DGB 14 - Ketzerfürst
der sich nicht auf eine Diskussion einlassen
wollte.
»Primarch Lorgar, wir müssen
diese Welt säubern.« Lorgar drehte sich nicht zum Custodes um, sondern antwortete
mit einem Seufzer: »Ich werde mich mit diesen Leuten treffen und selbst über
ihr Leben entscheiden. Rein oder unrein, richtig oder falsch — ich will nur Antworten
bekommen.«
»Sie sind unrein.«
»Ich schlachte nicht die
Bevölkerung eines ganzen Planeten ab, nur weil dem Wachhund meines Vaters die
Farbe ihrer Augen nicht gefällt.«
»Der Occuli Imperator wird
davon erfahren«, drohte ihm Vendatha. »Und der von allen geliebte Imperator ebenfalls.«
Der Primarch schaute ein letztes Mal hinauf zum lodernden Himmel.
»Weder der Imperator noch das
Imperium werden jemals vergessen, was wir hier in Erfahrung bringen werden.
Darauf gebe ich Ihnen mein Wort, Custodes Vendatha.«
Die vorderste Barbarin kam
näher.
Um die Schultern trug die Frau
einen verschossenen bräunlichen Umhang, der so schwer wirkte wie schlechtes
Leder. Die einzelnen Teile waren mit dickem schwarzem Garn grobschlächtig
zusammengenäht worden. Ihre wunderschönen und zugleich beunruhigend violetten Augen
waren mit weißer Farbe ummalt, Runen überzogen ihr Gesicht.
Für Vendatha besaßen diese
Runen keinerlei Bedeutung, dafür wusste er mit dem Umhang umso mehr anzufangen.
»Diese Degenerierten ...«,
zischte der Custodes über einen geschlossenen Kom-Kanal. »Das ist Menschenhaut.
Getrocknete, gegerbte Menschenhaut, die wie ein Ehrenabzeichen getragen wird.«
»Ich weiß«, gab Argel Tal
zurück.
»Nehmen Sie Ihre Waffe runter,
Ven.«
»Wie kann sich Lorgar mit
diesen Kreaturen abgeben? Das sind Primitive ... Mutanten! Sie bedecken ihre
Haut mit bedeutungslosen Hieroglyphen.«
»Die sind nicht bedeutungslos«,
sagte der Captain.
»Können Sie sie etwa
entziffern?«
»Natürlich«, antwortete Argel
Tal, der ein wenig abgelenkt klang.
»Das ist Colchisianisch.«
»Was? Und was bedeuten sie?«
Der Word Bearer antwortete
nicht.
Lorgar neigte den Kopf zu einer
respektvollen Begrüßung.
Die Anführerin der Barbaren an
der Spitze von über hundert Leuten in Lumpenkleidung und mit Umhängen aus
»Leder« zeigte keinerlei Scheu. Weitere Stammesangehörige kamen aus allen
Richtungen über die Ebene, aber sie blieben auf Abstand, möglicherweise aus
Ehrfurcht vor der jungen Frau mit den schwarzen Haaren.
An ihrem Gürtel befestigte
Schädel schlugen bei jedem ihrer Schritte scheppernd gegeneinander. Obwohl sie
dem Primarchen gerade einmal bis zur Taille reichte, schien sie die Ruhe selbst
zu sein, während sie den Blick ihrer violetten Augen auf das Gesicht des
Giganten richtete.
Als sie zu reden begann, konnten
der ausgeprägte Akzent und die abgehackten Silben nicht völlig die eigentliche
Sprache überdecken, die sich von ihren proto-gotischen Wurzeln weit entfernt
hatten.
Die imperialen Krieger konnten
größtenteils verstehen, was gesprochen wurde, der eine leichter, der andere
etwas mühsamer.
»Ich grüße dich«, sagte die
Primitive. »Wir haben auf dich gewartet, Lorgar Aurelian.« Der Primarch ließ
sich sein Erstaunen nicht anmerken.
»Du kennst meinen Namen, und du
sprichst Colchisianisch.«
Die junge Frau nickte, aber es
schien, als denke sie über seine volltönende Stimme nach. Sie machte weniger
den Eindruck, dass sie mit dieser Geste seinen Worten zustimmen wollte. »Wir
haben viele Jahre gewartet, und jetzt hast du endlich unseren Boden betreten.
Diese Nacht war prophezeit worden. Sieh nach Westen und Osten und Norden und
Süden. Die Stämme kommen her. Unsere Gottredner haben es gefordert, und die
Kriegsherren haben gehorcht. Kriegsherren hören immer auf das, was Schamanen
sagen. Ihre Stimmen sind die Stimmen der Götter.«
Der Primarch suchte die Menge
nach solch angesehenen Stammesältesten ab. »Wie kommt es, dass du die Sprache
meiner Heimatwelt beherrschst?«, wollte er von der Anführerin wissen.
»Ich spreche die Sprache meiner
Heimatwelt«, machte die Frau ihm klar. »Und du beherrschst sie ebenfalls.« Obwohl
der Himmel über ihnen brannte und die Frau voller Überraschungen steckte,
musste Lorgar angesichts dieser Pattsituation lächeln.
»Ich bin Lorgar, wie ihr
vorhergesehen habt, aber nur meine Söhne nennen mich Aurelian.«
»Lorgar. Ein gesegneter Name.
Der Lieblingssohn des Wahren Pantheons.« Es kostete den Primarchen Mühe,
gleichbleibend gelassen zu klingen. Kein falscher Unterton durfte diesen
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