Dhana - Im Reich der Götter
der
Himmel um den Wachturm herum leer. Dhana pflückte im Vorbeifliegen die beiden
tintigen Wesen vorsichtig mit ihren Krallen von der Mauer und trug sie zurück
zum König.
»Gute Arbeit«, sagte Blättchen
von seinem Platz auf Tkaas Schulter aus. Zitterbart ging zu Kätzchen,
Tintenklecks floss aus Dha- nas Fängen und ergoss sich wieder in Jonathans
Gürteltasche. Der König lächelte und tätschelte die Tasche. Dhana schaute nach
den Alkerts und ihren Reitern, die mit Jonathan zu tun gehabt hatten, und sah
nur einen Haufen weißer Gebeine unten auf dem Zwischenwall. Sie schauderte.
Ein Dröhnen von Norden
erschütterte die Steine des Turms. Plötzlich aufblühende Wogen geheimnisvollen
Lichts stiegen hinter den feindlichen Linien auf. Eine Wolke bestand aus funkelndem
Schwarz, die andere aus einem tiefen Rubinrot. Numair hatte Inar Hadensra
gefunden. Dhana trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, plusterte ihre
Federn auf und betete, während sie beobachtete, wie Strähnen schwarzen und
roten Feuers sich vermischten. Numair hatte den Magier aus Scanran durch eine
List dazu gebracht, ihren Wettstreit von der übrigen Schlacht abzusondern.
Sollte Inar Hadensra nur glauben, es geschehe, damit ihnen niemand von hinten
einen Speer in den Rücken stoßen könne. Dhana wusste, es geschah, um zu verhindern,
dass durch den Kampf der Magier jemand anderer verletzt wurde.
Jonathan fuhr fort mit seiner
Königin und den Generälen zu reden, informierte sie über die Anzahl der Feinde
und die Richtung der Truppenbewegungen. Seine Begleiter verteidigten ihn gegen
jeden Angriff, ob real oder magisch. Letzteres bereitete Kätzchen und Tkaa
keine Probleme. Jetzt, da Numair den besten der feindlichen Magier beschäftigte
und Thayets Zauberer die übrigen Magier bekämpften, gab es nur noch wenige
menschliche Magier, welche die Fähigkeit oder die Kraft hatten, um zu ihnen
vorzudringen.
Neue Unsterbliche rannten auf
das kampfzerwühlte Schlachtfeld zwischen ihrem Lager im Nordosten und
Legannhafen. Viele schleiften abgerissene Schlingen von Weinreben und
Brombeerranken hinter sich her. Sie waren gezwungen gewesen sich von
Kletterpflanzen loszureißen, die durch die Kraft des Reichs-Juwels gewachsen
waren. Ihnen dicht auf den Fersen waren Zentauren, Menschenfresser und Ritter,
alle in den Farben von Tortall. Als sich die feindlichen Unsterblichen nach
Süden in die vermeintliche Freiheit wandten, liefen jene, die den Wurzeln
entkommen konnten, die aus dem Boden emporschnellten, geradewegs in Kompanien
von Soldaten - zwei Gruppen der Reiterei und ein kleines Aufgebot von Zentauren
-, die östlich von Legannhafen stationiert gewesen waren. Hinter den Kriegern
Tortalls stieg eine dreißig Meter hohe Mauer aus Brombeergebüsch empor. Jeder,
der versuchte den Schlachtfeldern und Lagern rund um die Stadt zu entfliehen,
musste in sie hineinrennen. Das Reichs-Juwel hielt anscheinend, was König
Jonathan versprochen hatte.
Metallische Schreie zogen
Dhanas Aufmerksamkeit auf sich. Hoch über Sturmflügeln, Alkerts und geflügelten
Affen war Barzha in einen tödlichen Kampf mit einem anderen Sturmflügel
verwickelt - einer Königin. »Jachull«, bemerkte Tkaa, die Augen starr auf die
gekrönten Unsterblichen gerichtet. »Königin der Todesangst-Nation.« Dhana
nickte. Das war also der weibliche Sturmflügel mit der tonlosen Stimme, die sie
in ihrem Traum gehört hatte, diejenige, die gesagt hatte, es sei unwichtig,
wenn einige ihresgleichen stürben.
Goldumrahmte, karmesinrote
Feuer umschlossen das Paar wie ein schlecht geknüpfter Knoten. In der
Hauptsache gingen die beiden mit den Krallen aufeinander los. Die fremde
Königin war geschickt im Austeilen rascher, kräftiger Schläge mit ihren Flügelfedern.
Bald war Barzha übersät mit flachen Schnittwunden und blutüberströmt. Aber auch
ihre Feindin trug heftig blutende Wunden am Bauch davon.
Im Himmelsstück unterhalb der
Königinnen wehrten Hebakh und Rikash inzwischen jeden Sturmflügel ab, der in
den Kampf eingreifen wollte.
Jetzt legte sich ein Netz aus
scharlachrotem Feuer um Jachull und schnürte sie ein. Jeder einzelne
Feuerstrang war unter Barzhas Haut befestigt. Knurrend drehte sich Jachull um
und schoss mit nach vorn gestreckten Fängen auf Barzha los, bereit sie aufzuspießen.
In letzter Sekunde ließ Barzha das Netz ihrer Magie los und drehte nach oben
ab. Nur wenige Zentimeter unterhalb ihres Körpers schoss Jachull vorbei.
Barzha ließ sich fallen, als
Jachull sich
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