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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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Tunnel unter einem See fortgetragen.
    Wynn verstand nicht ganz, welche Gefühle er ihr entgegenbrachte. Sie mussten stark sein, so viel stand fest, und normalerweise reagierten Männer nicht so auf sie. Es hatte nur einen anderen gegeben.
    Osha, ein junger Elf und An’Cróan, hatte mit einer Ausbildung zum Anmaglâhk begonnen, zu einem Assassinen, obwohl er sich überhaupt nicht dazu eignete. Mit seinem langen, pferdeartigen Gesicht war er nicht besonders attraktiv gewesen, nicht einmal im Vergleich mit Menschen, und ihm fehlte das Intellektuelle, das Chane auszeichnete. Seine Gefühle hatte er immer ganz offen gezeigt, vor allem eine Gutmütigkeit, die unbeeinträchtigt blieb von Furcht und Hass der Elfen anderen Völkern gegenüber. Er war immer unerschrocken und unverzagt gewesen und hatte mit Wynn Freundschaft geschlossen, als sie einen Freund brauchte. Vielleicht hatte er sogar etwas mehr sein wollen als nur ein Freund.
    Es wäre Wynn sicher nicht schwergefallen, ihn noch näher kommen zu lassen, aber sie hatte sich dagegen entschieden. Die Umstände hatten Osha gezwungen, zu seinem Volk zurückzukehren, und auch Wynn hatte sich auf den Heimweg gemacht. Was auch immer zwischen ihnen möglich gewesen wäre … Es kam nicht dazu.
    Manchmal, wenn sie an ihn dachte, vermisste sie ihn. Doch wenn Oshas Gesicht vor ihrem inneren Auge erschien, sah sie auch Chane, selbst wenn sie nicht wollte.
    Die junge Weise saß auf dem Boden, betrachtete Chanes glattes Gesicht und wünschte sich …
    Die Dinge hätten anders sein können, wenn er kein Untoter gewesen wäre. Aber das ließ sich nicht ändern; damit musste sie sich abfinden.
    Schließlich streckte sie die Hand aus und berührte ihn an der Schulter.
    »Chane«, sagte sie sanft. »Wach auf.«
    Er rührte sich nicht. Dass die Sonne am Himmel stand, konnte ihn hier unten eigentlich nicht beeinflussen. Stimmte etwas nicht? Sie ergriff ihn am Hemd und versuchte ihn wachzurütteln, doch dabei protestierte ihr Magen.
    »Chane?«
    Sein Kopf rollte von einer Seite zur anderen, und diese schlaffe, haltlose Bewegung jagte ihr Angst ein. Er wirkte tot, wirklich tot.
    Plötzlich kamen Chanes Lider nach oben.
    Wynn zuckte zurück und war trotzdem nicht schnell genug. Chanes Hand schoss nach vorn und packte sie am Unterarm.
    »Au! Lass los!«
    Bevor sie noch versuchen konnte, sich loszureißen, drückte Chane sie auf den Boden und hielt sie dort fest.
    »Chane, hör auf!«
    Er war halb in die Höhe gekommen und starrte auf sie hinab. Dann erkannte er sie plötzlich, wandte sich beschämt ab, sank auf den Boden zurück und schloss wie erschöpft die Augen.
    Wynn setzte sich auf, rieb sich die schmerzende Stelle am Unterarm und beobachtete Chane wachsam.
    »Schlaf nicht wieder ein«, sagte sie. »Wir müssen die Tram nehmen und nach Buchtseite zurückkehren.«
    Chane öffnete die Augen und sah sie an. »Wynn?«
    »Natürlich«, antwortete sie. Dass er eine solche Frage an sie richtete, weckte Sorge in ihr. Ging es ihm nicht gut? »Du musst aufstehen. Wir haben schon genug Zeit verloren.«
    Sie hatte das Gefühl, mit ihrer Dummheit in der vergangenen Nacht ganze Tage vergeudet zu haben.
    »Heute Abend …«, krächzte Chane. »Wir können uns … heute Abend … auf den Weg machen.«
    Wenn sie bis zum Abend warteten, erreichten sie den Tempel mitten in der Nacht. Dann schlief Klöpfel, und Wynn wusste nicht, ob jemand anderes auf den Beinen wäre und sie hereinlassen würde. Sie musste so schnell wie möglich mit dem Shirvêsh reden.
    Wynn ergriff Chane am Arm. »Steh auf! Du kannst in der Tram schlafen.«
    »Ich … schlafe nicht«, knurrte er. »Nur Lebende schlafen.«
    Wynn erstarrte, nahm sich aber nicht die Zeit, über diese seltsame Bemerkung nachzudenken. Sie zerrte so lange an Chanes Arm, bis er schließlich aufstand, und dann packten sie ihre Sachen.
    Ohne Schatten wäre zweifellos alles sehr viel schwieriger gewesen. Die perfekte Erinnerung der Hündin führte sie zur Haltestation der Tram zurück, doch dort kostete es Wynn einige Mühe, den benommenen Chane und die widerspenstige Schatten an Bord zu bringen. Wenigstens lenkte sie das von ihrem eigenen Unbehagen vor der Fahrt ab.
    Chane sank auf eine Sitzbank, und Schatten knurrte, als Wynn sie in den Tramwagen schob und dann einen Platz am Mittelgang wählte.
    Die lange Fahrt begann, und schon bald kehrte die Übelkeit zurück. Sie wurde so stark, dass Wynn alles andere vergaß – ihre ganze Welt schien nur noch aus Elend

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