Dhampir - Seelendieb
Magiere in ihrem gegenwärtigen Zustand.
»Das Balkenstück hat ihr Herz durchdrungen«, betonte sie, und ihre Hände bewegten sich so, als fühlte sie das Holz zwischen ihnen.
»Ich weiß«, sagte Leesil. »Ich habe es gesehen.«
Chap lag auf dem Bett, während sich Leesils Gedanken mit den Dingen beschäftigten, die geschehen ware n – und die nicht geschehen waren, wie es schien. Wenigstens kam seine Idiotie im »Eschenwald« nicht zur Sprache. Behutsam tastete Leesil durch Chaps Fell und suchte nach Verletzungen. Der Hund blutete nicht, aber nach einem so harten Schlag konnten sie es ihm nicht zumuten, noch in dieser Nacht einer Fährte zu folgen; deshalb waren sie zum Gasthof zurückgekehrt. Auf dem kleinen Tisch neben Magieres Schwert standen zwei brennende Kerzen und eine Blechschüssel mit Wasser, die sie sich vom Wirt besorgt hatten.
Leesil deutete auf die Schüssel. »Bitte gib sie mir.«
Magiere unterbrach ihre Überlegungen, reichte ihm die Schüssel und nahm auf der anderen Seite des Bettes Platz. Leesil tauchte ein zusammengefaltetes Tuch ins Wasser und legte es dann als kühle Kompresse auf Chaps Kopf.
»Wie konnte die Untote entkommen?«, fragte Magiere.
Leesil schüttelte den Kopf. »Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Erstens: Du hast das Herz verfehlt.«
»Das habe ich nicht.«
»Dan n … Nun, es geschähe nicht zum ersten Mal, dass sich solche Dinge als Aberglauben erweisen.«
»Naschön«,brummteMagiere.»AlsozurückzumKopfabhacken.«
»Und zu Asche«, fügte Leesil hinzu.
»Komm bloß nicht auf dumme Gedanken«, warnte Magiere.
Angespannte Stille folgte, und Leesil fragte sich, ob Magiere ihren Zorn jetzt auf ihn richtete. Stumm saß sie da und beobachtete, wie er die Kompresse auf Chaps Kopf erneuerte.
»Außerdem würde Asche dem Stadtrat nichts beweisen«, fuhr sie fort. »Wir haben nichts, womit wir die Ereignisse von heute Abend beweisen könnten. Es gibt keine Möglichkeit, der Untoten zu folgen, es sei denn, Chap erholt sich schnell und nimmt die Fährte auf. Und selbst das dürfte schwer werden, denn ich habe nichts, an dem er riechen könnte.«
Leesil zögerte. »Ich schon.«
Magiere presste die Lippen zusammen, sah ihn aber nicht an.
»Nun, du hattest mehr Gelegenheit als ich, etwas an dich zu bringen, oder?« In Magieres Stimme gab es einen kühlen Unterton. »Vielleicht sollten wir auf diese Weise jagen. Wir schicken dich ins nächste Bordell mit einem Kartentisch und einem Becher Wein und warten einfach, bis das erste untote Luder auf deinen Schoß sinkt.«
Leesil versuchte, nicht zusammenzuzucken. Er biss sich sogar auf die Zunge und wusste: Was auch immer er sagen würde, es wäre nur Öl für das Feuer von Magieres Zorn gewesen. Abgesehen davo n … Er wusste gar nicht, was er sagen sollte.
Er fühlte sich so, als wäre er untreu gewesen, und das erschien ihm absurd. Was auch immer er versuchte hatte, um Magiere näherzukommen, war ohne Erfolg geblieben. Immer wieder hatte sie ihn zurückgewiesen. Warum also sollte er sich schuldig fühlen? Seine Gedanken kehrten zu Wein und Karten zurüc k … Aber er war nicht betrunken, und er hatte kein Geld verloren, und damit blieb nur eine Sache, wegen der er sich schämen musste, obwohl ihn überhaupt keine Schuld traf. An solche Dinge hatte er nicht einmal gedacht, seit sie in Miiska wohnten.
Er dachte nur an Magiere.
Was für Leesil besonders ärgerlich und verwirrend war: An diesem Abend war viel geschehen, aber Magieres Zorn galt vor allem dem Umstand, dass die Untote auf seinem Schoß gesessen hatte.
Ein tiefes Seufzen von Magiere weckte Leesils Aufmerksamkeit. Als er den Blick zu ihr hob, betrachtete sie sein weißblondes Haar, das offen auf die Schultern fiel.
»Du hast dein Kopftuch verloren«, sagte sie. »Wir müssen dir ein neues besorgen.«
Leesil griff in die Tasche, holte eine Handvoll Münzen hervor und legte sie aufs Bett.
»Hier. Ich habe den größten Teil des Geldes zurückgewonnen, den mir die Matrosen auf dem Schiff abgeknöpft haben. Ich schätze, das Kopftuch macht da keinen großen Unterschied.«
Es erleichterte ihn, das Thema zu wechseln. Aber als Magiere die Münzen sah, begriff Leesil zu spät, dass er einen weiteren Fehler gemacht hatte. Bevor sie etwas sagen konnte, stieß er hastig hervor:
»Ein Kopftuch verbirgt weder meine Augen noch die Haut. Offenbar sind die Angehörigen meines Volkes hier eine größere Kuriosität, als ich dachte.«
Magiere wandte den Blick von den Münzen
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