bis hin zu dem Mann, dessen Gesicht er jetzt trug —, stellte nur
einen kleinen Schritt auf seinem Weg zum eigentlichen Ziel dar.
Und nun hatte Merriksun Eurotas
das vereitelt. Der Zorn auf den Handelsbaron, der sein Blut kochen ließ, war so
allumfassend, dass Speer fürchtete, seine Tarnung zu vergessen und zum
Berserker zu werden, sobald er den Mann nur zu Gesicht bekam.
Speer hatte praktisch Hyssos'
gesamte Erinnerungen in sich aufgesogen, aber dem Ermittler war schlichtweg
nichts darüber bekannt gewesen, dass die im Reliquiar ausgestellte Verfügung
nur ein Trugbild war.
Im gesamten Eurotas-Konsortium
gab es weniger als ein Dutzend Männer und Frauen, die in
Sicherheitsangelegenheiten noch eine Stufe über Hyssos standen ... Speer fragte
sich, ob wohl einem von ihnen der wahre Aufenthaltsort des Buchs bekannt war.
Aber wie sollte er das herausfinden? Er konnte einen nach dem anderen
umbringen, und dennoch würde er keine Gewissheit bekommen, denn ob sie das
kostbare Wissen besaßen, ließ sich erst herausfinden, wenn er es ihrem
sterbenden Verstand entzog. Aber ein so unbesonnenes Verhalten konnte er sich
nicht erlauben.
Eurotas selbst wusste es
natürlich, aber den Handelsbaron jetzt und hier zu ermorden, die Leiche
verschwinden zu lassen und eine weitere Aneignung durchzuführen, nachdem er
gerade erst Hyssos' Identität aus dessen Leichnam gerissen hatte. Dieser Weg
war viel zu gefahrvoll, und er ging ein viel zu hohes Risiko ein.
Nein, er musste sich eine
andere Lösung einfallen lassen, und zwar schnellstens.
»Hyssos?« Die Stimme des
Adligen war hell und energisch. »Was tun Sie denn hier?« Speer hob den Kopf und
sah zu Eurotas, wie der Freihändler das Vorzimmer zum Privatquartier betrat,
vor dem er gewartet hatte. »Milord«, begann er, wobei er seine zornigen
Gedanken im Zaum halten musste. »Verzeihen Sie die Störung, aber ich muss
unbedingt mit Ihnen reden.« Eurotas schaute über die Schulter, während er mit
einem Samtgürtel sein Tagesgewand schloss. Durch den Türspalt konnte Speer
einen Blick ins Schlafzimmer werfen, wo eine nackte Frau schlafend im
zerwühlten Bett lag.
»Ich bin beschäftigt«, knurrte
der Baron gedankenverloren.
»Kommen Sie in den Audienzsaal,
sobald wir im Warp sind, dann ...«
»Nein, mein Herr«, unterbrach
Speer ihn und legte einen beharrlichen Ton in seine Stimme. »Das kann nicht
warten, bis wir zum Pfeilspitz-Nebel aufgebrochen sind. Wenn ich mich nicht
irre, könnte es für uns erforderlich werden, nach Iesta Veracrux
zurückzukehren.« Das ließ ihn hellhörig werden. Eurotas kniff die Augen
zusammen, aber es reichte, damit Speer sehen konnte, wie Angst in ihnen aufflackerte.
»Warum sollten wir das machen?«
»Ich bin noch einmal alles
durchgegangen und habe mich erneut mit meinen Notizen und all den Dingen
befasst, die mir von den Morden auf Iesta Veracrux im Gedächtnis sind.« Er sah
den Baron eindringlich an und begann, die Geschichte zu erzählen, die er sich
in den letzten Stunden ausgedacht hatte und von der er hoffte, dass sich der
Adlige durch sie gezwungen sah, ihm die Information zu geben, nach der er so
dringend suchte.
»Die beiden Männer ... Yosef
Sabrat und Daig Segan, die diese schrecklichen Morde begangen haben ... die
erwähnten etwas, kurz bevor sie mich töten wollten, das für mich keinen Sinn
ergab.«
»Ich höre.« Eurotas ging zu
einem Servitor und ließ sich von ihm ein Glas Wasser einschenken.
»Mein Herr, sie sprachen von
einer Verfügung.« Als er das letzte Wort aussprach, konnte er beobachten, wie
sich der Baron verkrampfte. Innerlich musste Speer lächeln, während er
weiterredete: »Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch, sie meinen eine gerichtliche
Verfügung, aber mittlerweile ist mir der Gedanke gekommen, sie könnten etwas
ganz anderes gemeint haben.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf ein Gemälde
an der Wand, eine impressionistische
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