Dhana - Im Reich der Götter
Pupillen.
Die Rauchschlange wandte sich
gegen die Linien von Tortalls Verbündeten und dehnte sich in drei Richtungen,
jeder Kopf streckte seinen langen Hals nach Beute und zeigte überlange,
onyxfarbene Zähne. Als sich die Kreatur erneut aufrichtete, hielt ein Kopf
einen schreienden Soldaten zwischen seinen Kiefern, der zweite einen
grünäugigen Menschenfresser, der dritte einen weiblichen Zentauren, der
versuchte die Schlange mit einem Wurfspieß zu bekämpfen. Die Schlange
verschluckte sie alle und suchte nach neuen Opfern.
Die Zentauren und
Menschenfresser von Tortall flohen. Ein Ritter wendete sein Streitroß, um der
Schlange entgegenzutreten. Er war ein riesengroßer Mann in glänzend polierter
Rüstung. Sein Reitpferd war ebenfalls gepanzert, seine Größe genau dem
Gewicht seines Herrn angepasst. Dhanas Herz wurde wie von einem engen Band
zusammenge- presst. Raoul von Goldensee, der Oberste Kommandant des Königlichen
Heeres, war kein enger Freund, aber sie kannte ihn und mochte ihn. Sie war es
gewöhnt, an ihn als an einen Riesen zu denken, aber die Schlange überragte ihn
um mindestens drei Meter, noch bevor sich ihr Körper in drei Hälse spaltete.
Stählerne Flügel und Krallen
blitzten in der Sonne auf. Rikash - sein blondes Haar mit den
Knochenverzierungen flatterte hinter ihm her - stürzte herab wie eine
Bleikugel, Krallen zuerst, um gegen den mittleren Kopf des Monsters zu prallen.
Die Schlange brüllte auf, ihre Stimme war ohrenbetäubend. Silbernes Feuer
blühte am linken Kopf der Schlange auf: Der Dachs nahm Gestalt an und schlug
Klauen und Zähne in den Schädel des Untiers, als ein kleiner, beweglicher
Schatten in eines der Nasenlöcher der Kreatur eintauchte. Dhana sog die Luft
ein. Das war Goldstreifchen!
Eine bemerkenswert große Zahl
Stare brach höhnisch kreischend aus den Bäumen. Gleich einem Bienenschwarm
umschwirrten sie den rechten Kopf der Schlange, blendeten sie, gruben scharfe
Schnäbel in ihr Fleisch.
Sir Raoul galoppierte heran,
eine massive, doppelschneidige Axt in einer Hand, und hackte auf den Körper der
Schlange ein, als würde er einen Baum fällen. Blut unbestimmter Farbe ergoss
sich und bespritzte seine Rüstung, die an diesen Stellen zu rauchen begann.
Sein Pferd wieherte vor Schmerz, als Blutstropfen der
Schlange seinen Leib trafen.
Eilends lenkte der Ritter sein Pferd vom Blutstrom weg. Die Schlange zuckte.
Die Stare waren keine Dummköpfe. Sie bedurften nicht des Befehls von Dhana, um
sich zu entfernen. Als sie sich zurückzogen, hinterließen sie die Augenhöhlen
des Kopfes, den sie angegriffen hatten, voll gestopft mit toten Vögeln. Der
Kopf, den der Dachs auseinander gerissen hatte, baumelte nutzlos auf dem Hals.
Der Dachs hatte sich durch die Knochen durchgebissen, ohne durch das giftige
Blut der Schlange Schaden zu nehmen. Goldstreifchen wickelte sich um die
Vorderpfote des Dachses, als der Tier-Gott verschwand.
Der mittlere Kopf stieß
schrille Wut- und Schmerzensschreie aus. Er warf sich verzweifelt hin und her
und schleuderte Rikash in die Luft. Der blonde Sturmflügel prallte gegen einen
Felsblock und rutschte daran entlang zu Boden. Teller und Becher fielen aus
Dhanas tauben Händen und zerschellten am Deck. »Rikash . .. nein!«, schrie
jemand mit einer Stimme, die mittendrin abbrach. »Nein! Nein! Neiiiiin!« Es
war Dhanas Stimme. Es war ihr nicht bewusst gewesen, dass er ihr etwas
bedeutete. Sie hatte nicht gewusst, dass er ihr Freund war. Es war des
dreiköpfigen Ungeheuers letzte Tat. Es sank in sich zusammen und löste sich in
eine brodelnde Suppe auf, deren Farben über die Oberfläche waberten, ehe sie im
Boden versickerten.
Königin Barzha ließ sich auf
dem Felsbrocken nieder, der Rikash zerschmettert hatte, und schrie ihren Kummer
hinaus. Hebakh landete jammernd neben ihr. Sie hatten den Gefolgsmann verloren,
der ihnen Hoffnung gebracht hatte, als Ozorne sie gefangen hielt. Sie hatten
den einzigen Sturmflügel verloren, der versucht hatte sie zu befreien.
Die Schlacht ging weiter, aber
das Blatt hatte sich gewendet. Wohin Dhana auch blickte, sah sie den Feind
kämpfen, um sich zu verteidigen, nicht um anzugreifen. Manche Menschen legten
die Waffen nieder. Im Norden flackerten noch immer schwarzes und rotes Feuer,
aber die unbedeutenderen Magier-Feuer erstarben.
Im Nordosten, so weit weg,
dass nur ein Adler - oder ein Mädchen, das seine eigenen Augen in die eines
Raubvogels verwandelt hatte - es sehen konnte, schwang sich ein
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