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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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vollständig?)
    Als ich die Entfernung zur Hälfte überwunden hatte, sah ich mich um. Ging aber weiter. Ich glaube, er dachte, ich ginge einfach vorbei.
    Ich griff nach seiner Schulter und schleuderte ihn gegen den Zaun.
    »Hey . . .!« sagte er. »Was ist denn mit Ihnen los?«
    Ich hielt ihm die Orchideenklingen an die Kehle. Er zuckte zurück und sah überrascht aus.
    »Gib mir alles aus deinen Taschen«, kommandierte ich.
    Er holte tief Luft. »Gehört alles dir.« Er trug eine Brille.
    Ich wühlte in seinen Hosentaschen, während er die Hände hochhielt. Ich fand drei Dollarnoten (ich glaube, eine Klinge ritzte wirklich seinen Hals, und er zuckte noch weiter zurück). »Umdrehen, damit ich die hinteren Taschen auch sehen kann.« Er drehte sich um, und ich griff unter seinen Mantel, um zu merken, daß seine Hose keine Gesäßtaschen hatte. Ich dachte da, ich würde ihn schlagen oder treten. Was ich aber nicht tat.
    Ich wich zurück, und er drehte sich um, um mich anzusehen.
    Sein Mund war fest zusammengekniffen. Als ich wegging, merkte ich, daß seine Seitentaschen viel tiefer waren, als ich gedacht hatte: Ich konnte die Kreishaufen von Kleingeld ziemlich tief auf dem schwarzen Denim abgemalt sehen.
    Er blickte an einer erhobenen Hand vorbei nach links.
    Ein Typ ging über die Straße und beobachtete uns. Aber als ich hinsah, blickte er weg.
    Der Mann stieß einen entrüsteten Ton aus, ließ die Hände sinken und wandte sich zum Gehen.
    Ich machte eine Bewegung mit der Orchidee und sagte: »Hey!«
    Er sah zurück.
    »Du bleibst hier zehn Minuten stehen, bevor du dich rührst«, sagte ich und ging noch einen Schritt zurück. »Wenn du jemanden rufst oder versuchst, hinter mir herzukommen, schneide ich dir die Kehle durch.« Ich drehte mich um und rannte den Block entlang. Einmal blickte ich mich um.
    Ich bog um die Ecke, stellte mich in einen Hauseingang, schnallte die Orchidee ab und verstaute die drei Scheine in der Tasche. Dann bückte ich mich und rollte das Hosenbein hoch, um nachzusehen. Es war nur ein winziger Kratzer an der Wade oberhalb des Knöchels, wie, wenn man an einem Nagel entlanggeritzt ist oder einem Stück Holz oder -
     
    *
     
    traf Drachenlady auf der Vordertreppe: Denimweste eng zugeschnürt, Arme verschränkt (was die Bänder darüber etwas lockerte). Sie sah nachdenklich aus.
    Hatte sie längere Zeit nicht gesehen.
    Wieder zurück.
    Was sie so getan hätte.
    Nichts.
    Wo sie denn gewesen sei? Überall.
    Ich legte den Arm um sie, doch ihr war offensichtlich nicht danach, gestreichelt zu werden. Ich ließ ihn also wieder sinken und ging einfach neben ihr her.
    Als wir das Haus umrundet hatten, entspannte sie sich ein bißchen. Die dunklen Arme hielt sie immer noch verschränkt.
    Baby und Adam dabei?
    Yeah, kommen gleich.
    Kamen zum Hof (sagte zu ihr: »Gut, dich wieder hier zu sehen«, und sie lächelte mit gefleckten Zähnen) brachte sie zu den Affen und Tarzan die dort herumalberten. Die Atmosphäre beschert uns einen Tag so schemenhaft wie Nacht. Ich wußte nicht, wie spät es war; Lärm und Gebrüll begleiteten sie, als sie sich unter einen Baum setzte, die Fäuste zwischen den Knien baumeln ließ und mit den Blick besorgt umherschweifen ließ, ohne ihn irgendwo ruhen zu lassen.
     
    -----
    Ich muß immer wieder diese Zeitlosigkeit erwähnen, weil dieses Phänomen jenen Teil des Hirns irritiert der das Verstreichen der Zeit registriert, so daß Augenblicke, Sekunden, Minuten schmerzhafte Realität besitzen; doch Stunden - viel weniger noch Tage und Wochen - sind übriggebliebene Töne einer toten Zunge.
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    Fragte mich, wie (spät? früh?) es war, beschloß, den Spülstein auf der hinteren Veranda zu reparieren (weil ich in dem Schränkchen unter dem Spülstein etwas anderes gesucht und dort Werkzeug gefunden hatte; wieder beeinflußt die Topologie), und nachdem ich das Wasser abgedreht und die erste Mutter abgezogen hatte, beschloß ich, das ganze Ding auseinanderzunehmen und, wenn ich Lust hatte, wieder zusammenzusetzen.
    Ich entfernte den Verschluß von dem Ellenbogenrohrstück. Ein Wust aus Haaren und lila Schlick flutschte auf den Boden. Nahm die Hähne ab. Hätte ich tun sollen, bevor ich den Verschluß abgeschraubt habe, weil aus jedem ein kleiner Schwall rostbraunen Wassers schoß, das durch das offene Rohr auf den Boden floß. Dann drehte ich die Gewinde innen heraus.
    D-t kam heraus, kauerte sich neben mich und sah eine Zeitlang zu, reichte mir gelegentlich Werkzeug an

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