Dhampir - Seelendieb
ab. Blut bedeckte die eine Hand. Vom rechten Ärmel ihres Kleids war ein Stück abgeschnitten. Eigenes Blut tropfte aus einer Schnittwunde am Handgelenk, rann auch aus dem Mund über Kinn und Kehle, bildete dunkle Flecken auf dem Oberteil des Gewands.
Doch das war noch nicht das Schlimmste. Einlanges,gesplittertesStückHolzragtemittenausihrerBrust.SaphirsGesichtzeigteeineMischungausFurchtundVerwirrung.
Toret eilte zu ihr und ergriff sie an den Schultern, als sie zusammenbrach. Langsam ließ er sie zu Boden sinken.
»Saphir! Bleib bei mir!«, befahl er mit scharfer Stimme. »Chane!«
Der große Mann kniete bereits neben ihm und richtete einen kühlen Blick auf das Stück Holz in Saphirs Brust. Die Frau wollte etwas sagen, aber es kam nur ein gurgelnder Laut von ihren Lippen.
»Noch einmal«, drängte Toret. »Sag es noch einmal, langsam.« Er beobachtete den Mund und versuchte, die Worte von den Lippen zu lesen.
Bekomme es nicht heraus .
Toret griff nach dem Holz.
»Nein«, sagte Chane, griff nach seiner Hand und zog sie zurück. »Sie ist sehr schwach.« Er zögerte. »Das Ding steckt in ihrem Herzen.«
Panik erfasste Toret. »Ich will sie nicht verlieren!«
»Sie bewegt sich noch«, flüsterte Chane verwundert. »Ein Pflock im Herzen sollte für jemanden von uns das Ende bedeuten.«
Helft mir , flehten Saphirs Lippen.
»Was soll ich tun?«, jammerte Toret.
Sein Entsetzen wuchs, als Chane einfach nur nachdenklich dastand.
»Schneid dein Handgelenk auf«, sagte Chane. »Gib ihr zu trinken, wenn ich das Stück Holz herausziehe. Unser Blut enthält kein Leben, aber vielleicht bewahrt es ihre Existenz, bis wir wieder zu Hause sind. Dann müssen wir ihr schnellstens das Blut eines Sterblichen besorgen.«
Toret zögerte. »Ich habe seit Tagen keine Nahrung aufgenommen. Ic h … kann ihr nichts geben und ziehe den Pflock.«
Chane richtete sich abrupt auf, und sein Gesicht zeigte fast so etwas wie Verachtung, gewann aber sofort wieder einen neutralen Ausdruck. Er setzte die scharfe Kante des Schwerts an sein Handgelenk und schnitt tief, woraufhin sein Blut aus der Wunde quoll und auf den Boden tropfte. Er ließ das Schwert fallen und presste das Handgelenk an Saphirs Mund.
»Trink«, forderte er sie auf. Und zu Toret: »Jetzt.«
Toret zerrte das Stück Holz aus der Wunde und schnitt eine Grimasse, als der Pflock mit dumpfem Knirschen über Knochen schabte. Saphir riss die Augen auf, und ihr Mund öffnete sich weit wie zu einem Schrei, aber Chane presste ihr noch immer das Handgelenk an die Lippen.
»Sei still und trink!«, befahl er.
Seine Worte erreichten Saphir schließlich, und sie biss ins Handgelenk und trank. Chanes Oberlippe zitterte einmal, aber er ließ alles mit sich geschehen, ohne zusammenzuzucken oder zu stöhnen. Toret fühlte einen seltsamen Anflug von Dankbarkeit und schämte sich dafür.
Es drang weniger dunkle Flüssigkeit aus der großen Wunde in Saphirs Brust, und schließlich hörte die Blutung ganz auf. Chane legte der Frau die freie Hand auf die Stirn und riss die andere aus ihrem Mund.
»Mehr!«, heulte sie.
»Nein«, sagte Toret. »Wir müssen nach Hause zurück. Dort bringe ich dir Leben.«
Saphir packte Torets Schultern und schnappte nach seiner Kehle, aber er hielt sie fest, bis sie sich beruhigte, dann einfach nur noch in seinen Armen lag und zuckte.
Chane riss einen Streifen Seide von Saphirs Gewand ab und wickelte ihn sich ums Handgelenk. Dann trennte er noch mehr Stoff ab, um Saphirs Brustwunde zu verbinden.
»Ich beschaffe uns eine Kutsche«, sagte er. »Wir müssen verhindern, dass jemand sie sieht.«
Ohne ein weiteres Wort eilte er durch die schmale Gasse.
Toret wiegte Saphir sanft in den Armen und verstand zum ersten Mal, wie sich Rashed gefühlt und warum er sich geweigert hatte, Miiska zu verlassen.
»Es wird alles gut«, flüsterte er. »Bald bist du wieder zu Hause.«
Er würde nicht warten, bis die Jägerin und ihre Helfer erneut einen von ihnen allein fanden. Toret beschloss, sie zuerst zu finden.
»Ich habe ihr Herz durchbohrt«, sagte Magiere leise.
Leesil beobachtete, wie sie in seinem Zimmer in der »Klette« umherging. Ihr Falchion lehnte in der Ecke. Leesil hatte mit Chap in der Kutsche gewartet, als Magiere in den »Eschenwald« zurückgekehrt war, um ihr Schwert zu holen. Früher oder später würden sie für das, was in dieser Nacht geschehen war, schwer eins aufs Dach bekommen, aber nach Leesils Meinung konnte das kaum schlimmer sein als
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