Dhampir - Seelendieb
meistens unter sich, und ich habe nie von einem gehört, der für einen menschlichen Herrn arbeitete. Nicht als Assassine und erst recht nicht als Sklave.«
»Meine Eltern haben nie darüber gesprochen, obwohl ich einige Male versuchte, sie danach zu fragen. Ich weiß kaum mehr als das, was ich dir gesagt habe.«
»Also sind sie noch immer damit beschäftig t … « Magiere zögerte und spuckte dann die nächsten Worte aus. »… für Darmouth zu töten. Warum haben sie nicht ebenfalls die Flucht ergriffen? Sie brauchten keine Rücksicht mehr auf dich zu nehmen. Oder gibt es einen anderen Grund dafür, warum sie blieben?«
»Magier e … «, begann Leesil und senkte dann enttäuscht den Kopf.
Sie würde die Welt, aus der er kam, nie ganz verstehen. Er sprach ruhig, wie gleichgültig.
»Sklaven, erinnerst du dich? Und immer bewach t – Geiseln. Das war die Kette, mit der Darmouth meine Familie fesselte. Irgendwann denkt man nicht mehr darüber nach, was man macht. Man macht es einfach, um selbst am Leben zu bleiben und jene zu schützen, die von einem abhängen. Aber ich konnte nicht mehr töten, und deshalb bin ich weggelaufen.«
Diesmalwareres,dersichabwandte.MitgesenktemKopfundgeschlossenenAugensaßeraufderBettkante.VonalldenLeben,dieerausgelöschthatte,warendieletztenbeidensotiefinihmverschlossen,dasssiekeinenWeginseineAlbträumefanden.
»Du hast richtig gehandelt«, sagte Magiere nach einer Weile.
»Richtig?«, erwiderte Leesil, ohne sie anzusehen. »Sie sind tot, Magiere! Meine Elter n … Ich lief fort, und dafür mussten sie mit dem Leben bezahlen.«
Damit war es heraus. Nie zuvor war er bereit gewesen, mit jemandem darüber zu sprechen, und jetzt hatte er sich der einen Person anvertraut, die es nicht erfahren durfte. Wohin sollte er sich wenden, nachdem dieses Leben mit Magiere vorbei war?
Er blieb mit geschlossenen Augen sitzen und wollte nicht sehen, wie sie ging. Er stellte sich vor, dass sie einfach nicht mehr da war, wenn er die Lider hob.
Ein metallenes Geräusch erreichte seine Ohren, und Leesil begriff, dass Magiere ihr Schwert genommen hatte. Er hörte, wie ihre Schritte auf dem Weg zur Tür ums Bett kamen, und dann klopfte Metall auf Holz, ganz in der Nähe.
Finger strichen ihm über Wangen und Haar, und die Hände verharrten an den Schläfen.
Leesil hatte den Kopf noch immer gesenkt, als er die Augen öffnete, und er sah die Schüssel mit dem Wasser neben Magiere, die vor ihm in die Hocke gegangen war. Ihre Stirn berührte seine.
»Danke«, flüsterte sie. »Danke dafür, dass du es mir gesagt hast.«
Mit verbundenem Handgelenk stieg Chane in einem der ärmeren Viertel des Außenkreises aus der Kutsche. In einem Bereich der Stadt, wo sich niemand derartigen Luxus leisten konnte, wollte er nicht vom lauten Geklapper einer Kutsche angekündigt werden. Er bezahlte den Kutscher, ging über die Straße und näherte sich dem Viertel, das Domin Tilswith und Wynn »Bruchbude« nannten.
Erst vor kurzer Zeit hatte er das Haus verlassen, um Nahrung für die verwundete Saphir zu suchen. Sie hatte stückchenweise von dem erzählt, was ihr zugestoßen war: Ein Halbelf hatte sie durch seine Schnelligkeit und sein Geschick überrascht, und eine hellhäutige Frau war kräftiger als eine gewöhnliche Sterbliche gewesen. Toret hatte die Beschreibungen mit großer Anteilnahme und noch größerer Sorge zur Kenntnis genommen.
Weitere Fragen zogen durch Chanes Bewusstsein, als er sich von Toret beauftragt auf den Weg machte. Diese beiden alten Feinde seines Herrn stellten vielleicht den Schlüssel für seine Freiheit dar, und deshalb hatte er beschlossen, einen kleinen Umweg zu machen. Doch er musste sich beeilen. Wenn er zu lange fortblieb, wuchs Torets Zorn darüber, dass Saphir länger leiden musste, und vielleicht schöpfte er sogar Verdacht. Doch angesichts von Torets unberechenbarem Verhalten war dies möglicherweise die einzige Chance, die sich Chane bot.
Es war spät, und Bruchbude trug ihren Namen zu Recht. Unrat lag am Straßenrand, und schäbige Gebäude drängten sich aneinander. Irgendwo weinte ein hungriges Kind, und ein Mann fluchte hingebungsvoll. Aus der trotzigen Antwort einer Frau wurde ein plötzliches Schluchzen.
Chane ging mit langen Schritten weiter.
Wynn hatte ihm von einem Elfen erzählt, der in der Ärmlichkeit von Bruchbude lebte. Erstaunlicherweise hatte die junge Weise in ihrem Heimatland mit Elfen Kontakt gehabt und ihre Sprache gelernt. Als sie von dem Elf in Bela
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