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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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darauf bestande n … «
    Nein’a nahm den Vorwurf hin, ohne zu antworten. Leesils Ausbildung ging auf ihre Initiative zurück; Gavril hätte es vorgezogen, wenn ihr Sohn nur eine Geisel gewesen wäre, mit der Darmouth ihnen Fesseln anlegte. Sie hatte Leesil das Geschick ihrer Kaste gelehrt, der Anmaglâhk .
    Dies war kaum der geeignete Zeitpunkt, etwas zu rechtfertigen oder zu bedauern, was in der Vergangenheit lag. Nein’a ergriff Gavrils Hand und lief mit ihm am Ufer entlang zur Brücke. Sie flohen zur Burg und ihrer einzigen Chance, diese Nacht zu überleben.

1
    »Wo ist das Mädchen?«, fragte Magiere. »Und der hinterhältige Vierbeiner?«
    »Wynn und Chap kommen schon«, sagte Leesil. »Der Tag geht dem Ende entgegen. Wir könnten also ruhig eine weitere Nacht in der Stadt bleiben.«
    Er sah Magiere nicht an und hörte kaum ihre ungeduldigen Schritte auf der nassen Straße hinter sich. Sein Blick ging durch das große Nordtor von Soladran, der nördlichsten Stadt von Strawinien. Am Horizont ragten die schneebedeckten Gipfel der Kronenberge auf, und weiter im Westen, am östlichen Rand der Kriegsländer, erstreckten sich die bewaldeten Vorberge von Lord Darmouths Provinz.
    Der späte Nachmittag war recht kühl, und Leesil zog sich den Wollmantel enger um die Schultern. Kalter Wind wehte durch den Steinbogen mit den weit offenen Torflügeln aus massivem Holz und zupfte an der Kapuze. Eine verräterische weißblonde Haarsträhne kam darunter zum Vorschein, Leesil schob sie rasch zurück.
    Während ihrer langen Reise nach Norden war der Winter gekommen. Hier und dort lag Schnee in der Stadt und bildete eine dünne weiße Decke auf den Stroh- und Schindeldächern der nächsten Läden und Häuser. Jenseits des Tors fiel das offene Land sanft ab, bis hin zu den eisverkrusteten Ufern eines von Osten nach Westen verlaufenden Flusses. Auf der anderen Seite des Wassers stieg das Gelände an. Hohes braunes Gras wuchs dort, vom kalten Regen, der vor kurzer Zeit niedergegangen war, teilweise zu Boden gedrückt. Noch etwas weiter entfernt markierte die aus Kiefern und Fichten bestehende Baumlinie den Rand der Vorberge.
    Dort begann die Waldregion von Darmouths Domäne in den Kriegsländern, still und ruhig unter einem grauen Himmel. Ein unwissender Beobachter mochte die Szene friedlich finden, aber der Eindruck täuschte, und das wusste Leesil. Hinter dem Grenzfluss warteten die Stätten seines ersten Lebens.
    Sohn und Sklave, Spion und Assassine.
    Kehre nie in dein eigenes Leben zurück. So lautete die Binsenwahrheit, die Leesil für diesen besonderen Moment erfunden hatte, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als seine Suche fortzusetzen.
    Von dem Tor führte keine sichtbare Straße weg, und auf der anderen Seite des Flusses gab es keinen erkennbaren Weg. Nur wenige Reisende kamen aus dem Norden hierher. Keiner der strawinischen Grenzwächter in ihren weißen Wappenröcken und mit den pelzbesetzten Helmen trat über die Schwelle des Tors hinweg. Die Bürger von Soladran sahen nicht einmal zu dem Portal, wenn sie ihrer täglichen Routine nachgingen. Die Öffnung des Tors an jedem Morgen war lediglich ein Ritual ohne praktischen Nutzen.
    LeesilwarsosehrinGedankenversunken,dassesihnüberraschte,alsMagiereplötzlichnebenihmerschien.Siebeugtesichvor,dieStirnunwilliggerunzelt,folgteseinemBlickzumWaldunddenschneebedecktenBergeninderFerne.AusdemAugenwinkelsahLeesil,wiesieherauszufindenversuchte,wasseineAufmerksamkeitgeweckthatte.
    Die Kapuze ihres Wollmantels lag auf dem Rücken, und mit einem Lederriemen hatte sie das lange schwarze Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie starrte durchs Tor, die Augen groß und braun in einem unnatürlich bleichen Gesicht. Ihre Nase war lang und gerade, und die Lippen darunter zeigten kaum mehr Farbe als das Gesicht. Die Unwilligkeit verschwand aus ihren Zügen, als sie verstand.
    Magiere runzelte erneut die Stirn, aber diesmal nicht aus Ärger. Sie legte Leesil die Hand auf die Wange und drehte seinen Kopf, damit er sie ansah. Ihre Stimme war sanft und doch fest.
    »Schnell und still wie immer. Niemand wird erfahren, dass wir dort unterwegs gewesen sind.« Ihre Hand sank nach unten, auf sein Kettenhemd. »Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand ein Leid zufügt.«
    Leesil versuchte, sich ein Lächeln abzuringen, aber es gelang ihm nicht.
    Für Magiere war es schwer gewesen, ihrer Heimat Dröwinka den Rücken zu kehren, sosehr sie dieses Land auch verabscheute. Leesil hatte

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