Dhalgren
Verrat darin -, nicht so sehr Newboys, sondern seinen eigenen - Verrat an etwas, was der Dichter ihm zu sagen versucht hatte, was ihm aber nicht gelungen war, zu verstehen.
»Das ist so wie . . .« begann er laut, hörte sich und lachte. Das war wie an dem Abend im Park, als seine übersensibilisierte Wahrnehmung ihn derart bedrückt hatte, daß er nicht schreiben konnte.
Wieder lachte er.
Ein Paar lächelte und nickte.
Seine Miene wurde überrascht, als er sie bemerkte. Doch sie gingen vorbei.
Ich möchte etwas zu trinken, dachte er und merkte, daß er bereits auf die Bar zusteuerte. Ich möchte jetzt wirklich gern einen Schluck.
Das ist nicht so, Kid wiederholte sich, wie es sein sollte. Er wiederholte es zum sechzehnten oder siebzehnten Mal, setzte sich auf die Steinbrüstung und blickte über den Tisch und die Flaschen. Er hatte immer noch kein Glas.
»Hi!« Dann veränderte sich (eine Handvoll Rot fiel über grüne Feuer) ihr Gesichtsausdruck. »Was ist denn mit dir?«
Seine Hände streckten sich nach ihren Hüften aus. Um eine ergoß sich Blau, um die andere Grün.
»Blute ich?«
Sie glitten über ihren Hintern, und er dachte: Wie warm sie ist, lehnte das Gesicht an ihren warmen Bauch. Sie griff nach seinen Haaren. Zwischen seinen Lidschlägen glitzerte Schwarz zu Silber, Scharlachrot und Grün.
»Nein. Aber du siehst aus, als seist du gerade in eine Mauer gelaufen und wartetest nun, daß sie wieder wegginge.«
Kid gab einen Ton von sich, der den nächsten Satz einleiten sollte; heraus kam nur ein erneutes Stöhnen. Daher nahm er ihn zurück und versuchte es noch einmal höher. »Ich habe gerade . . . mit Frank geredet. Über . . . meine Gedichte.«
Sie entzog sich ihm und schob sich neben ihn auf die Mauer, Schulter an Schulter, ihr Bein gegen seines, um in seinem Augenwinkel zum teuflischen Glitzern zu werden, während er auf seine kaputten Daumen starrte, die zusammengedrückt auf den verkrampften Fäustetrommeln lagen. Sie fragte: »Was hat er gesagt?«
»Er fand sie nicht gut.«
Sie wartete.
»Er sagte, jeder hier denkt, ich sei ein sprechender Hund. Sie glauben alle, ich sei ein bißchen dumm, daß ich zehn Jahre jünger bin als in Wirklichkeit und daß sie alle irgendwie erstaunt seien, daß ich überhaupt meinen Namen richtig schreiben könnte - wenn ich einen hätte.«
»Kid . . .« viel leiser als er. Sie legte die Hand über seine. Er streckte einen Daumen aus. Sie umschloß ihn mit der Faust. »Das ist verdammt unverschämt.«
»Ist es nicht!« Aus ihrer Stimme erkannte er, daß sie die Stirn runzelte: »Das war Frank? Der, der in Kalifornien ein Buch veröffentlicht haben soll?«
»Yeah?«, fragend, wer denn sonst?
Sie antwortete: »Er ist neidisch, Kid.«
»Huh? Worauf denn?« was eine Feststellung, keine Frage war.
»Ihr seid beide Dichter. Ihr habt beide ein Buch herausgebracht. Sieh dir doch mal die Reaktionen auf deins hier an. Ich bezweifle, daß das bei seinem ebenso war.«
»Das ist schrecklich einfach. Außerdem ist es mir egal, warum er es gesagt hat. Ich wünschte nur, ich wüßte, ob es stimmt - Oh, Shit! Calkins hat die Gedichte nicht einmal gelesen, als er sich zum Druck entschloß. Vielleicht hat er es getan, als sie herauskamen, und es war ihm so peinlich, daß er sich heute abend nicht sehen lassen wollte.«
»Nein! Das ist zu albern -«
»Denk mal daran, wie Newboy um den heißen Brei herumgeschlichen ist, wenn ich ihn gefragt habe, ob sie -«
»Er hatte Spaß daran!«
»Shit, er hatte Spaß an mir! Was er sagen wollte, war, daß er es nicht auseinanderhalten konnte.«
»Und woraus schließt du, daß Frank dazu eher in der Lage sein sollte? Er verachtet dich, er verachtet die Art und Weise, wie hier alles auf dich fixiert ist: Und dann versucht er, deine Gedichte zu lesen. Immerhin war Mr. Newboy ehrlich genug, zuzugestehen, daß er das nicht unterscheiden konnte. Hölle, ich finde sie gut!«
»Du bist voreingenommen.«
»Und Frank ist das nicht? Sieh doch mal, sie -« sie ließ seinen Daumen los. Er sah sie an.
Sie hielt die Fäuste über dem flutenden, strudelnden Schoß verschränkt. »Jetzt läuft was falsch.« Ihre Unterlippe fuhr über die Zähne, um ihren Mund auf eine neue Stimmlage vorzubereiten. »Er hat recht. In vielen Dingen jedenfalls.«
Der einfache Schmerz begann in seiner Kehle. Ein Schlucken trieb es auf den Magengrund.
»Er findet deine Gedichte nicht gut, und er ist offenbar ehrlich. Daß er sie nicht mag. Thelma findet sie gut,
Weitere Kostenlose Bücher