Dhampir - Seelendieb
ab. »Die Angehörigen deines Volkes?«
»Du weißt, was ich meine.«
»Nein, das weiß ich nicht«, antwortete sie und schüttelte so abrupt den Kopf, dass ihr einige Strähnen ihres schwarzen Haars ins blasse Gesicht fielen. »Ich habe nicht vergessen, was du in der Gasse gemacht hast. So etwas lernt man nicht, wenn man einen Monat lang morgens in den Wald geht.«
Leesil sah wieder auf Chap hinab. Dies war nicht das, was er erwartet hatte. Und es war auch nicht der richtige Zeitpunkt. Doch Magiere ließ nicht locker und beugte sich vor.
»Sieh mich an!«, sagte sie scharf. »Wir sind übel dran, und ich weiß nicht, was ich tun soll. Bisher gab es in meinem Leben nur zwei Gewissheiten, auf die ich mich verlassen konnte: du und Chap. Du hast dich verändert, als wir uns in Miiska niederließen, zum Besseren, aber jetz t … Jetzt verhältst du dich wieder wie der alte Leesil aus unserer Zeit auf der Straße. Vielleicht ist es sogar noch schlimmer mit dir. Du trinkst, spielst un d … «
»Und nichts«, warf Leesil ein. »Es war nicht das, wonach es aussah.«
»Es geht mir nicht um das hurenhafte kleine Ungeheuer, von dem du dich hast blenden lassen.«
»Ich war nicht geblendet!«
»Ich will nicht mir dir streiten, es sei denn, du willst unbedingt eine Konfrontation. Sag mir jetz t … Was ist los?«
Leesil biss die Zähne zusammen. Diese Auseinandersetzung wurde richtig schlimm, und der Zeitpunkt machte sie noch schlimmer. Im Vergleich dazu war es fast harmlos, mit einem untoten Flittchen auf dem Schoß erwischt zu werden.
»Ich verspreche dir, dass ich nie wieder Wein anrühre. Ich werde immer klar bei Verstand und wachsam sein. Und es auch bleiben.«
Kerzenschein flackerte über Magieres Gesicht, und Leesil sah, dass diese Antwort nicht genügte. Chap lag zwischen ihnen, war eingeschlafen und schnarchte leise. Leesil setzte die Schüssel mit dem Wasser auf den Boden.
»Ich brauche mehr als irgendwelche Versprechen«, sagte Magiere.
»Wie meinst du das?« Leesil hoffte noch immer auf einen Ausweg aus dieser Situation.
Magiere seufzte. »Ich spreche nicht über meine Vergangenheit, weil es nur wenig zu erzählen gibt und ich kaum etwas sicher weiß.« Sie sah ihm direkt in die Augen. »Aber wenn du danach frags t … Ich wäre bereit, dir Auskunft zu geben und alle deine Fragen zu beantworten. Und deshal b … Warum erzählst du mir nicht von deinem Leben, bevor wir uns trafen?«
»Weil du nichts davon hören möchtest, und weil es keine Rolle mehr spielt.« So schlau und clever er auch sein mochte: Diese Worte klangen falsch, und Magiere schenkte ihnen keine Beachtung.
»Wo hast du gelernt, so zu kämpfen? Was hat es mit deinem rechteckigen Kasten und den seltsamen Objekten darin auf sich, und woher stammt er? Er hat keine Rolle gespielt, weil du ihn bis vor zwei Monden versteckt hast. Jetzt spielt er eine Rolle.«
Leesil schloss die Augen. Wenn er ihr Antworten ga b … Was würde sie tun? Konnte sie anders reagieren, als sich von ihm abzuwenden, fortzugehen und nie zurückzublicken?
» Anmaglâhk«, flüsterte er.
»Was bedeutet das?«
»Es ist ein Elfenwort, das meine Mutter benutzte. Ich wusste zunächst nicht, was es damit auf sich hatte, aber schließlich konnte ich seine Bedeutung erraten. Sie benutzte es nur selten für sich selbst und einmal mir gegenüber.«
Magiere sah ihn an und wartete.
»Sie war eine Assassinin«, sagte Leesil monoton. »Wie mein Vater und auch ich.«
Vorsich t – oder war es Abscheu ? – verdrängte den Zorn in Magieres Gesicht. Sie sah sich kurz im Zimmer um, als überlegte sie, wo die »seltsamen Objekte« jetzt versteckt sein mochten, blickte dann auf Leesils Arme. Unter den lockeren Ärmeln zeigte sich die Scheide eines Stiletts. Leesil zog langsam die Hände zurück und legte sie in den Schoß.
»Deine Mutter, eine Elfi n … Sie hat für Geld gemordet?« Magieres Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Und du ebenfalls?«
»Du kennst die Kriegsländer weit im Norden«, sagte Leesil. »Es sind keine richtigen Länder, sondern Provinzen, deren Herrscher ihre Macht auf militärische Gewalt gründen. Hast du jemals von Lord Darmouth gehört?«
»Ja«, erwiderte Magiere zögernd.
»Meine Familie stand in seinen Diensten. Wir waren seine Sklave n – seine Spione und Assassinen.«
Magiere wandte sich ab und starrte an die Wand.
Leesil fürchtete sich plötzlich, und es gab nur noch wenige Dinge, die Furcht in ihm weckten. Aber er musste dies jetzt zu
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