Dhalgren
probeweisem Stirnrunzeln. »Oh, Kidd.«
Wenn Taks Gesicht etwas verriet, dann konnte man es nicht sehen.
Er dachte, es sei nett, obwohl irgend etwas dabei nicht stimmte.
Sie nahm die Schultern zurück und blinzelte. »Wie geht's Kidd? Bist du neu? Oder hast du dich seit Monaten in den Schatten verborgen gehalten?« Zu Tak: »Ist es nicht merkwürdig, wie wir immer wieder auf Leute wie ihn stoßen? Du glaubst, du kennst Jeden in der Stadt, den es gibt. Und dann ist da plötzlich jemand, der die ganze Zeit hiergewesen ist, dich aus den Büschen beobachtet hat und streckt die Nase aus -«
»So haben wir Tak getroffen«, sagte John. Zu Tak: »Stimmts, Tak?«
Tak sagte: »Er ist neu.«
»Ah, ja«, sagte John, »bei uns ist das so. Erklärst du es ihm, Mildred?«
»Also, wir glauben«, Mildreds Schultern bogen sich, offizieller werdend, nach vorn, »wir glauben, daß wir hier irgendwie überleben müssen. Ich meine, wir können uns nicht wie die wilden Tiere gegenseitig an die Kehle springen. Und das wäre in einer Situation wie dieser leicht möglich . . .«Er war sicher, daß ihre Geste bei »wie dieser« nichts außerhalb des Feuerkreises einschloß - »zu irgend etwas . . . nun ja Schrecklichem herunterzukommen. Also haben wir eine, wie man es nennt, Kommune aufgemacht. Hier im Park. Die Leute bekommen zu essen, arbeiten zusammen, wissen, daß sie hier ein bißchen geschützt sind. Wir versuchen, so organisch wie möglich zu sein, aber es wird immer schwieriger. Wenn neue Leute nach Bellona kommen, geben wir ihnen hier eine Chance, kennenzulernen, wie die Dinge hier laufen. Wir nehmen nicht jeden. Aber wenn wir es tun, akzeptieren wir ihn voll.« Irgendwo war ein Tic (er wußte nicht, ob bei ihm oder bei ihr; er war sich nicht sicher, und es beunruhigte ihn) wie ein Knick in einem Draht, der über eine Kante gezogen wird. »Du bist neu? Wir freuen uns immer, wenn jemand Neues kommt.«
Er nickte, während seine Gedanken sich beschleunigten und zu entscheiden versuchten: Sie? oder ich?
Tak sagte: »Führ ihn herum, Milly.«
John sagte: »Gute Idee, Mildred. Tak, ich möchte etwas mit dir bereden.« Klopfte wieder mit der Zeitung. »Oh, hier, vielleicht möchtest du dir das ansehen?«
»Was ...?... Oh!«Du kannst dich über solche Dinge nicht so aufregen! Er mußte sich das oft sagen. »Danke.« Er nahm die gefaltete Zeitung.
»Okay, Tak.« John und Tak wandten sich ab. »Also, wann fängst du an, diese Sache für uns zu machen? Ich kann dir -«
»Sieh mal, John.« Tak legte seine Hand auf Johns Schulter, während sie weitergingen. »Alles, was du brauchst, sind die Pläne und du kannst -«
Dann waren sie außer Hörweite.
»Hast du Hunger?«
»Nein.« Sie war hübsch.
»Also, wenn du welchen hast - komm, laß uns hier herübergehen -, wir fangen mit dem Frühstück an, sobald es hell wird. Das ist nicht mehr lange.«
»Warst du die ganze Nacht auf?« fragte er.
»Nein, aber wenn du bei Sonnenuntergang schlafen gehst, wirst du ganz schön früh wach.
»Ich war's aber.«
»Wir arbeiten hier ziemlich viel-« Sie steckte die Hände in die Gesäßtaschen der kurz abgeschnittenen Jeans, die sich über ihren Schenkeln weit bauschten -»tagsüber. Wir sitzen nicht bloß herum. John hat ein Dutzend Projekte. Es ist ganz schön schwer zu schlafen, wenn die Leute hämmern und bauen und was weiß ich noch.« Sie lächelte.
»Ich bin auf gewesen, aber ich bin nicht müde. Wenn ich müde bin, kann ich bei allem schlafen.« Er sah auf ihre Beine.
Als sie weitergingen, fiel Licht über sie. »Oh, wir haben nichts dagegen, wenn du wirklich schlafen willst. Wir wollen niemanden zwingen. Aber wir wollen eine Art Plan aufrechterhalten, verstehst du?«
»Yeah, das verstehe ich.« Er hatte die Zeitung gegen sein Bein flappen lassen. Jetzt hob er sie hoch.
»Warum läufst du mit einer Orchidee herum?« fragte sie. »Klar, so wie es mit der Stadt aussieht, ist es nicht unvernünftig. Wirklich, wir akzeptieren eine ganze Menge hier. Aber . . .«
»Habe sie von ein paar Leuten bekommen.« Er rollte die Zeitung auseinander.
ERNSTE WASSER
Er entrollte sie ganz.
KNAPPHEIT DROHT
Das Datum lautete auf Dienstag, den 12. Februar 1995. »Was um Himmels willen ist das?«
Sie sah betroffen aus. »Nun, es gibt hier nicht viele Leute, die wissen, wie man die Sache weiterlaufen läßt. Und wir haben alle damit gerechnet, daß Wasser eines Tages wirklich zum Problem wird. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wieviel
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