Diabolus
taumelte zurück. Nicht der Commander hatte sich erschossen, sondern Hale! Wie in Trance trat Susan neben die Leiche. Hale hatte sich offenbar befreien können. Die Druckerkabel lagen neben ihm auf dem Boden. Du musst die Pistole auf der Couch liegen gelassen haben, dachte Susan. Im bläulichen Licht wirkte das aus dem Loch in Hales Schädel sickernde Blut wie Ruß. Neben Hale lag ein Blatt Papier auf dem Boden. Susan hob es auf. Es war ein Brief. Meine lieben Freunde, ich nehme mir heute das Leben. Es ist die Buße für meine Verfehlungen . . . Susan starrte auf den Abschiedsbrief in ihrer Hand. Langsam las sie ihn durch. Er war surreal. Diese Liste von Untaten passte überhaupt nicht zu Hale. Er gab alles zu - das Täuschungsmanöver mit NDAKOTA, den Auftragsmord an Ensei Tankado zur Beschaffung des Rings, den Mord an Phil Charturkian, den er in den Abgrund gestoßen hatte, und die Planungen für den Verkauf von Diabolus. Susan kam zur letzten Zeile. Auf das, was sie da zu lesen bekam, war sie nicht gefasst. Die letzten Worte des Briefs trafen sie wie ein Keulenschlag.
Ganz besonders bedauere ich die Sache mit David Becker. Susan, bitte vergib mir. Der Ehrgeiz hat mich blind gemacht.
Während Susan noch zitternd an Hales Leiche stand, näherten sich von hinten eilige Schritte. Wie in Zeitlupe wandte sie sich um. Ein bleicher Strathmore erschien atemlos in der zackigen Öffnung. Mit unverkennbarem Entsetzen starrte er auf Haies Leiche hinab.
»Oh mein Gott!«, murmelte er.
»Was ist passiert?«
KAPITEL 93
Die heilige Kommunion. Hulohot bemerkte Becker sofort. Das Khakijackett war unverkennbar. In einem Meer von Schwarz bewegte es sich langsam den Mittelgang hinauf. Er hat nicht bemerkt, dass du hier bist. Hulohot lächelte. Er ist ein toter Mann. Die kleinen Kontakte an seinen Fingerspitzen wirbelten. Er wollte seinem amerikanischen Kontaktmann die gute Nachricht nicht länger vorenthalten. Bald, dachte er, sehr bald. Wie ein Jäger, wenn ihm der Wind im Rücken steht, zog sich Hulohot in den Eingangsbereich der Kathedrale zurück, um von dort sein Wild erneut zu beschleichen — schnurstracks den Mittelgang empor. Er hatte keine Lust, Becker in der Masse der Kirchgänger aus der Kathedrale entkommen zu lassen und ihn womöglich erneut aufspüren zu müssen. Durch eine glückliche Wendung saß sein Opfer in der Falle. Hulohot musste sich nur noch eine geeignete Methode überlegen, um Becker geräuschlos zu eliminieren, aber sein Schalldämpfer, das Beste, was es auf dem Waffenmarkt zu kaufen gab, würde das Schussgeräusch auf die Lautstärke eines trockenen Hustens reduzieren. Hulohot verringerte die Distanz zum Khakijackett. Er beachtete nicht den leise gemurmelten Protest gegen seine Drängelei. Man hatte zwar Verständnis dafür, dass dieser Mann so eifrig darauf versessen war, den Leib des Herrn zu empfangen, aber es galt auch, das Protokoll zu wahren - zwei Schlangen, eine rechts für die Männer, eine links für die Frauen, und immer schön der Reihe nach! Die Hand um den Griff seiner Waffe in der Jackentasche gespannt, arbeitete Hulohot sich leise näher heran. Endlich war es so weit. Bislang hatte David Becker unverschämt viel Glück gehabt. Hulohot hatte nicht vor, ihm noch einmal eine Chance zu geben. Das Khakijackett war jetzt nur noch zehn Leute vor ihm. Sein Träger stand mit gesenktem Kopf nach vorne gewandt. Hulohot spielte den Anschlag noch einmal durch - eine klare Sache: Von hinten dicht an Becker herantreten, ihn aus verborgen gehaltener Waffe zweimal von tief unten nach oben in den Rücken schießen, den Arm um den Zusammensinkenden schlingen und ihn in gespielter Hilfsbereitschaft wie einen guten Freund auf der nächsten Bank absetzen. Dann schnell den Ring abziehen und, als gälte es eilends Hilfe zu holen, nach hinten zum Ausgang laufen. In dem zu erwartenden Durcheinander war Hulohot auf und davon, bevor jemand begriffen hatte, was geschehen war. Noch fünf Leute . . . vier . . . drei. Hulohot betastete die Waffe in seiner Tasche. Er würde Becker in Hüfthöhe von unten nach oben in den Rücken schießen. Auf diese Weise würde die Kugel das Rückgrat zerschmettern und auf dem Weg nach oben entweder Herz oder Lunge treffen. Selbst, wenn sie das Herz verfehlte, war Becker ein todgeweihter Mann. Auch ein Lungenschuss war tödlich. Noch zwei . . . einer.
Dann war Hulohot am Ziel. Wie ein Tänzer, der eine tausendmal geprobte Bewegung ausführt, glitt er nach rechts.
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