Dhana - Im Reich der Götter
woher er wissen solle, dass ich
überhaupt zu diesen teuren Lehrern gehe, wenn ich genauso rede wie immer.«
Dhana lachte. »Das hast du mir nie erzählt. Ich vermute, nachdem man sich erst
einmal daran gewöhnt hat, zu Hause so zu reden, macht man es auch in der
übrigen Zeit so.« Seine magische Gabe hatte ihm gesagt, was er wissen wollte.
»Diese Felsen scheinen in Ordnung zu sein.«
Impulsiv warf Dhana ihre Magie
über die Steine. Eine Kluft tat sich in ihrem magischen Empfinden auf, genau
wie damals bei den Abhäutern. An den Rändern ihres geistigen Wahrnehmungsvermögens
hob und überschlug sich die Welt. Sie ertrank in Gerüchen und Tönen, die nicht
in der natürlichen Welt existierten oder existieren sollten. Sie versuchte zu
schreien, aber nasse Hände verschlossen ihren Mund.
Ein scharfer Schmerz durchfuhr
ihr Ohr. Der magische Angriff endete. Es waren ihre eigenen Hände, die ihr den
Mund verschlossen hatten. Tränen liefen ihr über die Wangen und die Hände.
»Was ist passiert?« Numair
hatte einen Arm um sie gelegt und tastete nach einem Taschentuch. Sie nahm es
dankbar. »Du bist ganz weiß geworden, du bist...«
»Sie sind mit Chaos belegt,
diese Steine«, antwortete sie und wischte sich über die Augen. »Wenn ich
versuche meine wilde Magie anzuwenden, um etwas Derartiges anzusehen, zieht es
mich hinein.«
»Du solltest nach einer
einzigen Erfahrung nicht verallgemeinern ...«
»Aber es war nicht nur eine.
Ich muss an das letzte Mal denken!« Sie hörte auf in ihrem Gesicht
herumzuwischen - vor allem an ihrem Mund, an dem sie die nassen Finger gespürt
hatte - und erzählte ihm, was mit den Abhäutern vorgefallen war. »Wie hast du
dich denn diesmal befreien können?«, fragte Numair.
»Blättchen, du hast mich
gebissen, nicht wahr?«, fragte sie und griff mit einer Hand an ihr rechtes Ohr.
Winzige Blutspuren zeigten sich an ihren Fingern.
»Entschuldige«, antwortete der
huttragende Klecks und ließ den Kopf hängen.
»Entschuldige dich nicht«,
sagte Dhana zu ihm. »Mach das wieder, wann immer du es für notwendig hältst. Du
hast mich wahrscheinlich gerade davor bewahrt, über eine Klippe abzustürzen.«
Der Finsterling rieb seinen Kopf an ihrem Finger. »Wir sollten die Frage, woher
er plötzlich die Zähne hat, fürs Erste zurückstellen«, meinte Numair. »Machen
wir, dass wir hier wegkommen. Kannst du an diesem Felsen vorbeigehen, Dhana?«
»Chaos erwischt mich meistens
durch meine Magie. Ich werde sie einfach nicht anwenden. Und schließlich sind
sie ja nicht lebendig.« Sie betrachtete ihren Weg, der um die Chaos-Öffnung und
die Felsen herumführte, und schluckte. »Geh nur ... ich komme dir nach.«
Numair rückte seinen Packsack
zurecht und ging so zuversichtlich voraus, als hätte er zehn Meter zur
Verfügung und nicht nur einen. Nachdem er an der Öffnung vorbei war, aber noch
bevor er hinter den Felsen außer Sichtweite geriet, folgte ihm Dhana. Sie
achtete genau darauf, wohin sie ihre Füße setzte, wich rasch zurück, als die
wogenden Farben einen Fangarm in ihre Richtung schnellen ließen.
Numair schrie auf. Sie hob den
Blick. Ein grauer Steinarm hatte ihn umschlungen und hob ihn empor. Polternde,
knirschende Laute erfüllten die Luft, als sich die anderen Steine zu bewegen
begannen. An ihrem Bogen hantierend, trat Dhana einen Schritt zurück, um einen
sauberen Schuss abgeben zu können. Der Rand der Schlucht brach unter ihrem
Gewicht ab. Mit einem Aufschrei stürzte sie, der Bogen entfiel ihren Händen
Der
Absturz
Der erste Baum bremste ihren
Fall nicht im Mindesten ab. Zweige schnellten mühelos zurück, als Dhana sie
streifte. Sie zog Blättchen von ihrer Schulter, barg es in ihrer Mitte und
rollte sich um den Finsterling wie zu einem Ball. Panik schlug über ihr
zusammen, sie konnte an nichts anderes denken als an die vorbeisausende Luft
und den halsbrecherischen Sturz. Die beiden nächsten Bäume, auf die sie fiel,
hielten sie ein wenig länger, während sie Dhanas Rücken und Beine zerkratzten.
Der Köcher verfing sich an irgendetwas und hätte ihr beinahe die Schulter
ausgerenkt. Sie schrie und wand ihren Arm aus den Riemen. Der vierte Baum war
voller Dornen. Er hielt sie fast einen Atemzug lang und riss ihr die Haut auf.
Sie klammerte sich an die Zweige des fünften Baumes, Dornen hin oder her,
verlor den Halt und fiel in tiefes, eiskaltes Wasser. Sie und Blättchen sackten
hinunter, wurden von dem Packsack in die Tiefe gezerrt. Eine heftige Strömung
erfasste
Weitere Kostenlose Bücher