Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
Vom Netzwerk:
war Alptraum.
    Der Gewehrknall hallte durch das Doppelstockwerk. Das Echo verstummte.
    Ein schwacher Reflex ohne Angst oder Aufregung ließ ihn vom Geländer wegtreten (einen Moment lang sah er Dennys aufgeregtes, ängstliches Gesicht), zurück in den dunklen Verkaufsraum. Dann war Denny hinter ihm.
    »Hey! Sie sind reingekommen! Sie sind verdammt reingekommen!«
    »Mark?« Eine Frau. »Mark? Mark, was ist da unten . . .?« »Geh zurück! Sind sie reingekommen? Hast du nicht gesehen -?«
    Das Echo überblendete mit einer vierten, gebrochenen Stimme jegliche Bedeutung.
    Etwas näher versuchte jemand zu unterbrechen. »Was macht ihr-? Warum -? Hey, paß auf-!«
    »Ich habe ihr Licht gesehen. Verdammt noch mal. Ich habe ihre Lichter gesehen. Ich habe . . .«
    Plastik zog sich um Kids Schulter. Und die Frau dahinter schüttelte ihr Gewehr, sagte: »Hhhhhhhaaa . . .« und ging ein paar Schritte zurück.
    Beide, dachte Kid, vor Angst gelähmt.
    Aber Denny war nicht gelähmt. Er griff nach seinem Projektorschild und verschwand in Licht.
    Auch die Frau nicht. Sie stolperte zurück und feuerte, plötzlich geblendet, zwischen sie. Das Gewehr gab ein zischendes Knack von sich, und Kid erkannte das grüne Kleid: Es war die Frau, Lynn, neben der er bei seinem letzten Besuch bei den Richards gesessen hatte. Jetzt verzog sie das Gesicht und schrie und hielt das Gewehr hoch, um sich gegen das Licht abzuschirmen. Im Schein von Dennys Schild lächelte auf dem vierfarbigen Abziehbild am Kolben Red Rider den Kleinen Biber an, umschnürt von einem gelben Lasso. Die Luftpumpe rasselte. Das Damengewehr im Auge überlegte er und sprang nach vorn.
    Er dachte, sie würde das Gewehr nach ihm werfen.
    Doch sie hielt es fest. Als sie es beim zweiten Anlauf nicht hergab (die Klingen der Orchidee klickten auf den Lauf), drehte er es mit aller Kraft um und trat nach ihr. Sie zog die verdrehten Hände weg, schüttelte sie und drehte sich um. Er hieb ihr den Gewehrkolben auf die Schulter, und sie verschwand in der Dunkelheit.
    Er wandte sich um, hauptsächlich, um nach Denny zu sehen.
    Eine zehn Fuß hohe Lichtkugel zerann bunt und unstrukruriert in sich selber wie eine platzende Amöbe.
    Es ging aus. Dennys Hand bewegte sich vom Hals nach unten. Kid stieß ihn mit der Damenknarre. »Was, zum Teufel«, flüsterte er, »stellst du denn dar?« Er lachte vor Angst.
    Mit dem Gewehr in der Hand pirschten sie durch die Schatten des Zwischenstocks.
    »Huh?«
    »Dein Schild.«
    »Oh. Ungefähr vor einem Monat war damit was. Ich habe etwas verkürzt und der Projektionsmechanismus - er ist aus Plastik - ist geschmolzen. Seitdem ist es so. Irgendwie mag ich es.«
    »Was war es denn mal?« Sie kamen an Stoffballen vorbei.
    Denny flüsterte runter vorgehaltener Hand mit gespielter Vertraulichkeit: »Ein Frosch.«
    Das mit der Frau, dachte Kid plötzlich, war das wirklich passiert?
    Wieder schrieen Leute. Unter ihnen rief Alptraum: »Hey, Mann sieh dir das an!« und lachte aufgeregt.
    Sie kamen in ein Treppenhaus: es war pechschwarz. Nach drei Stufen sagte Kid: »Wart mal - «
    Eine halbe Treppe tiefer fragte Denny: »Was ist los?«
    »Meine Sandale ist gerissen. Ich habe meine Sandale verloren.« Kid lauschte auf Dennys Atem und fühlte mit dem Fuß eine Stufe höher, eine darunter.
    Denny hörte plötzlich auf zu keuchen und sagte: »Hey, danke.«
    »Ich kann sie nicht finden«, sagte Kid. »Warum danke?«
    »Du hast mir wohl das Leben gerettet.«
    »Huh?«
    »Diese Frau. Sie hätte mich erschossen, wenn sie eine Chance gehabt hätte.«
    »Oh.« Kids Zeh stieß an die Mauer. »Das war nichts. Sie hätte mich auch erschossen.« Er dachte: Ein Kleinkaliber? Der fünfzehnjährige Denny war plötzlich sehr jung. »Das verdammte Ding muß doch irgendwo hier sein.«
    »Ich mach' Licht«, sagte Denny und knipste an.
    Kid ging zur Seite, um zu sehen, ob die Sandale in seinem Schatten lag. »Vielleicht ist sie runtergefallen . . .« Er blickte über das Geländer. »Nimm's mir nicht übel . . . aber mach das aus, ja?« Die leuchtende Amöbe fiel zusammen. Dunkelheit erfüllte das Treppenhaus, bis an seine Augen, darüber hinaus. »Kannst du etwas hören?«
    Der pulsierende Fleck im Dunkeln sagte vorsichtig: »Nein.«
    »Dann komm.« Kid ging nach unten.
    »Okay.« flüsterte es vor ihm.
    - mich erschossen, wenn sie eine Chance gehabt hätte: auch, wenn sie mich erkannt hätte? Hätte ich ihr wohl die Knarre weggerissen, wenn ich sie nicht erkannt hätte? (Weich stieß er

Weitere Kostenlose Bücher