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Diabolus

Diabolus

Titel: Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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abwesendem Blick hinterher. Der Schockzustand, in dem sie diesen Mann noch vor zehn Minuten erlebt hatte, war wie weggeblasen. Commander Trevor Strathmore war wieder der Alte - rational, Herr seiner Gefühle und fähig, situationsgerecht zu handeln. Die letzten Worte von Hales Abschiedsbrief brausten durch Susans Hirn wie ein außer Kontrolle geratener D-Zug. Ganz besonders bedauere ich die Sache mit David Becker. Susan, bitte vergib mir. Der Ehrgeiz hat mich blind gemacht. Susans schlimmste Befürchtungen hatten sich bestätigt. David drohte Gefahr . . . oder Schlimmeres. Vielleicht war es schon zu spät. Sie betrachtete den Abschiedsbrief. Hale hatte ihn noch nicht einmal unterschrieben. Er hatte lediglich seinen Namen darunter getippt: Greg Hale. Nachdem er sich schriftlich ausgekotzt hatte, hatte er den Druckbefehl gegeben und sich erschossen - einfach so. Hale hatte seinen Schwur gehalten, nie wieder ins Gefängnis zu gehen, und lieber den Tod gewählt. 

    »David . . .«, schluchzte Susan. David! Zur gleichen Zeit trat Commander Strathmore von der Einstiegsleiter auf die drei Meter unter dem Kuppelboden aufgehängte oberste Arbeitsplattform. Der heutige Tag hatte ihm ein Fiasko nach dem anderen beschert. Was als patriotischer Feldzug begonnen hatte, war mittlerweile zu einer wilden Schleuderpartie ausgeartet. Der Commander hatte sich zu unmöglichen Entscheidungen und scheußlichen Taten gezwungen gesehen - zu Taten, die er sich selbst nicht zugetraut hätte. Aber es war eine Lösung! Sogar die einzig gangbare Lösung, verdammt nochmal! Schließlich hatte er Pflichten, denen er genügen musste: Ehre und Vaterland! Strathmore wusste, es war noch nicht zu spät. Noch konnte er den TRANSLTR abschalten. Noch konnte er mit Hilfe des Rings die wertvollste Datenbank des Landes retten. Ja, dachte Strathmore, es ist noch nicht zu spät. Er blickte in das Chaos um ihn herum. Die Sprinkleranlage war angesprungen. Der TRANSLTR stöhnte, die Alarmhörner blökten. Die rotierenden Warnlichter sahen aus wie im dichten Nebel anfliegende Helikopter. Bei seinem Gang nach unten verfolgte Strathmore der flehende Blick des jungen Kryptographen, der ihn vom Boden angestarrt hatte - und dann der Schuss. Aber Greg Hale war für Ehre und Vaterland gestorben . . . Die NSA konnte sich einfach keinen weiteren Skandal mehr leisten. Strathmore hatte sich einen Sündenbock suchen müssen - und war Greg Hale nicht ohnehin eine wandelnde Katastrophe auf Abruf gewesen? Strathmores Gedanken wurden jäh vom Piepsen seines Handys unterbrochen. Vor lauter Lärm hatte er es kaum gehört. Ohne innezuhalten, riss er es aus der Gürteltasche. 

    »Sprechen Sie!«

    »Wo bleibt mein Key?«, erkundigte sich scharf eine Stimme. 

    »Wer spricht?«, schrie Strathmore in den Lärm. 

    »Numataka«, bellte es wütend zurück. 

    »Sie haben mir den Schlüssel versprochen! Ich will Diabolus!«

    »Es gibt kein Diabolus!«, sagte Strathmore brüsk. 

    »Was?«

    »Es gibt keinen unentschlüsselbaren Algorithmus.«

    »Aber natürlich gibt es den! Ich habe ihn doch im Internet gesehen. Meine Leute bemühen sich seit Tagen, ihn zu öffnen!«

    »Das ist ein verschlüsselter Virus, Sie Idiot! Sie können von Glück sagen, dass Sie ihn nicht aufbekommen haben!«

    »Aber. . .«

    »Der Deal ist geplatzt!«, schrie Strathmore. 

    »Ich bin nicht North Dakota. Es gibt überhaupt keinen North Dakota! Vergessen Sie, dass Sie den Namen je gehört haben!« Er stellte den Rufton ab und stopfte das Handy in die Gürteltasche zurück. Schluss mit den ewigen Störungen! Knapp zwanzigtausend Kilometer entfernt stand Tokugen Numataka wie betäubt an seinem Panoramafenster. Die Zigarre hing schlaff in seinem Mundwinkel. Das Geschäft seines Lebens hatte sich soeben in Luft aufgelöst. Strathmore stieg weiter nach unten. Der Deal ist geplatzt. Die Numatech Corporation bekam keinen unknackbaren Algorithmus . . . und die NSA kein Hintertürchen. Strathmore hatte seinen Traum von langer Hand geplant. Seine Wahl war mit Bedacht auf Numatech gefallen. Die finanzstarke Numatech hätte einen sehr glaubwürdigen Sieger einer weltweiten Auktion abgegeben. Kein Mensch hätte sich etwas dabei gedacht, wenn sie am Ende den Schlüssel bekam. Außerdem war kaum eine Gesellschaft denkbar, die weniger der Kumpanei mit der US-Regierung verdächtig gewesen wäre. Tokugen Numataka war ein Japaner von altem Schrot und Korn - er würde lieber den Tod als den Verlust der Ehre wählen. Die

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