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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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stürzten. »Was tust du? Ich meine, was hast du gearbeitet?«
    Tak grinste. »Wirtschaftsingenieur.«
    »Hast du hier gearbeitet, bevor . . . alles kam?«
    »In der Nähe. Ungefähr zwölf Meilen weiter unten in Helmsford. Es gab da eine Fabrik, die Erdnußbutter produzierte. Wir haben die Anlagen in eine Vitamin-C-Fabrik umgerüstet. Was tust du? Na, du siehst nicht aus, als hättest du das Arbeiten erfunden.« Loufer grinste. »Stimmt's?«
    Er nickte. Es erleichterte ihn, von jemandem nach seinem Aussehen beurteilt zu werden, der genau und freundlich war. Und irgendwie hatte der Druck sich gelöst.
    »Ich habe unten in Helmsford gewohnt«, redete Loufer weiter. »Doch ich bin oft rauf in die Stadt gefahren. Bellona war eine ganz schöne gute Stadt.« Tak blickte in einen Eingang, der zu dunkel war, um erkennen zu können, ob er offen oder geschlossen war.
    »Ist es vielleicht immer noch, wer weiß? Aber eines Tages kam ich her, und es war wie jetzt.«
    Eine Feuertreppe über einer Laterne, die langsam wie ein pulsierendes Herz flackerte, sah wie ein Geflecht verkohlter Streichhölzer aus. Einige glühten noch.
    »Genau so?«
    Auf einer Schaufensterscheibe glitt ihr Spiegelbild vorbei wie Wellen in einer Öllache.
    »Es gab noch ein paar Häuser, die das Feuer noch nicht erreicht hatte; ein paar Leute mehr, die noch nicht abgehauen waren - noch nicht alle Neuen waren angekommen.«
    »Du warst hier also von Anfang an?«
    »Oh, ich habe nicht gesehen, wie es ausbrach oder so. Wie ich sagte, als ich herkam, sah es mehr oder weniger so aus wie jetzt.« »Wo ist dein Auto?«
    »Sitzt mit zertrümmerter Windschutzscheibe auf der Straße. Die Reifen sind weg, auch das meiste vom Motor. Am Anfang sind mir ein paar ganz schön dumme Sachen passiert. Doch nach einer Weile hab ich's rausbekommen.« Tak machte mit beiden Händen eine wegwischende Bewegung - und verschwand, bevor er sie beendet hatte: Sie waren in absolute Dunkelheit getaucht. »Man glaubt, daß ungefähr tausend Leute jetzt hier sind. Waren mal fast zwei Millionen.«
    »Woher weißt du das? Ich meine die Bevölkerungszahl?«
    »Das haben sie in der Zeitung geschrieben.«
    »Warum bleibst du hier?«
    »Hier?« Loufers Stimme veränderte sich, klang aufgeregter. »Nun, ich habe wirklich lange darüber nachgedacht. Ich glaube, es hat mit - ich habe da eine Theorie - Freiheit zu tun. Du weißt, hier« - mitten vor ihnen bewegte sich etwas - »bist du frei. Keine Gesetze; keine, die man erfüllt, keine, die man bricht. Kannst tun, was du willst. Wirkt ganz schön komisch auf einen. Sehr schnell, überraschend schnell wirst du -« sie näherten sich einer neuen, halberleuchteten Laterne; die Bewegung entpuppte sich als Rauch, der wie ein verlöschendes Irrlicht aus einem mit Glaszähnen eingerahmten Fenster quoll - »genau zu dem, der du bist.« Tak war wieder zu sehen. »Wenn du darauf abfährst, hier bekommst du es.«
    »Muß ganz schön gefährlich sein. Plünderer und so.«
    Tak nickte. »Ganz schön gefährlich, klar.«
    »Es gibt wohl viel Straßenräuberei?«
    »Ja, schon.« Loufer zog ein Gesicht. »Kennst du Verbrechen, Kid? Verbrechen ist was Komisches. Zum Beispiel werden Verbrechen jetzt in den meisten amerikanischen Städten - New York, Chicago, St. Louis -, das habe ich gelesen, zu fünfundneunzig Prozent zwischen sechs Uhr und Mitternacht begangen. Das heißt, das es sicherer ist, um drei Uhr früh über die Straße zu gehen, als ins Kino zur Acht-Uhr-Vorstellung. Ich frage mich, wie spät es jetzt ist. Nach zwei, nehme ich an. Ich glaube nicht, daß Bellona gefährlicher ist als andere Städte. Es ist jetzt eine sehr kleine Stadt. Das gibt irgendwie Schutz.«
    Ein vergessene Klinge schabte an seiner Jeans entlang. »Hast du eine Waffe?«
    »Monatelang studiert, was hier wo abläuft, die Bewegungen und Verschiedenartigkeiten unserer Stadt. Ich seh' mich ziemlich viel um. Hier entlang.«
    Das waren keine Gebäude dort auf der anderen Straßenseite: Bäume erhoben sich über einer Parkmauer, schwarz wie Schiefer. Loufer ging auf den Eingang zu.
    »Ist es hier sicher?«
    »Sieht ziemlich zum Fürchten aus.« Tak nickte. »Hält wahrscheinlich jeden Kriminellen mit einem letzten Rest Grips ab. Jeder, der kein Straßenräuber ist, wäre wohl wahnsinnig, hier hineinzugehen.« Er blickte sich um und grinste. »Was bedeutet, daß all die kleinen Diebe die Nase vom Warten voll haben und schon lange heim ins Bett gegangen sind. Komm.«
    Steinlöwen flankierten

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