DGB 14 - Ketzerfürst
in Reih und
Glied da, ihre reich verzierten Galauniformen sahen beeindruckend aus. Jeder
der Offiziere hatte eine Hand auf den Säbel gelegt, der in einer Scheide an
ihrer Seite steckte, die andere Hand ruhte im Kreuz, während sie alle in
Habtachtstellung dastanden.
In der Mitte der vordersten
Reihe konnte Ishaq den ergrauten, halb bionischen General Arric Jesmetine
ausmachen.
Der General genoss auf dem
Schiff einen erschreckenden Ruf.
Jeder schilderte den alten
Arric als einen Tyrann und Zuchtmeister. Er selbst war dem Mann bislang nur einmal
begegnet, als der frischgebackene Memorator in einem Korridor auf einem der
oberen Decks nach etwas Ausschau hielt, das ihn hätte inspirieren können.
Jesmetine gehörte seit sechzig
Jahren zur Flotte, und man konnte ihm jeden Monat ansehen. Beim Gehen benutzte
er einen silbernen Stock, der größte Teil seiner rechten Körperhälfte summte
und surrte wegen der Bionik, die unter der Uniform des alten Mannes verborgen war.
Seinen Bart trug er kurz
geschnitten, was zu seinem hageren Gesicht passte, er zog sich wie ein feiner
Pelz um den mürrisch verzogenen Mund, der wie ein Schlitz in altem Leder wirkte.
»Sie da«, hatte der General zu
ihm gesagt. »Haben Sie sich verlaufen?« Nein, verlaufen hatte er sich
keineswegs, und ihm war auch klar gewesen, dass er auf den oberen Decks
eigentlich gar nichts zu suchen hatte.
»Ja, ja, ich habe mich
verlaufen.«
»Sie sind ein miserabler
Lügner, Sohn.« Diese Bemerkung verärgerte Ishaq sehr, doch er ließ sich nichts
anmerken.
»Das muss wohl der Fall sein.«
»Sie grinsen zu viel. Hätte ich
Töchter, würde ich Sie töten, sollten Sie sich einer von ihr nähern.«
»Bei allem Respekt, mein Herr,
aber ich bin nicht in der Stimmung, mich von Ihnen zusammenstauchen zu lassen.
Und ein klein wenig verlaufen habe ich mich sehr wohl.«
»Sehen Sie? Sie grinsen schon
wieder, aber mich können Sie damit nicht beeindrucken. Wer sind Sie?«
»Ishaq Kadeen, offizieller
Memorator.« Ihm gefiel der Klang dieses Titels, daher sprach er ihn so oft aus,
wie sich die Gelegenheit dazu ergab.
»Oh.« Der alte Mann räusperte
sich, was sich so anhörte, als würde er mit Kies gurgeln. »Sie sind nicht
zufällig ein Poet, oder doch?«
»Nein, mein Herr, ich bin
Imagologe.«
»Zu schade, denn die Gesegnete
Dame hat eine Schwäche für Poesie. Obwohl Hmm ... Es ist wohl auch besser, dass
Sie ihr keinen Besuch abstatten, dessen bin ich mir sicher.« Da hatte er noch
nicht gewusst, wer die Gesegnete Dame war, doch diese Worte waren genug
gewesen, um sich einen Besuch bei ihr vorzunehmen, allein schon um ihre Identität
herauszufinden.
»Dann sind Sie also auf der
Suche nach Motiven, die sich festzuhalten lohnen?«
»Richtig«, antwortete Ishaq und
konnte das nächste Grinsen noch gerade eben unterdrücken.
Der alte Mann kratzte sich den
gepflegten Bart, seine Finger erzeugten auf den Stoppeln ein unangenehmes, durchdringendes
Schaben. »Dies ist ein Kriegsschiff, müssen Sie wissen. Sie können sich großen
Arger einhandeln, wenn Sie so durch die Korridore streifen. Gehen Sie zurück auf
die unteren Decks, und warten Sie wie alle anderen auf die Ankunft des
Ordenspriesters. Dann können Sie Ihre Bilder machen.« Ishaq hielt das für ein
faires Angebot, doch als er sich zum Gehen wandte, hielt er inne und beschloss,
sein Glück noch ein wenig mehr herauszufordern.
»Mein Herr?«
»Was?« Der alte Mann war
bereits weitergegangen, sein Stock schlug immer in regelmäßigen Intervallen auf
den Deckplatten auf.
»Sie kommen mir gar nicht wie
der gnadenlose Schrecken vor, den wir Memoratoren den Gerüchten nach zu befürchten
haben.«
General Arric lächelte, der
schmale Schlitz, den sein Mund bildete, wirkte dabei noch unangenehmer. »Das
liegt nur daran, dass Sie keiner von meinen Leuten sind, Memorator Kadeen. Und
jetzt verlassen Sie die oberen Decks, und kehren Sie zurück in die
provisorische Bar, von der ich weiß, dass Sie sie längst in den Schatten dieses
erhabenen Schiffs eingerichtet haben.«
»Sie wird ›Der Keller‹ genannt.«
»Wie passend«, schnaubte der
alte Mann und ging weiter.
Also wartete er die nächsten
elf Tage geduldig ab, und dem eigenen Stil und der Einschätzung des Generals
entsprechend verbrachte er diese elf Tage in der Bar.
Jetzt war er hier, nachdem er
seinen von einem schweren Kater geplagten Kadaver in den Hangar geschleppt hatte,
und wartete mit allen anderen auf die Ankunft des
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