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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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um mir irgend etwas zu zeigen, wie die Leinwand im siebzehnten Jahrhundert präpariert war (»Jesus, ich habe Wochen damit zugebracht, schwarzes Öl und Mereget zu machen! Mich wundert's, daß ich niemanden erstickt habe.«) - sagte: »Nein, ich glaube nicht. Mit dir ist es riskant genug. Jetzt noch nicht. Vielleicht später«, und hing das Bild andersherum wieder an die Wand. Wir lachten.
    Und da habe ich siebzehn Bilder andersherum wieder aufgehängt - »Komm! Hör auf!...«befahl sie, aber ich tat es trotzdem, weil, erklärte ich, jeder, der vorbeikommt, sie so bemerken wird, die Stirn runzelt, sie vielleicht wieder richtig herum aufhängt. Und sie schließlich etwas länger ansehen wird. »Ich mache das nur bei denen, die mir gefallen,«
    »Oh«, sagte sie zweifelnd. »Gut, okay.«
    Aber es gibt noch mehr unfixierte Erinnerung. Und für mich ist das wichtig. (Nur wenn ich gerade schreibe, ist das in dem Moment noch lebhafter...) Deshalb höre ich hier auf - müde.
    Doch ich muß noch über jenen komischen Streit mit Denny berichten, wo ich dachte, ich bringe den kleinen Bastard um. Und Lanya schien einfach desinteressiert. Was mich so sauer machte, daß ich sie auch hätte umbringen können. Verbrachte daher den Nachmittag mit einer Flasche Wein und Lady of Spain und hetzte über die beiden, und reichten uns gegenseitig die Flasche - sie trug neuerdings viele Ringe -, und dann stolperten wir zu Emboriki, machten uns gegenseitig Mut, dort einzubrechen, was wir aber nicht taten, sagten uns aber einander, als wir umarmt zurücktaumelten: »Du bist hier mein einziger richtiger Freund.« - alles sehr gefühlsduselig, aber nötig. Dann schrien wir über die leere Straße: »Motherfucker! Verdammte, scheißefressende Motherfucker! Kommt doch raus da und stellt euch!!« Wir lachten hysterisch, sprangen am Randstein auf und ab und verschütteten Wein »Yeah!« schrie Lady of Spain. »Kommt doch raus -« und rülpste dann - ich dachte, sie kotzt, aber nein. Ihre Augen waren sehr rot, und sie rieb sie mit den beringten Fingern. »Kommt doch runter -« Da sah sie ihn: In dem großen Fenster im dritten Stock. Unter einem Arm hielt er das Gewehr. Die Hühnerbrust, das zu lange Haar, selbst das blaue, blaue Hemd, das man von uns aus als zu groß erkannte: Ich erkannte ihn und fühlte mich merkwürdig. »Hey«, sagte ich zu Lady of Spain und erzählte ihr, wer das war. Sie sagte: »Nein, Scheiße.« Ich lachte. Dann sagte sie: »Warte eine Minute. Erkennt er dich denn?« Aber ich begann wieder zu schreien. Ich rief ihm jeden Schimpfnamen zu, den ich kannte, dazwischen schüttelte ich mich vor Lachen. Lady of Spain wiederholte: »Er hat eine Knarre«, nicht annähernd mehr so betrunken wie vorher. »Kid, laß uns hier weggehen.« Aber ich blieb da. Er beobachtete uns. Einmal bewegte er sich und stützte den Kolben auf der Fensterbank auf. Der Lauf wies geradewegs nach oben. Ich glaube, er grinste. Schließlich gingen wir weg.
    Diese Stadt ist wie eine Landkarte vorhersehbarer Gewalt. Die bewaffneten Bewohner von Emborikys, die Schwarzen drumherum, das Zischen aus einem zugedrehten Hahn, der zu tropfen aufgehört hat, die Zeit, die eine Gruppe benötigt, mit Konserven, Nudeln, Bohnen, Reis, Spagetthi zurückzukommen - alles ist ein Emblem des unentrinnbaren, kommenden Schocks. Doch die Ereignisse selbst sind alle unbedeutend, enttäuschend, unwichtig, nicht schlüssig, vor allem albern, als verhüte die Stadt, daß sich jegliche richtige Angst jemals auflöst. Und das Ergebnis? Hier erstarrt jegliche Humanität, jegliche Mildtätigkeit, nichts wird hier gewürdigt.
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    »Hallo«, sagte ich und machte weiter.
    »Wie geht's?«
    Ich grunzte.
    »Schön, dich gefunden zu haben. Niemand schien zu wissen, wo du wohnst. Ich wollte wissen, ob ich mit dir was bereden kann.«
    Ich war auf ihn sauer wegen der Unterbrechung; auch, weil ich D-t ebenfalls irgendwie ignorieren mußte, wenn ich ihn ignorierte. »Was willst du?«
    Der Türrahmen knarrte; Frank verlagerte sein Gewicht.
    Dann die Dielen; D-t kauerte sich anders hin.
    »Also«, sagte Frank und befreundete sich mit dem Gedanken, sich mit mir zu unterhalten, auch wenn ich ihn nicht ansah. »Ich habe mich gefragt, wie jemand wie ich zu Typen wie euch kommen kann.«
    Ich sah mich nach ihm um, merkte, wie D-t ihn ebenfalls anblickte und wieder wegsah.
    »Ich meine«, fuhr Frank fort, »gibt es eine Art Initiation oder so? Muß man von jemandem mitgebracht werden, oder tut ihr euch

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