Dhana - Im Reich der Götter
Finsterling war von ihrem Hals heruntergeflossen
und auf den Gürteltaschenfinsterling geklettert, auf den er mit hammerförmigen
Fangarmen einschlug. Sie hörte kleine Plumpser bei jedem Treffer. »He, ihr
zwei, hört auf! Jetzt ist nicht die Zeit...« »Was ist los?« Die Brise war stark
genug, dass Numair gezwungen war zu schreien. Er war mindestens vierzig Meter
entfernt und hatte ein Drittel des Weges über die Brücke zurückgelegt. »Ich
weiß nicht!«, rief sie. »Es sind die Finsterlinge! Genug!«, befahl sie ihren
Mitreisenden. Noch immer umklammerte sie das linke Handseil mit den Fingern,
die auch den Bogen hielten. Jetzt ließ sie das rechte Handseil los und packte
den oberen Finsterling. Sie zog ihn weg von demjenigen an ihrem Gürtel und
stopfte ihn hinten in ihr Hemd. Dann schnappte sie sich den Gürtel-Finsterling
und hielt ihn so hoch, dass sie ihn anschauen konnte
Als sie ihn genauer betrachtete, schnappte sie nach
Luft und hätte ihn beinahe fallen lassen. Seine Mitte war ausgefüllt von
Ozornes Gesicht. Ozorne grinste, winkte und verschwand. Der Finsterling war
wieder ein undurchsichtiger Schatten. Dhana stopfte ihn in ihre Gürteltasche
und band den Beutel mit einer Hand zu. Als sie wieder nach dem rechten Handseil
griff, prickelten ihre magischen Sinne. Wind ließ die Brücke schwanken. An die
Seile geklammert, sah sich Dhana nach der Ursache für die Störung um. Weit über
ihr kräuselte sich der Himmel. »Oh ... nein«, flüsterte sie. Wie der Taurus
wechselte etwas oder jemand von einem Reich ins andere.
Geflügelte Gestalten wurden sichtbar, als flögen sie
durch einen Wasserfall oder einen Perlenvorhang. Bitte, lass sie freundlich
sein, dachte Dhana und verlieh ihren Augen die Schärfe von Adleraugen. Jetzt
konnte sie die Neuankömmlinge klar erkennen: Pferdegestalten mit mächtigen,
fledermausartigen Flügeln und den Krallen und Klauen von Raubvögeln. Sie waren
ganz und gar nicht freundlich.
»Alkerts!«, brüllte sie Numair zu und deutete nach
oben. »Bestimmt ein Dutzend!«
Die Unsterblichen legten ihre Flügel an und stürzten
auf die Brücke zu.
Numair stemmte seine Füße gegen die Brücke und erhob
seinen Stab, wobei er sich mit der rechten Hand am Seil fest hielt. Dhana
konnte sich jetzt an keinem der Seile mehr fest halten. Kniend, mit gespreizten
Beinen, um das Gleichgewicht zu halten, griff sie sich zwei Pfeile. Einen
legte sie an die Bogensehne. Den anderen hielt sie zwischen den Zähnen. Sie
weigerte sich über die schaukelnde Brücke oder die gähnenden Abgründe zu beiden
Seiten nachzudenken.
Fünf Alkerts bildeten die erste Angriffswelle.
Sorgfältig wählte Dhana ihr erstes Ziel aus. Schwarzes Feuer schoss in dem Augenblick
aus dem Kristall an Numairs Stab, als Dhana den ersten Pfeil losschickte. Der
von dem Magier getroffene Alkert flammte auf und stürzte ab. Ein anderer schrie
vor Zorn: Dhanas Pfeil schrammte seine Brust und blieb in einem Flügel stecken.
Dhana schoss ihren zweiten Pfeil auf den nächsten Alkert ab. Er kreischte und
fiel, der Pfeil steckte in einem Auge. Sie riss zwei weitere Pfeile aus dem
Köcher, nahm einen zwischen die Zähne, legte den anderen an die Sehne.
Stechender Schmerz durchfuhr ihren Hinterkopf. Ein Alkert hatte sie im
Vorbeiflug mit seinen Krallen gekratzt. Seine Geschwindigkeit war so groß, dass
er weit hinunter in die Schlucht flog und Dhana durch den Zusammenprall
umgestoßen wurde. Der bereits angelegte Pfeil fiel in die Schlucht, als etwas
Tintenfarbenes auf der Planke vor ihr aufschlug. Dhana zuckte zusammen. Es war
ein Finsterling. Jammernd klammerte er sich an das Brett, an dem er sich mit
einem halben Dutzend Fangarmen fest hielt. Sie konnte nicht glauben, dass er
sie angreifen würde. Etwas in seinen schrillen Schreien sagte ihr, dass er viel
zu sehr damit beschäftigt war, sich vor einem Sturz in die Schlucht zu bewahren,
als dass er sie verletzen könnte.
Sie rollte sich herum, wobei der Packsack sie
behinderte. Gleichzeitig versuchte sie ihren Köcher nicht zu beschädigen. Dann
spannte sie alle Kräfte an und legte ihren zweiten Pfeil an die Sehne.
Sorgfältig nahm sie den Alkert aufs Korn, der ihr Blut an seinen Krallen hatte.
Sie kalkulierte den Wind mit ein und entließ den Pfeil. Er durchschnitt die
Luft unter ihr und bohrte sich in den Alkert. Kreischend versuchte er während
des Sturzes mit den Krallen das Geschoss aus seinem Fleisch zu zerren. Zwei
weitere Angreifer fielen in die Schlucht, einer durch Numairs
Weitere Kostenlose Bücher