DGB 14 - Ketzerfürst
zurückgekehrt.«
»Ja«, erwiderte Cyrene. »Aber
warum?« Ohne Vorwarnung kam Bewegung in das gelandete Schiff. Schwere, massive
Türen öffneten sich, und eine kreischende Pneumatik senkte eine Rampe herab.
Der Gesang von den Anbetern, die immer wieder erschrocken nach Luft schnappten
und vor Nervosität weinten, wurde lauter. Die Leute sprachen Gebete aus dem
Wort, und auch die letzten noch aufrecht Stehenden sanken nun auf die Knie.
Cyrene war die Einzige, die
nicht kniete.
Der erste Engel trat durch die
sich allmählich auflösende Rauchwolke nach draußen. Cyrene betrachtete die Gestalt,
und trotz der überschwänglichen Richtigkeit dieses Moments kniff sie die Augen
zusammen. Ein eisiger Splitter bahnte sich seinen Weg durch ihr Blut.
Als könnte der geflüsterte
Protest einer jungen Frau irgendetwas von dem verhindern, was kommen würde, hauchte
sie nur ein Wort hinaus.
»Halt.«
Die schwere Rüstung des Engels
stand in krassem Widerspruch zu den Bildern aus den Schriften. Ihr fehlten die
heiligen Pergamente, die in flatternden Schriftstücken von ihrer Heiligkeit
berichten sollten, zudem wies sie nicht das Wintergrau der wahren Engel des
Gott-Imperators auf. Diese Rüstung war wie das Schiff von einem tiefen,
wunderschönen Kobaltblau, abgesetzt mit Bronze, die so poliert worden war, dass
sie fast wie Gold glänzte.
Die Augen waren schräg
gestellte rote Schlitze in einer reglosen Gesichtsmaske.
»Halt«, sagte Cyrene erneut,
diesmal lauter als zuvor.
»Das sind nicht die Bringer des
Wortes.« Angesichts dieser Blasphemie zischte ihr die alte Frau eine üble
Beschimpfung zu und spuckte ihr auf die bloßen Füße, aber Cyrene nahm von ihr
keine Notiz. Ihr Blick wich nicht für eine Sekunde von dem Krieger in Kobalt,
der sich so unterschwellig und doch so offensichtlich von den Darstellungen in
den Schriften unterschied, die zu lesen man sie als Kind gezwungen hatte.
Die Brüder des Engels kamen aus
dem dunklen Inneren ihres Schiffs hervor und begaben sich hinunter auf den
Platz, auf dem sie gelandet waren. Jeder Panzer wies den gleichen Blauton auf,
und sie alle trugen Waffen, die zu schwer waren, um sie als Sterblicher ohne
fremde Hilfe auch nur heben zu können.
»Sie sind nicht die Bringer des
Wortes!«, rief sie lauter, um die Gesänge zu übertönen.
Einige Leute in ihrer
unmittelbaren Umgebung reagierten mit heftigen Flüchen auf ihre Zwischenrufe.
Gerade holte Cyrene tief Luft, um ihre Behauptung ein drittes Mal
hinauszurufen, da hoben die Engel, die sich in einer für einen Menschen
unmöglichen Art exakt wie ein Mann bewegten, ihre Waffen und richteten sie auf
die Anbetenden. Der Anblick verschlug Cyrene die Sprache.
Der erste Engel sprach, seine
Stimme war tief und rau, sie wurde durch verborgene Lautsprecher in seiner
Gesichtsmaske gefiltert.
»Bewohner von Monarchia, der
Hauptstadt von Siebenundvierzig Zehn, hört, was wir zu sagen haben. Wir, die
Krieger der XIII. Legion, haben einen Eid auf diesen Augenblick geschworen,
unsere Ehre bindet uns an diese Pflicht. Wir kommen mit dem Erlass des
Imperators zur zehnten Welt, die im Rahmen der Siebenundvierzigsten Expedition
des Großen Kreuzzugs der Menschheit zur Folgsamkeit gebracht wurde.«
Während er redete, hielt ein
Dutzend Engel die Waffen auf die knienden Zivilisten gerichtet. Cyrene konnte
erkennen, dass die Mündungen dieser Waffen so rußgeschwärzt waren wie die Hülle
des Geierschiffs, hervorgerufen durch das Abfeuern monströser Geschosse.
»Ihre Folgsamkeit gegenüber dem
Imperium der Menschen hat einundsechzig Jahre lang Bestand gehabt. Mit dem
größten Bedauern muss der Imperator der Menschheit nun darauf bestehen, dass
jedes Lebewesen umgehend die Stadt Monarchia verlässt. Vor wenigen Augenblicken
wurde den Führern Ihres Planeten die gleiche Warnung überbracht. Diese Stadt
muss innerhalb von sechs Tagen evakuiert werden. Am letzten Tag wird es Ihren
Planetenführern gestattet werden, einen einzigen Notruf zu senden.«
Die Menge blieb stumm, aber in
den Gesichtern zeichnetesich keine Ehrfurcht mehr ab, sondern
Verwirrung und Unglauben. Als würde der Engel spüren, dass ihm nicht mehr die
ungeteilte Aufmerksamkeit der Menschen galt, richtete er seine Waffe zum Himmel
und gab einen einzelnen Schuss ab, der wie ein Donnerschlag in einem Tal
widerhallte und in der herrschenden Stille ohrenbetäubend laut war.
»Niemand hat sich am Morgen des
siebten Tags noch in Monarchia aufzuhalten. Gehen Sie jetzt nach Hause,
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